Ein Sieger, eine Legende und der „Fluch“ der Sterne

Jaspar Wcislo ist „Koch des Jahres“. Der Souschef des Restaurants Agata’s* in Düsseldorf sicherte sich den Sieg zusammen mit seinem Assistenten Marcel Förster, Küchenchef im Agata’s*. Das Menü: eine Hommage an die 76-jährige Kochlegende Dieter Müller.

Gewinner Jaspar Wcislo (rechts), Souschef, Restaurant Agata’s, Düsseldorf, mit Assistent Marcel Förster (links), Küchenchef

Das Konzept „Koch des Jahres“ kommt ursprünglich aus Spanien und wurde von den Geschäftsführern der ROIKA Solutions GmbH 2010 nach Deutschland gebracht. Der Wettbewerb richtet sich an Profiköche und -köchinnen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol. Im Vorfinale des diesjährigen Wettbewerbs hatte eine Jury internationaler Spitzengastronomen vier Finalisten gekürt, die zum Abschluss im Kameha Grand Hotel Bonn gegeneinander antraten. Ihre Aufgabe: innerhalb von fünf Stunden ein Drei-Gänge-Menü in sechsfacher Ausführung zuzubereiten. Zum Anrichten und Servieren des gesamten Menüs gab es 20 Minuten Servicezeit. Dabei stand das Finale ganz im Zeichen von Jurypräsident Dieter Müller. Die Drei-Gänge-Menüs mussten als Hommage an die Drei-Sterne-Legende kreiert werden.

Die besondere Herausforderung in diesem Jahr: Die Kandidaten hatten den Warenkorb für den Hauptgang erst am Vorabend des Wettkampfes erhalten. Der Inhalt war von Dieter Müller ausgesucht und den Finalisten präsentiert worden. Zu den Pflichtzutaten gehörten unter anderem Bäckchen und Filet vom Kalb, Vanille, wilder Brokkoli, Sellerie, Balsamico.

Im Interview spricht Dieter Müller über die Bedeutung des großen Events, seine eigene Leidenschaft zu kochen, über Teamgeist und die Zukunft der Spitzengastronomie.

Was schätzen Sie am Wettbewerb „Koch des Jahres“ besonders?
Der „Koch des Jahres“ ist ein großartiger Wettbewerb, weil er eine Bühne für den Nachwuchs bietet und Teamgeist fördert. Es ist eine hervorragende Werbung für die Gastronomie und für junge Talente. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Chefs diesen Wettbewerb aktiv unterstützen und ihre Mitarbeiter motivieren, daran teilzunehmen. Der Wettbewerb ist wie ein Lautsprecher für die gesamte Branche und gibt den jungen Köchen die Möglichkeit, sich zu präsentieren und von erfahrenen Profis zu lernen. Es ist so wichtig, den Nachwuchs zu fördern und ihm die Chance zu geben, in die Öffentlichkeit zu treten.

Sie haben eine beeindruckende Karriere hinter sich und sind auch heute noch mit großer Leidenschaft dabei. Was hat Sie über all die Jahre hinweg angetrieben?
Der größte Antrieb für mich waren an erster Stelle stets glückliche und zufriedene Gäste. Die Begeisterung der Gäste ist für mich der wahre Lohn dieses Berufes. Das gibt mir die Motivation, weiterzumachen. Solange ich das noch so gut kann, möchte ich weiter als Vorbild für den Nachwuchs dienen und ihm mit meiner Erfahrung und meinem Wissen zur Seite stehen.

Dieter Müller

Dieter Müller ist Jurypräsident des Wettbewerbs „Koch des Jahres“. Sein Gourmet-Restaurant „Dieter Müller“ im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach hatte drei Michelin-Sterne.

„(…) ich bin nach wie vor der Meinung, der Gast ist König und sollte als solcher behandelt werden.“

Welche Philosophie haben Sie in Ihrer Küche gelebt? Was war Ihnen als Küchenchef besonders wichtig?
Disziplin ist die Grundlage für Erfolg, aber ich habe immer darauf geachtet, dass in meiner Küche auch gelacht werden durfte. Wir haben eine gute Balance zwischen hoher Professionalität und einem positiven Arbeitsklima geschaffen. Meine Frau hat zum Beispiel oft samstags Kuchen für das Team gebacken, und es war immer ein schöner Moment, bevor wir in den Service gestartet sind. Außerdem war es immer mein Ziel, ein Vorbild zu sein, aber auch Raum für die Kreativität anderer zu lassen.

