Michael Kuhl lebt Musik. Seit seinem siebten Lebensjahr ist die Trompete sein bevorzugtes Instrument. Viele Jahre spielte Kuhl im Karneval ganz vorne mit. Doch mittlerweile bevorzugt der Gründer von „Kuhl un de Gäng“ und studierte Jazzmusiker leisere Töne. Der Vater von zwei Kindern hat schon mit internationalen Musikgrößen wie Ed Sheeran, Train, Roxette, Jamie Lawson, David Duchovny oder auch Paolo Nutini zusammengearbeitet – blieb aber immer seiner Heimat verbunden. „Für mich ist Jazz die freieste Art, Musik zu machen. Kölsche Musik dagegen ist Heimat, mein Zuhause“, sagt Kuhl im Gespräch mit RHEINexklusiv über Jazz, Frank Sinatra und Kommunikation, die keine Worte braucht.
Michael Kuhl

Michael Kuhl, Trompeter

Foto: © Michael Kuhl

Sie haben eine sehr schöne Trompete, danke, dass Sie sie mitgebracht haben. Sie sieht aus, als habe sie schon viel erlebt.
Sie ist meine Lieblingstrompete. Sie wurde von einem italienischen Trompetenbauer 1946 in New York gebaut. Er hat das ganze Werkzeug, das er dafür benötigte, selbst gefertigt. Solche Instrumente sind nicht perfekt, sie haben Macken. Das heißt, wenn ich darauf spiele, muss ich mich auf diese Trompete einlassen, wissen, wann sie was macht und wie ich es kompensieren kann, damit sie gut klingt. Meine Trompete hat Persönlichkeit.

Wie viele Instrumente besitzen Sie?
Zu viele. Nur Trompeten habe ich zwölf, aber dann kommen noch ein paar Keyboards hinzu und was so dazugehört.

Seit wann machen Sie Musik?
Eigentlich schon immer. Trompete spiele ich seit 31 Jahren, da war ich also sieben.

Freiwillig oder von der Familie gelenkt?
Freiwillig. Das ist aber immer ein Punkt, an dem ich mich frage, warum alles so gekommen ist, wie es jetzt ist. Eigentlich wollte ich als Kind Schlagzeug lernen. Das wollten jedoch alle und dadurch waren an der Musikschule keine Plätze mehr frei. Dann wollte ich Tenorhorn lernen, aber dafür gab es keinen Lehrer. Wir bekamen dann den Tipp, es zunächst mit Trompete zu versuchen. Denn aus einem mittelmäßigen Trompeter kann immerhin noch ein guter Tenorhornbläser werden (lacht). Ich habe eine Trompete ausprobiert und es kamen tatsächlich Töne heraus. Ich war aber kein Wunderkind, sondern das lag daran, dass Kinder entspannter an so etwas herangehen. Das sehe ich bei meinem eigenen Sohn; er geht völlig locker mit den Instrumenten um. Er bekommt aus diversen Blasinstrumenten schon Töne heraus – und möchte Schlagzeug lernen. Er ist jetzt acht, findet Posaune doof und Trompete auch nicht so doll. Aber ich glaube, ihm ist nicht klar, dass man auch für Schlagzeug üben muss.

Und wie war das bei Ihnen mit dem Üben?
Trompete ist ein Instrument, an dem man ständig dranbleiben muss. Man spielt im Prinzip mit seinem Körper. Wenn man mit dem Training schludert, wird die Kondition sehr eingeschränkt. Ich bin schon mein ganzes Leben an Musik interessiert. Mein Kompass ist Musik. Das heißt, ich kann nicht anders, als mich mit Musik zu beschäftigen. Schwierig wurde es in der Pubertät, aber da ist meine Mutter eingeschritten.

Was bedeutet für Sie Musik?
Alles. Wie gesagt, sie ist der Kompass meines Lebens. Meine Erinnerungen und bestimmte Daten sind mit Musik verknüpft. In meinem Leben passieren so viele Dinge, die ohne Musik nicht passieren würden. Ich mache Musik, weil ich durch sie Menschen nicht nur erreiche, sondern dies auch noch ohne Worte. Musik ist eine Sprache, die jeder in der ganzen Welt versteht, ohne dass man Worte benötigt.

Sie spielen nicht nur Trompete, sondern singen auch – beides gleich gut oder gleich gern?
Ob gut, habe nicht ich, sondern hat das Publikum zu beurteilen. Aber es scheint einigen zu gefallen, sonst hätte ich nichts zu tun. Gern, das kann ich beide Male bejahen.

Haben Sie noch Lampenfieber?
Früher hatte ich sehr viel Lampenfieber. Aber in erster Linie, wenn es ums Singen ging. Hinter der Trompete kann man sich verstecken. Heute habe ich Respekt vor der Bühne

Wie schwierig ist es, aus einer Neigung einen Beruf zu machen?
Eigentlich ist es gar nicht schwierig, man muss es wollen. Man bekommt immer gesagt, Musik sei brotlose Kunst. Das heißt, man wird darauf programmiert, dass Musik als Beruf keinen Sinn macht. Davon muss man sich frei machen.

