Matthias Nolden

Demokratische Republik Kongo, Dschungel im Kongobecken, Matthias Nolden

Demokratische Republik Kongo, Dschungel im Kongobecken, Foto: @ Matthias Nolden

Von Ürümqi in China mit dem Fahrrad über Oman Richtung Türkei nach Bonn – check. Pause. Von Bonn zum Nordkap und zurück. Check. Weiter nach Marokko, quer durch West- und Zentralafrika zum Kap Agulhas. Check. Matthias Nolden hat es geschafft. Nach seiner „Einsteigerfahrradtour“ von China nach Bonn fuhr er vom Nordkap zum südlichsten Punkt Afrikas. 22 Monate war der Architekt unterwegs. Drei Shirts, eine kurze und eine lange Fahrradhose im Gepäck. Ein Zelt als Schlafplatz. Transportmittel: ein Reiserad mit Stahlrahmen. Jetzt ist er zurück und spricht mit uns über seine Tour, die Faszination Kongo und wie wichtig gutes Essen ist.

Du bist seit wenigen Wochen von deiner Tour durch Afrika zurück, wie fühlt sich das an?
Eigentlich ganz gut. Ich habe mich darauf gefreut, wieder hier zu sein. Ich war anderthalb Jahre komplett weg von Europa, und Afrika ist sehr anstrengend – von daher passt das. Es ist schön, wieder normal einkaufen zu können. Das hat mir wirklich sehr gefehlt. Es war oftmals schwierig, gutes Essen zu bekommen. Gut heißt: nährstoffreiches Essen. Das braucht der Körper, wenn man so viele Kilometer mit dem Fahrrad unterwegs ist. Außerdem drückt es irgendwann auf die Stimmung.

Wie hast du dich motiviert, immer weiterzufahren?
Mein großes Ziel war, in Südafrika anzukommen. Das war für mich genug Motivation. In den meisten großen Städten sind abwechslungsreiche Lebensmittel kein Problem, aber außerhalb ist es teilweise problematisch. Und die Zeit, bis ich auf meiner Tour wieder in einer großen Stadt war, war einfach sehr lang. Ich wollte auf jeden Fall durchs Landesinnere fahren und dort haben die meisten Menschen selbst nichts. Über die Hauptstraßen zu fahren, wäre einfacher gewesen, denn hohe Luftfeuchtigkeit, weniges Essen und Wassermangel machen echt zu schaffen. Es wäre aber auch langweiliger gewesen.

Elfenbeinküste, Moschee

Elfenbeinküste, Moschee, Matthias Nolden

Elfenbeinküste, Moschee, Foto: © Matthias Nolden

Matthias Nolden Reiseroute

Reiseroute, Matthias Nolden

Foto: © freepik/freepik.com

Liberia

Liberia, Matthias Nolden

Liberia, Foto: © Matthias Nolden

Welche Route bist du gefahren?
Der Plan war, vom Nordkap bis zum südlichsten Punkt Afrikas zu fahren. Daher bin ich zunächst von Bonn zum Nordkap gefahren und von dort aus quer durch Europa bis Tarifa. Dort ging es weiter mit der Fähre nach Marokko, meist entlang der Küstenländer bis ans Kap Agulhas in Südafrika.

Konntest du so einfach von einem Land ins nächste fahren?
Nein, ich brauchte meistens ein Visum. Das musste ich planen, um nicht plötzlich überrascht zu werden. Letztendlich hatte ich mir die Grenzübergänge schlimmer vorgestellt, als sie es waren. In den Ländern Afrikas gibt es unheimlich viele Checkpoints und wenn es nur ein Seil ist, das über der Straße liegt und an dem man halten muss. In den meisten Ländern war Polizei- oder Militärpräsenz nicht offensichtlich. Auch an den Checkpoints sah man in der Regel keine Waffen. Was nicht heißt, dass es keine gab. Die meisten Kontrolleure waren sehr freundlich, manche fragten nach Geld, aber das konnte ich gut aussitzen. Es ist nie etwas passiert.

Wie bist du von den Menschen aufgenommen worden?
Immer gut. Viele waren natürlich erstaunt, dass ich mit dem Fahrrad unterwegs war. In etwas touristischeren Ländern wie Ghana oder im Senegal war es nicht so Thema. In anderen Ländern wie dem Kongo war das ganze Dorf in hellem Aufruhr.

Wie hast du deinen Weg gefunden?
Ich hatte von allen Ländern Papierkarten dabei. Aber darauf sind nicht die kleinen Pfade eingetragen, über die ich zum Teil gefahren bin. Dafür habe ich mir Satellitenbilder angeschaut, um zu sehen, wie sie aussehen und wo sie herlaufen. Im Zweifel habe ich gefragt.

Matthias Nolden

Senegal, Matthias Nolden

Senegal, Foto: © Matthias Nolden

Kamerun

Kamerun, Matthias Nolden

Kamerun, Foto: © Matthias Nolden

Guinea, Grenzfluss

Nigeria, Matthias Nolden

Nigeria, Foto: © Matthias Nolden

Guinea, Grenzfluss

Guinea, Grenzfluss, Matthias Nolden

Guinea, Grenzfluss, Foto: © Matthias Nolden

Wie viele Kilometer bist du pro Tag gefahren?
Ganz unterschiedlich. Es gab Tage, da war ich den ganzen Tag unterwegs und bin doch nicht weit gekommen. An anderen habe ich eine große Strecke zurückgelegt. In Mauretanien waren es 280 Kilometer. Die kürzeste Strecke hatte 25 Kilometer, doch man glaubt gar nicht, wie lang in Afrika 25 Kilometer sein können. Manchmal konnte ich gar nicht fahren, weil ich beispielsweise auf Ersatzteile für mein Fahrrad warten musste, krank oder körperlich bzw. auch mental fertig vom Fahren war.

