Während sich viele Menschen schon seit Wochen mit Weihnachten beschäftigen und Pläne fürs Fest machen, ist Heike Stockhausen nicht nur gedanklich ganz woanders: Sie entwirft und schneidert Karnevalskostüme – eins nach dem anderen. Weihnachten liegt mitten in der Session und da setzt sie andere Prioritäten. Heike Stockhausen und ihrem Partner Lutz Persch gehört in Duisdorf die Kostümschneiderei „LuPe Kunterbunt“ – ein Geheimtipp für jeden, der nichts von der Stange möchte. Jedes Kostüm von Heike Stockhausen ist maßgeschneidert, ein Unikat, das mit viel Liebe und Leidenschaft entstanden ist. Ein Besuch im kunterbunten Showroom …
Ein großes Schild hängt an dem grauen Tor in Alt-Duisdorf: „LuPe Kunterbunt“ – Termine nur nach Vereinbarung“. Große Oliven, Palmen und Feigen mit blauen Früchten säumen den Innenhof. Ein mediterranes Paradies, das gleichzeitig das Tor zum Karnevalshimmel ist. Wir betreten eine bunte Welt mit Unmengen von Stoffballen, glitzernden Narrenmützen, Karnevalsjacken, bunten Röcken und Hosen. In diesem Eldorado für jecke Frohnaturen empfängt Heike Stockhausen ihre Kunden, berät sie, zeigt Modelle und nimmt Maß. Im Showroom findet auch der Tollitätenempfang statt, den die Maßschneiderin mit Eventmanager Lutz Persch veranstaltet. Er ist immer mit einer Spendenaktion für kranke Kinder verbunden. Der Weihnachtsgedanke lässt sich im Karneval doch nicht ganz ausblenden.
„LuPe Kunterbunt“ klingt wie bunt zusammengesetzt …
Stockhausen: Der Name ist auch zusammengesetzt. Die erste Hälfte des Firmennamens geht auf Lutz zurück. LuPe ist die Abkürzung für Lutz Persch.
Persch: Heike steht für den zweiten Teil des Namens. Sie ist einfach kunterbunt. Sie lebt das, was sie hier macht.
Wie sieht Ihre Aufgabenverteilung aus?
Stockhausen: Ich bin die Schneiderin. Ich habe im Modehaus Waltzinger Maßschneiderei gelernt. Danach war ich bei einer Modedesignerin, die Braut- und Eventmode entworfen hat. Lutz ist der Kopf hinter „LuPe Kunterbunt“. Er hat im Karneval sehr viele Kontakte und kümmert sich um die Hintergrundarbeit.
Persch: Eine kurze Erklärung, wie wir zusammengekommen sind: Ich habe vor neun Jahren die Eventagentur „LuPe Events“ gegründet. Wir vermitteln Künstler und organisieren Veranstaltungen. Heike näht seit mehr als 20 Jahren meine Kostüme. Irgendwann habe ich ihr vorgeschlagen, uns zusammenzutun. Sie mit ihren großartigen Nähkünsten, ihrer Kreativität und ich mit meinen Kontakten. Am 1. Juni 2018 haben wir „LuPe Kunterbunt“ gegründet.
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Auftrag?
Stockhausen: Natürlich, das waren die Duisdorfer Funken. Sie hatten sich entschlossen, statt klassischer Uniform Clownskostüme zu tragen. Aber die mussten die traditionellen Vereinsfarben Blau/Weiß haben. Ich habe sie geschneidert.
Haben Sie noch Lust, selbst Karneval zu feiern?
Stockhausen: Unbedingt. Außerdem ist es für mich das Schönste zu sehen, wie meine Kostüme getragen werden.
Karneval ist nur eine begrenzte Zeit im Jahr, wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?
Stockhausen: Ich nähe mittlerweile das ganze Jahr über Karnevalskostüme. Das sind alles Auftragsarbeiten, mit denen ich bis März 24 ausgelastet bin. Ich nehme für die Session 2023/24 keine neuen Arbeiten mehr an, wohl aber jetzt schon für die Session 2024/25. Vier Wochen vor dem 11.11. beginnt für mich die superheiße Zeit. Da verbringe ich viele, viele Stunden an der Nähmaschine. Danach kann ich ein bisschen durchpusten, bevor es dann wieder losgeht. Weiberfastnacht ist der Tag, an dem alles fertig sein muss.