Wenn Sie einmal nicht selbst spielen, welche Musik hören Sie?
Ich bin mittlerweile ein Allesfresser. Früher war das anders. Nach Adorno, also nach seiner Hörertypologie, war ich Ressentiment-Hörer: Es gab für mich nur Jazz und nichts anderes. Heute ist das anders, vor allem interessiere ich mich für den Menschen hinter der Musik. Ich höre auch gerne Blasmusik, das ist mein Instrument und es sind meistens großartige Melodien.

Sie sind studierter Jazzmusiker, was fasziniert Sie am Jazz?
Beim Jazz geht es anders als bei der klassischen Musik um den Moment. Das fand ich schon immer faszinierender als Klassik. Für mich ist Jazz die freieste Art, Musik zu machen. Kölsche Musik dagegen ist Heimat, mein Zuhause.

Michael Kuhl Trompeter

Michael Kuhl, Trompeter

Foto: © P. M. J. Rothe

Welcher Musiker hat Sie am meisten beeindruckt oder vielleicht sogar beeinflusst?
Frank Sinatra ist für mich die personifizierte Musik. Er hat sich über viele Jahre an der Spitze gehalten und die Menschen begeistert. Was er gemacht hat, war immer auf den Punkt. Er war unfassbar professionell.

Was ist Ihr nächstes Projekt?
Ich begleite Heino nach Amerika. Er gibt dort drei Konzerte und ich spiele Trompete für ihn. Mit Heino habe ich schon vor mehr als zehn Jahren gespielt, als er die deutschen Songs in seinen Sound übertragen hat.

Welche Rolle spielt für Sie der Karneval?
Der Karneval ist Kulturgut und spielt für mich eine große Rolle. Aber extremes Feiern ohne Rücksicht, stört mich immer mehr. Für mich ist Karneval eine Herzensangelegenheit.

„Für mich ist Jazz die freieste Art, Musik zu machen. Kölsche Musik dagegen ist Heimat, mein Zuhause.“

Aber Sie waren ganz vorne dabei.
Ja, das ist aber schon sieben Jahre her und einen Auftritt nach dem anderen hinzulegen, ist nicht mehr meins. Man verbrennt sich dabei schnell. Ich trete noch im Karneval auf, aber es sind andere Veranstaltungen als früher. Ich kann auch nicht jedes Jahr ein Lied schreiben, nur um ein Lied zu schreiben. Ich gehe mittlerweile meinen eigenen Weg.

Sie spielen, produzieren, arrangieren und schreiben. Große Erfolge waren und sind: „Ich han dä Millowitsch jesinn“ und das sehr leise Lied vom „Kleinen Trötemann“. Haben Sie in dieser Ballade eigene Erfahrungen verarbeitet?
Ja, in dem Lied ist viel Wahrheit drin. Mir ist es wichtig, authentisch zu sein. Wenn meine Mutter den „Trötemann“ hört, fängt sie an zu weinen.

Sie singen: „Doch wat ich eigentlich nur will, ist spille“ …
Möglichst, bis nix mehr geht.

(Susanne Rothe)

TRÖTEMANN

E Rühr US Messing – un drei knöpp,
jet heiße Luft, dann kütt ne Ton
Et wirk Fass wie e Wunder, es et ävver nitt
Eigentlich nur lippevibration

Kabel, knöpp um jruuße Boxe, Bruch ich alles nitt
Ich han ming trööt, Ming mundstück, Bruch jet Öl un manchmol fett
Wann die andre noch verstaue, Stonn ich ald an dr Thek
Un nevven mir am HOHKE hängk se, Ming Joldstöck, MING Trompet

Ich bin nur ne kleine Tröötemann
Maach Musik, weil ich do ming Freud dran han
Für zu Laache für zo Krieche zum Danze für’t Marieche
doch Watt ich eigentlich nur will … is Spille

Satchmo, Miles, Kapusta han ich jehoort Sugar studiert
Einer mieh, Dä andere winnijer – mich hätt nitt jeder fasziniert
Ne volle Ton, en juldene Trööt un en schöne Melodie
Öm minsche zo berühre Bruch et eigentlich nitt mieh

Doch he doheim nennt mich jeder bloß ‚die Trööt’
Mr kennt mich us em kölsche Fasteleer
Do spill ich miehstens immer nur zwei Tön
5 Woche daach für Daach Tätäää-tätäää

Ich bin nur ne kleine Tröötemann
spille, weil ich do ming Freud dran han
Für zu Laache für zo Krieche zum Danze für’t Marieche
doch Watt ich eigentlich nur will … is Spille

Un wann se danze laache kriesche is Datt für mich datt kompliment
Datt ich mir wünsch immer zo krieje, denn dann weiß ich Datt WIRKLICH alles stimmp
In China oder Afrika op jedem Kontinent – Die Botschaff is identisch
Musik is Friede – Un verbingk

Ich han jespillt op Dr Janzen Welt
us Spaß an Dr Freud un och für Jeld
Han suvill minsche en Freud jemaat
Dat es et, watt am Engk für mich nur zällt

Un kumm ich in Dr Himmel – oder in de höll
Froog ich noh’m Engel Gabriel
Dä es ne Kolleg um kennt sich Bovven bestens us
Met Jam-sessions un Engelströötespill

Ich bin nur ne kleine Tröötemann
Spille, weil ich söns nix anderes kann
Für zu Laache für zo Krieche un zum Danze für’t Marieche
doch Watt ich eigentlich nur will … is Musik