Florian Wester steht kurz vor seiner Masterarbeit in Geographie. Mögliches Thema: die Renaturierung von Flüssen. In seiner Freizeit beschäftigt er sich mit etwas ganz anderem – mit Wildbienen. Anders als Honigbienen produzieren diese Einzelgänger keinen Honig, der von uns verwertet werden kann, sondern sammeln nahezu ausschließlich Pollen für ihren Nachwuchs. Mittlerweile sind viele Wildbienenarten gefährdet. Ohne Bienen gäbe es jedoch kein Obst, kein Gemüse und keine Blumen. Florian Wester setzt sich für das Überleben der Wildbienen ein und baut für sie sogenannte Nisthilfen. Wir haben Florian, der gerade ein Auslandssemester in Bergen in Norwegen absolviert, online getroffen und mit ihm darüber gesprochen, wie wichtig Wildbienen sind und was man tun kann, um ihren Fortbestand zu sichern.

Was sind Wildbienen?
Als Wildbienen bezeichnet man in Deutschland etwa 560 Bienenarten, die es neben der Honigbiene gibt. Dazu zählen zum Beispiel auch die Hummeln. Wildbienen kümmern sich anders als Honigbienen, die sich die Arbeit teilen, ganz alleine um ihre Ernährung und die Versorgung der Brut.

Wie sehen Wildbienen aus?
Jede Wildbienenart hat ein eigenes Erscheinungsbild. Um sie sicher unterscheiden zu können, benötigt man Fachkenntnis und Erfahrung. Es gibt nur wenige Millimeter kleine, aber auch ganz große, pelzige Exemplare. Die größte Wildbiene ist die bis zu 30 mm große Blauschwarze Holzbiene. Einige Bienen sind leicht von anderen zu unterscheiden, viele sind sich aber auch sehr ähnlich. Die Honigbiene kann man wegen ein paar besonderer Merkmale sehr gut erkennen. So ist sie beispielsweise die einzige Biene, die deutlich behaarte
Augen hat.

Nisthilfen für die Rostrote Mauerbiene Foto: © Dominic Reiterer
Rostrote Mauerbiene, Foto: © Dominic Reiterer

Die Wildbienenweibchen sammeln Pollen, und was tun die Männchen?
Männchen sind in der Hauptsache damit beschäftigt, eine Partnerin für die Verpaarung zu finden. An Nestbau und Verproviantierung der Brut beteiligen sie sich nicht.

Sind Wildbienen gefährlich?
Nein! Wildbienen sind sehr friedfertig. Sie haben zwar einen Stachel, der aber in den meisten Fällen nicht kräftig genug ist, um durch die Haut zu dringen. Wildbienen sind völlig harmlos, was auch ganz einfach zu erklären ist. Bei den Honigbienen muss der Honigvorrat beschützt werden. Wenn eine Honigbiene sticht, opfert sie sich für ihr Volk und versucht damit, den Feind abzuwehren. Wenn eine Wildbiene zusticht und stirbt, kann sie sich nicht mehr fortpflanzen und gefährdet damit ihre Art.

Warum sind Wildbienen so nützlich?
Wildbienen sind sehr nützlich, da sie essenziell wichtig für die nachhaltige Bestäubung der Pflanzen sind. Das liegt daran, dass jede Wildbiene spezifische Ansprüche an ihre Umwelt hat. Es gibt Wildbienen, die nur eine einzige Pflanzenart bestäuben. Die Honigbiene fliegt ab zwölf Grad raus, die Hummel beginnt schon ab drei Grad mit der Bestäubung. Wildbienen sind daher gerade für frühblühende Pflanzen sehr wichtig.

Nisthilfen, Florian Wester Foto: © Julius Seher
Florian Wester, Foto: © Julius Seher
Nisthilfen von Flowbee, WiBiNi Insektenhotel, Foto: © Julius Seher
Foto: © Julius Seher

Viele Wildbienenarten gelten als gefährdet. Du baust zu ihrem Schutz Nisthilfen …
Genau. Über die Hälfte der Wildbienenarten steht auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Das ist mit unserem menschlichen Wirken zu begründen. Der Einsatz von Pestiziden sowie die Vernichtung von Brutplätzen und Nahrungspflanzen nehmen den Bienen ihren Lebensraum. Grundsätzlich sind drei Dinge für den Fortbestand von Wildbienen essenziell wichtig. Die richtige Nahrung, der passende Nistplatz wie zum Beispiel eine offene Sandfläche, eine Lehmwand oder eben eine Nisthilfe sowie ausreichend Baumaterial für die Brutkammern. Es gibt Wildbienen wie die Blattschneiderbiene, die schneiden Blattstücke aus den Pflanzen und benutzen diese dann, um die Kammern voneinander abzutrennen. Die Mohn-Mauerbiene, die akut vom Aussterben bedroht ist, nehmen die Blütenblätter vom Mohn, wieder andere benut-zen Lehm oder Harz. Jede Biene baut einen anderen Nestverschluss. Das ist wirklich faszinierend.

Du bietest den Wildbienen also quasi einen Rohbau an, den jede auf ihre Art ausbaut …
Das kann man so sagen.

Was muss man bei einer Nisthilfe beachten?
Bei den Nisthilfen gibt es viele Dinge zu beachten. So ist die Wahl des Holzes wichtig. Man darf kein Nadelholz nehmen, sondern heimisches Holz von Laubbäumen wie Eiche und Esche oder Buche. Es ist ganz wichtig, sich an der Natur zu orientieren. Die Wildbienen, die in unsere Nisthilfen einziehen, nutzen normalerweise alte Fraßgänge, die Käferlarven in tote Bäume gebohrt haben. Diese Fraßgänge sind ganz glatt, deshalb müssen in unseren Nisthilfen die Gänge auch sehr glatt sein, damit sich die Bienen nicht verletzten. Die Löcher müssen zudem ausreichend tief sein. Die Faustregel hierbei lautet: mindestens die zehnfache Tiefe des Durchmessers. Häufig wird in das Kopfholz gebohrt, aber das ist falsch. Dort bilden sich dann Risse und Feuchtigkeit kann in die Brutkammern einziehen. Zu beachten ist auch, dass die Nisthilfen an einer sonnigen Stelle aufgestellt werden. Man sollte sie in Richtung Südwesten bis Südosten ausrichten, sodass die Hilfen schon frühmorgens Sonne abbekommen. Außerdem müssen sie mindestens 50 Zentimeter über dem Boden angebracht werden, damit sie sicher vor Spritzwasser sind. Im Umkreis von wenigen hundert Metern muss ein passendes Nahrungsangebot vorhanden sein.

Eignen sich die Nisthilfen für jede Wildbienenart?
Nein. Rund 40 Wildbienenarten kann man mit den Nisthilfen, wie wir sie anbieten, einen geeigneten Nistplatz zur Verfügung stellen. Allerdings gehören die Wildbienen, die in Nisthilfen einziehen, zu den weniger gefährdeten Arten. Die meisten Wildbienen, die gefährdet sind, nisten im Boden. Ich sehe die Nisthilfen im Sinne des Naturschutzes als erste Stufe einer Interessensentwicklung, die das Bewusstsein dafür schärft, wie vielfältig die Natur ist.
(Susanne Rothe)

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