Hannah Essing ist neu in der Krimiszene. „Die Tote von Nikosia“ ist ihr erstes Buch und wurde direkt eine Punktlandung. „Absolute Leseempfehlung!“, „überzeugend“, „mitreißend“ – so einige der Lesermeinungen. Hannah Essing hat European Studies mit dem Abschluss Master studiert und arbeitet hauptberuflich in der Kommunikationsbranche. Ihr Debütroman ist im renommierten Ullstein Verlag erschienen. Im Gespräch mit RHEINexklusiv erzählt die Wahlbonnerin, warum der Krimi auf Zypern spielt und was „Hanni und Nanni“ mit ihrer Entwicklung zur Autorin zu tun haben.
Ich habe über Sie im Internet recherchiert und Fotos von einer blonden und einer brünetten Hannah Essing gefunden. Außerdem gab es noch eine mit kurzen und eine mit langen Haaren. Das hat mich etwas verunsichert.
(lacht) Das bin alles ich. Ganz verschiedene Versionen von mir.
Sie sind hauptberuflich in der Kommunikationsbranche. Eigentlich könnten Sie dieses Interview direkt selbst schreiben.
(schmunzelt) Ich glaube, das ist eine völlig andere Art des Schreibens.
Wie sind Sie zum Buchschreiben gekommen?
Ich hatte das Glück, dass es meiner Mutter sehr wichtig war, dass ich lese. Ich habe das mal mehr und mal weniger gerne gemacht – bis es plötzlich Klick gemacht hat und ich gar nicht mehr aufgehört habe. Während meines Studiums und im Anschluss im Ausland hatte ich nicht mehr so viel Zeit zu lesen und zu schreiben. Als ich nach Bonn gekommen bin, habe ich mir vorgenommen, das Schreiben noch einmal ernsthaft anzugehen. Zunächst habe ich mehrere Kurzgeschichten geschrieben und bin dann an meinen Buchvertrag gekommen.
Wie kamen Sie an den Vertrag und warum ist das erste Buch ein Krimi?
Ich lese sehr gerne Krimis und der Ullstein Verlag suchte Autoren, die Urlaubskrimis schreiben konnten. Interessenten konnten beim Verlag eine kurze Arbeitsprobe abgeben. Das habe ich getan. Aus diesen Einsendungen wurden die Favoriten herausgesucht, die dann an einem Workshop mit einem der Ullstein-Autoren teilnahmen. Aus den Teilnehmern wurden wieder diejenigen mit dem meisten Potenzial ausgewählt. Diese erhielten einen Vertrag für ein E-Book. Da war ich dabei, worüber ich mich natürlich total gefreut hatte. Dann habe ich das Buch geschrieben, abgegeben – und dann kam keine Rückmeldung. Ich habe zunächst gedacht, das Buch sei ein Reinfall. Doch dann meldete sich die Lektorin und sagte, der Krimi gefalle ihnen so gut, dass sie ihn im Hauptprogramm als Printbuch rausgeben wollten. Damit hat Ullstein sehr großes Vertrauen in mich gesteckt und ist auch ein gewisses Risiko eingegangen.
Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet? Das klingt, als wäre es ratzfatz gegangen.
Ja, es ging erstaunlich schnell. Ich habe im Februar begonnen und war im Mai fertig. Ich habe vor und nach meinem Hauptjob geschrieben. Aber das Schreiben ist natürlich nur ein Teil des Entstehungsprozesses. Ich musste sehr viel recherchieren, wie zum Beispiel die Polizei auf Zypern arbeitet. Darüber hatte ich mir vorher überhaupt keine Gedanken gemacht.
Warum haben Sie eine pensionierte deutsche Polizistin den Mord aufklären lassen?
Es war mir wichtig, dass eine deutsche Person im Mittelpunkt steht, weil ich mir nicht anmaßen wollte, aus Sicht eines Zyprers zu schreiben.
„Auf Zypern kenne ich mich besonders gut aus und so habe ich mich für das zweigeteilte Land als Schauplatz des Krimis entschieden.“
Was hat Sie zu dem Buch inspiriert?
Ich habe während meines Studiums zwei Auslandssemester absolviert und dadurch ein Jahr auf Zypern gelebt. Je mehr ich das Land kennenlernte, desto mehr habe mich mit dem Konflikt*, mit dem die Menschen dort leben, beschäftigt. Ich habe auch in anderen politisch schwierigen Ländern gelebt, zum Beispiel in Armenien. Auf Zypern kenne ich mich besonders gut aus und so habe ich mich für das zweigeteilte Land als Schauplatz des Krimis entschieden.
Warum haben Sie ausgerechnet Zypern und Armenien für Ihren Auslandsaufenthalt gewählt?
Dass ich ins Ausland gehen würde, war klar. Es sollte ein Land sein, in dem auch Englisch gesprochen wird. Ich hätte natürlich auch nach Schweden gehen können, aber ich wollte etwas, das nicht jeder macht. Ich wollte eine ganz andere Ecke der Welt kennenlernen. Und das waren diese Länder für mich.
So wie Sie das erzählen, klingen Sie sehr abenteuerlustig …
Ja, das hat sich so entwickelt. Ich komme aus dem Ruhrgebiet und bin die Erste aus der Familie, die studiert hat. Meine Eltern haben versucht, uns Schwestern alles zu ermöglichen, aber das hatte natürlich seine Grenzen. Meine Idee, in diese Länder zu gehen, hatte sicherlich damit etwas zu tun.
Nach Ländern wie Zypern und Armenien – was reizt Sie an dem beschaulichen Bonn?
Ich mag Bonn sehr gerne. Als ich nach Bonn gekommen bin, habe ich meinen heutigen Freund kennengelernt. Er ist Urbonner und hat mir seine Heimat gezeigt. Ich habe mich in ihn und in die Stadt verliebt.
Zurück zum Buch: Sie haben viele begeisterte Kritiken erhalten …
Darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich hatte große Angst vor den ersten Leserstimmen, aber es ist bislang kein Verriss dabei gewesen.
Was war für Sie die große Herausforderung bei dem Roman?
Der Glaube an die Idee und sie umsetzen zu können. Ich hatte mittendrin große Zweifel, ob das, was ich schreibe, auch gut ist. Es war nicht einfach, den inneren Kritiker auszuschalten und weiter zu schreiben. Das war eine Herausforderung, aber ich habe gelernt, mir selbst mehr zu vertrauen.
Hannah Essing, Die Tote von Nikosia. Eine Zypernkrimi, Ullstein Taschenbuch, Broschur, 336 Seiten, ISBN: 9783548069425, 13,99 Euro
Was war es für ein Gefühl, das eigene Buch in den Händen zu halten?
Ich habe ein bisschen geweint. Es war unwirklich, das drückt es am besten aus.
Können Sie sich noch an ihr erstes selbst gelesenes Buch erinnern?
Das war, glaube ich, „Hanni und Nanni“ von Enid Blyton. Meine Liebe zum Lesen habe ich von meiner Mutter. Bei „Hanni und Nanni“ gab es beispielsweise eine geheime Mitternachtsparty, die hat meine Mutter mit mir nachgemacht.
Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Ich habe ein nächstes Buch verkauft. Einen Thriller. Über die Hälfte ist bereits fertig. Er kommt im Frühjahr 2025 heraus. Mehr darf ich dazu nicht sagen. Aber es geht weiter und das ist schön.
(Susanne Rothe)