Was hat dich mental am meisten gestresst?
In Zentralafrika war das die langanhaltende schlechte Essenssituation. Da war ich sehr lange Zeit unterwegs, in der ich wenig Essen gefunden hatte. In vielen westafrikanischen Ländern bekommt man an der Straße alles: Hühnchen, Fleisch, Fisch und auch Maniok gibt es viel. Wenn man zu tief im Dschungel ist, gibt es das nicht mehr. Die Menschen haben für sich selbst kaum genug. Es ist erschreckend, wie Menschen im Jahr 2024 noch leben müssen. Man sieht Bilder im Fernsehen, aber es ist völlig anders, wenn man es live erlebt. Erschreckend!

Warst du ständig alleine unterwegs?
Nein, in Liberia bin ich etwa zehn Tage zusammen mit einem Spanier gefahren. Im Kongo war ich für fünf Wochen mit einem Australier unterwegs. Die beiden habe ich in speziellen WhatsApp-Gruppen kennengelernt. Wir haben uns dann unterwegs gezielt verabredet.

Südafrika, Salzpfanne Kalahari

Südafrika, Salzpfanne Kalahari, Matthias Nolden

Südafrika, Salzpfanne Kalahari, Foto: © Matthias Nolden

Hast du dich jemals einsam gefühlt?
Einsam geht in Afrika nicht – besonders in Westafrika. Dort gibt es so viele Menschen. Ich habe mich teils sogar danach gesehnt, nicht von so vielen Menschen umgeben zu sein.

Hat man dich gefragt, warum du mit dem Fahrrad durch Afrika fährst?
Viele, aber die meisten verstehen es nicht. Wie auch. Viele haben nichts zu essen und ich kann es mir zwei Jahre erlauben, nicht zu arbeiten, sondern fahre mit dem Rad durch ihr Land. Das ist schräg, aber ich ändere nichts an der Situation der Afrikaner.

Du hast im Zelt übernachtet. Wo hast du dein Zelt aufgeschlagen?
Entweder schlägt man das Zelt dort auf, wo einen niemand sieht, oder da, wo man von allen gesehen wird. In Westafrika ist es schwierig, sich zu verstecken, da dort so viele Menschen leben. In den Dörfern habe ich gefragt, ob ich dort übernachten darf. Das war nie ein Problem. Ab Liberia war ich in der Regenzeit unterwegs und dann war es sowieso angenehmer, das Zelt unter einem Dach zu haben.

Welches Land hat dich am meisten fasziniert?
Die fünf Wochen in der Demokratischen Republik Kongo waren unglaublich intensiv. In der Zeit war ich mit dem Australier unterwegs. Wir sind durch Gegenden gefahren, in die man mit dem Auto nicht hinkommt. Wir sind lange auf Schiffen gefahren, um tiefer in das Kongobecken hineinzukommen. Das war extrem anstrengend und fordernd. Es gibt nur wenige Informationen aus dem Kongo. Das Land hat kaum Struktur. Eigentlich sind die Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Ich war in einem größeren Ort, dort landet einmal im Monat auf einer Buschpiste ein kleines Flugzeug, das Medikamente und Geld für die Lehrer bringt. Was Sicherheit angeht, war es auf meiner Reise das kritischste Land. Ich war erleichtert, als ich die Grenze nach Angola erreicht hatte. Der Kongo war die letzte große Herausforderung meiner Radtour. Ich werde auf jeden Fall noch einmal dorthin fahren.

In Namibia hast du deine Mutter und deine Schwester getroffen …
Genau. Wir haben dort zusammen Urlaub gemacht und sind für zwei Wochen mit dem Auto durch das Land gefahren. Nachdem die beiden wieder weg waren, kam aus Deutschland mein Cousin und wir haben Namibia und Südafrika gemeinsam noch einmal mit dem Fahrrad durchquert.

Matthias Nolden

Mauretanien, Oase Terjit, Matthias Nolden

Mauretanien, Oase Terjit, Foto: © Matthias Nolden

Zentralafrikanische Republik, Dzanga Sangha NP, Waldelefanten

Zentralafrikanische Republik, Dzanga Sangha NP, Waldelefanten, Matthias Nolden

Zentralafrikanische Republik, Dzanga Sangha NP, Waldelefanten, Foto: © Matthias Nolden

Südafrika, Ziel: Kap Agulhas

Südafrika, Ziel: Kap Agulhas, Matthias Nolden

Südafrika, Ziel: Kap Agulhas, Foto: © Matthias Nolden

In Kapstadt war dann Schluss …
Jein. Eigentlicher Endpunkt der Tour war Kap Agulhas. Der südlichste Punkt Afrikas. Von dort sind wir mit dem Fahrrad nach Kapstadt gefahren.

Als du ankamst, warst du erleichtert oder traurig?
Als ich in Angola angekommen bin, war ich erleichtert, weil nicht mehr viel passieren konnte. In Kapstadt war es okay für mich, dass die Reise zu Ende war. Die letzten Wochen waren nicht mehr sehr spannend gewesen. Ich habe mir sofort zwei neue T-Shirts gekauft, um mal wieder normal auszusehen.

Was nimmst du als Erkenntnis mit?
Nachdem was ich dort gesehen habe, sollten sich die Ausländer aus dem Kontinent zurückziehen. Die Menschen dort sollten meiner Meinung nach ihr Ding machen.

Was sind deine aktuellen Pläne?
Ich freue mich jetzt aufs Arbeiten.

(Susanne Rothe)