Netzhautzellen sterben ab, das Sehvermögen schwindet – die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine chronische Erkrankung, die noch nicht heilbar ist. Betroffen sind Menschen ab 55 Jahren. Die rechtzeitige Diagnose ermöglicht eine effektive Behandlung, durch die sich der Krankheitsverlauf verlangsamen lässt. Bereits eingetretene Schäden können jedoch nicht rückgängig gemacht werden – umso wichtiger sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Die altersbedingte Makuladegeneration wird intensiv erforscht, aber bis sich die Ergebnisse im Praxisalltag wiederfinden, dauert es noch. Teresa Mäueler und Shangou Huangfu sind Fachärztinnen für Augenheilkunde in der Augenklinik Roth und sehen jeden Tag Patienten mit AMD. Sie haben große Erfahrung mit den aktuellen Therapiemöglichkeiten und erklären, worauf es bei AMD ankommt und wie wichtig das Arzt-Patienten-Verhältnis bei der Behandlung ist.
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Was bedeutet altersbedingte Makuladegeneration?
Huangfu: Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst wissen, was die Makula ist. Die Makula – auch „gelber Fleck“ genannt – ist der Punkt des schärfsten Sehens. Sie befindet sich in der Mitte des Augenhintergrundes und ist für wesentliche Sehleistungen verantwortlich: Lesen, Erkennen von Gesichtern und feinen Einzelheiten sowie für das Unterscheiden von Farben. Die übrige Netzhaut nimmt hauptsächlich nur Umrisse und Hell-Dunkel-Kontraste wahr. Mit zunehmendem Alter – so ab 55 aufwärts – kann es zu Störungen im Zellstoffwechsel und dann zu Funktionseinbußen kommen. Dies bezeichnet man als altersbedingte Makuladegeneration (AMD).
Mäueler: Je nach Ausprägung sieht man in der Mitte des Gesichtsfeldes verschwommen, verzerrt oder einen dunklen Fleck. Da nur die Netzhautmitte betroffen ist, bleibt das äußere Gesichtsfeld erhalten. Das bedeutet, dass Sie z. B. eine Uhr sehen, die Uhrzeit jedoch möglicherweise nicht erkennen können.

Ist AMD gleich AMD?
Mäueler: Nein, die AMD gibt es in verschiedene Formen und Stadien. Ganz grob differenziert man zwischen feuchter und trockener Makuladegeneration. Die trockene Form schreitet langsam voran. Bei der feuchten Form kommt es zu einer raschen Verschlechterung des Sehvermögens. Bei ihr wachsen Blutgefäße unter der Netzhaut ein. Diese können undicht sein, zu Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen (Ödemen) sowie zur Anhebung der Netzhaut führen. Zellen werden geschädigt und sterben ab.

Wie wird AMD diagnostiziert?
Mäueler: Die Diagnose kann man sehr gut durch eine klinische Untersuchung stellen, zudem verfügen wir über hochentwickelte apparative Diagnosemöglichkeiten wie z. B. die optische Kohärenztomografie (OCT). Mit ihr kann man die Makula in höchster Auflösung und in verschiedenen Schichten darstellen. So sieht man sie sehr detailreich. Zusätzlich gibt es weiterhin die bewährte Fluoreszenzangiografie für die Diagnosestellung und Verlaufskontrolle der feuchten AMD.
Huangfu: Eine ganz einfache Methode, die man auch selbst einsetzen kann, ist der Amsler-Gitter-Test. Er besteht aus einem quadratischen Rastergitter mit geraden Linien. In der Mitte des Gitternetzes befindet sich ein schwarzer Punkt, den man mit einem Auge fixieren muss. Das andere Auge hält man sich zu. Und dann wechselt man. Bei einem gesunden Auge erscheinen die Gitternetzlinien gerade und durchgehend, die Quadrate sind alle gleich groß und die Ecken deutlich sichtbar. Bei einer Netzhauterkrankung kann es zu einer verzerrten Wahrnehmung des Amsler-Gitters kommen.

Wie wichtig ist die Früherkennung der AMD?
Huangfu: Da die AMD die häufigste Erblindungsursache in den Industrieländern darstellt, ist eine Früherkennung enorm wichtig und sinnvoll! Durch die Früherkennung kann man eine behandlungsbedürftige AMD rechtzeitig erkennen und somit die Patienten vor weiteren Sehverlusten schützen.

Kann man einer AMD vorbeugen?
Mäueler: Jein. Man kann das Voranschreiten der Erkrankung durch bestimmte Maßnahmen verlangsamen. Dazu gehören z. B. ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung (bevorzugt mediterrane Kost), kein Nikotinkonsum, außerdem UV-Schutz sowie regelmäßige augenärztliche Vorsorge.

Gibt es neben dem Alter noch andere Faktoren, die bei der Entwicklung der AMD eine Rolle spielen?
Mäueler: Es spielen genetische Faktoren eine Rolle. Das Risiko, im Laufe des Lebens an einer AMD zu erkranken, ist bei Patienten, bei denen es AMD in der Familie bereits gibt, höher als bei jemandem ohne familiäre Vorbelastung. Rauchen ist schädlich. Bluthochdruck und eine ungesunde Ernährung sind Risikofaktoren. Es wird vermutet, dass ultraviolette Strahlung einen negativen Einfluss auf die AMD ausübt. Diabetes mellitus ist ebenfalls ein Risikofaktor.