JURY_Koch-des-Jahres

Foto: © Petra Schmidt

Wie sehen Sie die Entwicklung der Spitzengastronomie heute? Gibt es Unterschiede zu früher?
Die Küche hat sich stark entwickelt und ist internationaler geworden. Früher war die deutsche Küche eher bodenständig, aber inzwischen haben viele Einflüsse aus der französischen, mediterranen und asiatischen Küche Einzug gehalten. Was mir heute ein wenig fehlt, ist die Vielfalt in den Menüs. Viele Restaurants bieten nur noch ein festes Menü ohne À-la-carte-Optionen an und lassen wenig Raum für individuelle Wünsche der Gäste. Die Flexibilität fehlt manchmal, und das finde ich schade, denn ich bin nach wie vor der Meinung, der Gast ist König und sollte als solcher behandelt werden.

Foto: © Petra Schmidt

Koch-des-Jahres_JasparWcislo_Siegermenue

Foto: © Melanie Bauer Photodesign

DAS SIEGERMENÜ

Vorspeise: Saibling à la „Amuse Bouche“

Hauptspeise: Kalbsfilet // Kalbsbacke // Möhre // Tatar „Agata’s“

Dessert: Mettmanner Ziegenkäse mit Kürbis // Zitronengras und Curry

Ist der Druck, Sterne zu erreichen, für Köche eher Fluch oder Segen?
Drei Sterne sind natürlich ein Traumziel für viele, aber sie bedeuten auch enormen Aufwand. Der Druck, diese Auszeichnung zu erlangen und zu halten, kann zu mehr Stress und weniger finanzieller Rentabilität führen. Ein gut gehendes Ein- oder Zwei-Sterne-Restaurant kann oft erfolgreicher sein und dem Küchenchef mehr Zufriedenheit und Lebensqualität bieten. Es ist wichtig, den Fokus auf eine hohe Qualität zu legen, ohne sich von dem Druck der Sternebewertungen erdrücken zu lassen.

Alexander-Hoegner_2-Platz

Foto: © Petra Schmidt

2. PLATZIERUNG

Alexander Högner, Küchenchef, mit Assistentin
Sonja Denninger, Souschefin
Herzog, München

Simon-Scheuerlein_3-Platz

Foto: © Petra Schmidt

3. PLATZIERUNG

Simon Scheuerlein, Küchenchef, mit Assistentin
Lucia Ronellenfitsch, Chef de Partie
Bayerischer Hof, Spalt (Bayern)

Was sehen Sie als größte Herausforderung für die nächste Generation von Köchen?
Die größten Herausforderungen sind heute sicherlich die Arbeitsbedingungen und das Halten von gutem Personal. Viele junge Köche haben Familie und möchten geregelte Arbeitszeiten, was in der Spitzengastronomie nicht immer einfach ist. Es ist daher wichtig, dass der Beruf mit Leidenschaft gelebt wird. Es geht nicht nur um die kulinarische Leistung, sondern auch um die Bereitschaft, sich immer wieder neu zu erfinden und sich den Veränderungen der Branche anzupassen.

Gibt es Vorurteile gegenüber der Sterneküche, die Sie gerne ausräumen würden?
Ja, das klassische Vorurteil ist: kleine Portionen und teuer. Das ist typisch deutsch. In einem guten Sternerestaurant bekommt man hohe Qualität und kreative Küche, die sich an den Wünschen der Gäste orientiert. Ich finde es schade, dass manche Menschen denken, Sterneküche sei unnahbar und elitär. Es geht darum, besondere Erlebnisse zu schaffen, an die man sich lange erinnert. 

kochdesjahres.de

Außerdem als Finalisten angetreten sind:

Team_Christopher-Ehler_Entihal-Khatib

Foto: © Petra Schmidt

Christoph Ehler, Souschef, mit Assistentin
Entihal Khatib, Chef de Partie
Leonardo Royal Hotel, Nürnberg

Team-Ivan-Lazarenko_Patrick-Koedelg

Foto: © Petra Schmidt

Ivan Lazarenko, Küchenchef, mit Assistent
Patrick Ködel, stellvertretender Küchenchef
Hallo Emil, Stuttgart

Team_FlorianKornexl_marcel-von-Winckelmann_Copyright-Melanie-Bauer-Photodesignjpg

Foto: © Petra Schmidt

Florian Kornexl, Küchenchef, mit Assistent
Marcel von Winckelmann, Küchenchef
Gasthaus Kornexl, Untergriesbach (Bayern)
Restaurant Marcel von Winckelmann, Passau