„Ich habe Brautmode genäht und Haute Couture, doch die Kostümwelt ist einfach mein Kosmos.“
Das ganze Jahr Karneval vor Augen zu haben, wird das nicht irgendwann zu viel?
Stockhausen: Überhaupt nicht. Ich habe Brautmode und Haute Couture genäht, doch die Kostümwelt ist einfach mein Kosmos. Im Karneval fühle ich mich wohl. Ich verkleide mich selbst gerne und habe unendlich viele Kostüme. Und zudem: Die Menschen, die zu mir kommen, sind gut drauf und freuen sich, weil sie hier etwas Positives erleben.
Was werden Sie in dieser Session anziehen?
Stockhausen: Das weiß ich noch nicht. Mein eigenes Kostüm entsteht zwei Tage vorher.
Woran, glauben Sie, liegt es, dass immer mehr Menschen sich ihr Kostüm schneidern lassen?
Stockhausen: Es geht darum, etwas Individuelles zu haben. Es gibt doch nichts Schlimmeres, als wenn mir jemand im gleichen Kostüm begegnet. Das passiert Ihnen nicht, wenn Sie zu mir kommen. Ich erinnere mich an jedes Kostüm, das ich gemacht habe, und nähe keins zweimal. Es sei denn, es ist gewünscht.
Persch: Es liegt aber auch daran, dass Kostüme von der Stange nicht unbedingt gut passen. Ein Kostüm muss sitzen, sonst fühlt man sich nicht wohl.
Wie wichtig ist Beratung?
Stockhausen: Sehr. Viele kommen zu mir und haben überhaupt keine Vorstellung. Wir unterhalten uns dann, ich lerne den Kunden kennen, wir schauen uns die Stoffe an und so entwickelt sich eine Idee für ein Kostüm.
„Ein Kostüm muss sitzen, sonst fühlt man sich nicht wohl.“
Sie haben mehr als 250 verschiedene Stoffe. Woher bekommen Sie sie?
Stockhausen: Ich beziehe meine Stoffe aus Holland. Ich lege Wert auf eine gute Qualität. Gerade ein Kostüm muss man waschen können, ohne dass es die Form verliert.
Wie verrückt darf für Sie ein Kostüm sein?
Stockhausen: Da gibt es keine Grenze. Für verrückte Sachen bin ich immer zu haben. So habe ich für eine Kundin, die auf dem Markt arbeitet, ein Kopfsalatkostüm genäht. Die Grenze ist die Zeit, denn irgendwann muss ich mal schlafen.
Herr Persch, steht Ihr Kostüm schon fest?
Persch: Nein, aber es wird auf jeden Fall etwas Besonderes. Das letzte war ein Anzug aus einem Stoff, auf dem verschiedene Nudelsorten abgebildet waren. Als Epauletten hatte Heike echte Nudeln angebracht. Natürlich keine frischen, sondern getrocknete Pasta.
Ist man als Nudel mutig oder bissfest?
Persch: Ich habe den Mut für ausgefallene Kostüme und Heike die Kreativität.
An was arbeiten Sie aktuell?
Stockhausen: Ich nähe gerade das Ornat für die Liküra. Das ist sehr, sehr schön. Jede Liküra darf ihr Kleid bis auf ein paar Vorgaben individuell gestalten. Wenn sie zur Anprobe kommen, sind sie immer sehr aufgeregt, wie es aussehen mag.
Gibt es Trends im Karneval?
Stockhausen: Das ist schwer zu sagen. Was immer geht, ist Rot/Weiß, weil das eine Farbkombi ist, die zu allem gut aussieht. Das ist ein bleibender Trend.
Was steckt hinter der Lust, sich zu verkleiden?
Stockhausen: Die Menschen wollen ihren Alltag vergessen. Das kann man super, wenn man sich verkleidet und in eine andere Rolle schlüpft. Man fühlt sich frei und genießt den Moment.
(Susanne Rothe)