Verspannungen und Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Volksleiden. Dafür sind oftmals verklebte und verdrehte Faszien verantwortlich. Das Gewebe wurde bisher wenig beachtet, erst jetzt ist klar, dass seine Struktur für Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit sorgt. Normales muskuläres Dehnen reicht nicht immer aus, um manche Beschwerden in der Tiefe zu bekämpfen. Dreidimensionales Training ist das Zaubermittel, um wieder elastisch zu werden. Gwyneth Paltrow, Miroslav Klose und auch Dirk Nowitzki haben das Faszientraining bereits für sich entdeckt und rollen sich ihren Wohlfühlkörper einfach herbei …

 

Mit dem Begriff Faszien wird Gewebe bezeichnet, das besser als Bindegewebe bekannt ist und sich nahezu im ganzen Körper, von den Zehen bis hin zum Kopf, befindet. Häufig wird das Gewebe erst in Verbindung mit Cellulite näher betrachtet, dabei hat es einen viel größeren Einfluss auf unseren Körper als die unschöne Orangenhaut: Faszien ziehen sich in Bahnen durch den Körper und hüllen Knochen, Muskeln sowie das Gehirn in eine Art Netz. Sie kümmern sich darum, dass die inneren Organe zusammengehalten werden, und ermöglichen so einen funktionierenden Organismus. Entgegen früheren Vermutungen sind viele Schmerzen und Verspannungen nicht der Muskulatur zuzuschreiben, sondern den Faszien. Das liegt daran, dass das Gewebe mit vielen Nervenfasern, Schmerz- und Bewegungssensoren versehen ist. Die Struktur der Faszien kann durch zu wenig Bewegung und einseitige Belastungen jedoch schnell verkleben und verhärten. Daraus entstehen dann die unangenehmen Schmerzen und Verspannungen, vor allem im Rücken- und Nackenbereich, und auch die Beweglichkeit wird zunehmend eingeschränkt. Marc Onkelbach, Leiter der Physiotherapie im Sportpark Ennert, weiß, dass insbesondere Rückenschmerzen oftmals falsch gedeutet werden und ihren Ursprung ganz woanders haben, als vermutet: „Sehr viele Schmerzen hängen mit der Verklebung und der Versteifung von Faszien zusammen. Das kann man auf keinem Röntgenbild sehen. Wir machen die Erfahrung, dass die Schmerzen verschwinden, wenn sich die Leute gezielt bewegen. Das heißt, dass der Ursprung nicht immer das ist, was man vielleicht aufgrund des Röntgenbildes vermutet. Viel liegt in der Elastizität der Faszien!“

Neben falscher Bewegung ist häufig Stress ein Grund für verklebte Faszien. Die Stresshormone setzen das Gewebe unter Höchstspannung, ohne dass die Muskeln überhaupt belastet werden. Wenn sich solche Stresssituationen dann anhäufen, beispielsweise durch hohe Arbeitsbelastung, kann die Daueranspannung die Elastizität des Gewebes negativ beeinträchtigen.

Um unangenehmen Verklebungen vorzubeugen und eine Versteifung des Körpers zu verhindern, kann jeder von uns etwas tun. Die Faszien lassen sich mit dreidimensionalen Bewegungen und Übungen trainieren und kräftigen. Diese Bewegungen werden nicht wie gewohnt gerade durchgeführt, sondern rotierend, das heißt, man arbeitet hier in bestimmten Bereichen mit Verdrehungen und Schwingungen. Das Faszientraining kann sich dabei ganz unterschiedlich zusammensetzen und verschiedene Schwerpunkte haben. Idealerweise sollte sich das Training jedoch aus Ganzkörper-Dehnungen, federnden und schwingenden Bewegungen und der Selbstmassage mit einer sogenannten Faszienrolle zusammensetzen. Gemeinsam mit Marc Onkelbach haben wir drei effektive Übungen getestet, die Ihre Faszien geschmeidig halten:

 

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ÜBUNG 1: Mit der Faszienrolle lassen sich Verspannungen (hier im oberen Rücken) wegrollen. Durch den Druck wird der Flüssigkeitsaustausch angeregt und das Gewebe regeneriert.

ÜBUNG 2: Den Körper in verschiedene Richtungen strecken und dehnen verbessert die mechanischen Eigenschaften der Faszien. Die Bewegungen sollten weich und dynamisch sein.

ÜBUNG 3: Mithilfe schwingender dreidimensionaler Bewegungen (hier des Oberkörpers) werden die Faszien über den gesamten Körper diagonal mobilisiert. Das erhöht die Elastizität des Gewebes.

Für Berufssportler wie Dirk Nowitzki ist das Faszientraining für die Regeneration des stark beanspruchten Gewebes sehr wichtig. Der normale Mensch kann mit den richtigen Übungen unangenehme Verklebungen lösen, die sich negativ auf die Haltung und Beweglichkeit auswirken – der Nutzwert ist vielfältig. Wichtig ist die Erkenntnis: Je besser die Faszien intakt sind, umso besser fühlt man sich – und das in jedem Lebensbereich.

Faszien-Netzwerk: Das globale Netzwerk „Fascial Fitness“ setzt sich aus Faszienforschern, Sportwissenschaftlern und Bewegungstherapeuten zusammen. Auf der Internetseite des Netzwerkes kann man sich laufend über Neuigkeiten aus dem Bereich Faszien informieren. www.fascial-fitness.de.

 

Fotos: P. M. J. Rothe
Titelbild: Marc Onkelbach über Faszien und neueste Erkenntnisse