Dr. Teresa Mäueler und Dr. Shangou Huangfu, Augenklinik Roth

Dr. Teresa Mäueler und Dr. Shangou Huangfu

Foto © P. M. J. Rothe

Ist automatisch auch das zweite Auge betroffen?
Mäueler: Nein, nicht unbedingt. Aber Studien haben gezeigt, dass für das zweite Auge ein erhöhtes Risiko besteht.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei der AMD?
Huangfu: Die feuchte AMD wird heute weltweit fast ausschließlich mittels intravitrealer Anti-VEGF-Therapie behandelt; diese hat die früheren Therapiemethoden wie Laser- und photodynamische Therapie abgelöst. Bei der intravitrealen Anti-VEGF-Therapie wird ein Medikament in den Glaskörper des Auges gespritzt, um das Einwachsen der Gefäße zu verhindern. Dies ist in der Regel eine Langzeitbehandlung, da die AMD eine chronische Erkrankung ist. Bei der trockenen AMD gibt es derzeit keine wirksame und zugelassene Therapie.

Welche Rolle spielen Nahrungsergänzungsmittel bei der Behandlung?
Huangfu: In den AREDS-Studien 1 und 2 wurde der Einfluss von Nahrungsergänzungsmitteln erforscht und es wurden Placebogruppen mit Nicht-Placebogruppen verglichen. Als Resümee kann man vor allem bei trockener AMD die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln empfehlen, allerdings sind generell eine ausgewogene gesunde Ernährung und der Verzicht auf Nikotin maßgeblich.

Wie sieht die Therapie aus, wenn die Injektionen nicht die gewünschte Reaktion hervorrufen?
Mäueler: Zunächst ist zu sagen, dass nach unseren klinischen Erfahrungen in über 90 % der Fälle die Behandlungen mit VEGF-Hemmern einen sehr zufriedenstellenden Erkrankungsverlauf erzielen. Erfreulicherweise gibt es bei der AMD-Behandlung verschiedene vergleichbare Präparate, die sich zwar in ihrem molekularen Aufbau unterscheiden, aber allesamt auf VEGF-A hemmend wirken.
Huangfu: Das heißt, sollte jemand nicht reagieren, kann man mit gutem Wissen und Gewissen einen Präparatwechsel erwägen. In der Regel spricht der Patient auf ein bestimmtes Präparat an, sodass wir einen Therapieerfolg bzw. eine Befundstabilisierung erreichen.

Es ist keine schöne Vorstellung eine Spritze ins Auge zu bekommen.
Mäueler: Ja! Das stimmt! Die Vorstellung ist höchst unangenehm. Viele Patienten haben vor ihrer ersten geplanten Injektion Angst und sind nervös. Da ist unserer Erfahrung nach eine enge Arzt-Patienten-Bindung wichtig. Wir klären die Patienten ausführlich über den Eingriff auf und sagen auch während des Eingriffs, was wir tun und wie es sich anfühlt. Die Behandlung wird in lokaler Tropfen-Betäubung unter sterilen Bedingungen sorgfältig durchgeführt. Die Injektion an sich wird innerhalb einer Sekunde appliziert, sodass die Spritze an sich gar nicht schlimm ist.
Huangfu: Viele Patienten lachen über sich selbst, nachdem sie die erste Behandlung hinter sich haben, dass sie sich vorher so viel Angst gemacht haben! Dennoch muss man betonen, dass die Behandlung minimalinvasiv ist und somit auch Risiken für mögliche Infektionen bestehen. Statistisch gesehen ist dies zum Glück extrem selten.

An welchen neuen Behandlungsmöglichkeiten wird gerade geforscht und wie sieht es mit der Gentherapie aus?
Mäueler: Sie spielt noch eine untergeordnete Rolle, aber das immer bessere Verständnis für die AMD ermöglicht uns neue Therapieansätze. Aktuell wird bei der Entwicklung der AMD die Rolle der Komplementfaktoren bei der Immunabwehr erforscht. In der hoffentlich nahen Zukunft erwarten wir, dass eine Gentherapie zur Behandlung von trockener AMD zugelassen wird.
Huangfu: Auch die Stammzelltherapie gibt Hoffnung. Schwedische Forscher haben entdeckt, dass es möglich ist, gezielt Sehzellen aus embryonalen Stammzellen zu züchten. In das Auge eingepflanzt könnten sie die abgestorbenen Zellen ersetzen und Patienten die Möglichkeit geben, wieder zu sehen.
(Susanne Rothe)

Die Augenklinik Roth bietet alle Möglichkeiten der modernen Augenheilkunde. Neben der konventionellen Diagnostik gehört zur anspruchsvollen Ausrüstung auch das ganze Spektrum der computergestützten bildgebenden diagnostischen Verfahren. Alle in der Augenheilkunde bewährten Laser werden vorgehalten. Eine funktionell optimale, hygienezertifizierte Operationsabteilung mit mehreren mikrochirurgischen Arbeitsplätzen ermöglicht alle Eingriffe der modernen Augenheilkunde.

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