Im Bonner Bundes- und UN-Viertel gibt es eine hohe Dichte an Organisationen, die sich mit den drängendsten Fragen unserer Zeit befassen: Klimawandel, nachhaltige Entwicklung, Biodiversität und Migration sind nur einige der Themen, um die es dabei geht. Zu diesem Kreis gehört auch der Global Club e.V., eine Nichtregierungsorganisation, die im Bundesviertel geboren wurde und sich der besseren Vernetzung und gebührenden Anerkennung der Akteure des „helfenden Deutschland“ verschrieben hat.

Am Anfang war die Menschlichkeit. 2015 flüchteten über zwei Millionen Menschen auf lebensgefährlichen Routen über das Mittelmeer oder die Balkanstaaten vor Krieg und Elend in ihren Heimatländern in die EU. Knapp die Hälfte von ihnen gelangte nach Deutschland – und traf dort auf eine nie dagewesene Welle der Hilfsbereitschaft. Rund acht Millionen Menschen setzten sich spontan, freiwillig und ehrenamtlich für die Belange der Flüchtenden ein und sprangen so einem hoffnungslos überforderten Staat bei. „Refugees welcome“ war das auf Transparenten, Bannern oder T-Shirts auch in Deutschland allenthalben zu lesende Motto der Helferinnen und Helfer, die sich oftmals bis zur Erschöpfung engagierten. Der Begriff „Willkommenskultur“ war in aller Munde. In Österreich wurde er gar zum Wort des Jahres 2015 gewählt.

Auch wenn die Zahlen deutlich abgenommen haben, riskieren noch immer jedes Jahr Zigtausende ihr Leben – um zu überleben. Und noch immer sind deutschlandweit rund 60.000 Initiativen und Projekte zur Unterstützung und Integration von Geflüchteten und Armutsmigranten aktiv. Und nicht nur karitative Organisationen helfen geflüchteten Menschen mit Beratungs- und Integrationsangeboten, mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs. Auch wirtschaftliche Akteure engagieren sich nach wie vor – von mittelständischen Unternehmen und Freiberuflern wie der Troisdorfer Steuerberatungskanzlei Breidenbach, Kurth Haag (siehe Textbox) bis hin zu großen Konzernen wie der Deutschen Telekom. Über 230 Konzerne haben sich im Laufe der Jahre der Anfang 2016 von 36 deutschen Unternehmen lancierten Integrationsinitiative „Wir zusammen“ angeschlossen und mit ihren Projekten über 33.000 Geflüchtete in den deutschen Arbeitsmarkt integriert.

„Das helfende Deutschand und die Willkommenskultur, die wir seit 2015 erlebt haben, waren und sind eine kulturelle Bewegung. Das ist weltweit erstmalig und einmalig“, meint Hans Wallow, der Gründer des Global Club e.V. Aber er sieht Grund zur Besorgnis. Das gesellschaftliche Klima hat sich gewandelt. Um die Helfer ist es still geworden und der Begriff der „Willkommenskultur“ wird inzwischen oftmals als abschätzig-disqualifizierende Stammtischparole gerade von denen mißbraucht, die dem Konzept nichts abgewinnen können. Diffamierung und ausländerfeindliche Hetze haben an Boden gewonnen und werden von einem Teil des politischen Spektrums gezielt zum eigenen Nutzen eingesetzt. Allein 2017 wurden über 2.200 Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte verübt. Und auch die Helferinnen und Helfer werden inzwischen nicht mehr nur verbal angefeindet. Nicht wenige haben resigniert. Eine Situation, die Wallow umtreibt.

Der Sozialdemokrat vertrat von 1981 bis 1983 und erneut von 1990 bis 1998 den Wahlkreis 147 Ahrweiler/Mayen im Bundestag – und stimmte am 21. Juni 1991 in der für die Region so wichtigen Abstimmung über den künftigen Regierungssitz für Bonn. Ein Bundestagsmandat ist für viele der Höhepunkt ihrer Karriere. Für Wallow war es lediglich eine Facette eines facettenreichen Lebens. Geboren und aufgewachsen in Münster, absolvierte er zunächst eine Lehre als Bau- und Kunstschlosser und studierte anschließend Pädagogik in Bonn und Oxford. Studienaufenthalte in Florenz und Barcelona schlossen sich an. In den Schuldienst zog es ihn freilich nicht. Stattdessen arbeitete er mehrere Jahre als Journalist, bevor er in das damals noch junge Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eintrat, das er als Referatsleiter verließ. Seine Beamtenkarriere setzte Wallow später im Bundespresseamt fort, in dem er als Unterabteilungsleiter wirkte. Seit 2001 ist er als freier Autor, Journalist und Dozent tätig. Als Bildhauer außerdem. An Ruhestand denkt Wallow, immerhin in einem Alter, in dem viele andere vor allem zurückblicken, noch lange nicht. Vielmehr hat er die Zukunft im Blick.

Und zu den drängend wichtigen Zukunftsthemen gehören für ihn, der viele der heutigen Fluchtländer in seiner Zeit beim BMZ ausgiebig bereiste, die Integration von Geflüchteten und der Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit. Genau darum geht es daher auch bei dem von ihm initiierten Global Club e.V. Der im Oktober 2017 gegründete „Club“ ist eigentlich eine Nichtregierungsorgansiation, zu der sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Verbänden, öffentlichen Institutionen und aus der Wirtschaft zusammengeschlossen haben. Und sie haben einiges vor.

„Wir wollen, dass die Besten unseres Landes, die vielen Helferinnen und Helfer, die sich für Geflüchtete und deren Integration engagieren, die überregionale Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Wir wollen ihnen Mut machen. Es geht dabei um Vernetzung und Erfahrungsaustausch. Es geht aber nicht zuletzt auch um ein offenes Deutschland, frei von Bigotterie und Rassismus“, erläutert der ehemalige Abgeordnete. Daher plant der Global Club e.V. für Ende 2020 das erste nationale Helfer- und Flüchtlingsforum TOGETHER. 500 Delegierte aus allen Bundesländern sollen sich an zwei Tagen unter dem Motto „Durch Realismus zur Glaubwürdigkeit“ begegnen und austauschen. Eingeladen werden Vertreter und Vertreterinnen aus den verschiedensten Institutionen und Initiativen, aus der Wirtschaft sowie Migrantinnen und Migranten. Stattfinden soll der Kongress im ehemaligen Plenarsaal des Bundestags in Bonn, also an historischem und zugleich zukunftsweisendem Ort. Im Bonner Bundesviertel – in dem Wallow als einer von wenigen auch noch wohnt – ist die Entwicklung Bonns zur deutschen Stadt der Vereinten Nationen, der internationalen Zusammenarbeit und zum deutschlandweit wichtigsten Zentrum der nachhaltigen Entwicklung mit Händen zu greifen. Thematisch passt die vom Global Club e.V. geplante Veranstaltung also hervorragend in diesen von Internationalität und Vielsprachigkeit geprägten Stadtteil.

Aber kündigt sich mit dem Forum nicht eine weitere wohlgemeinte, aber dennoch praxisferne und letztlich wirkungslose Tagung an? Nicht, wenn es nach ihrem Initiator geht: „Praxisnähe ist uns ebenso wichtig wie eine lebendige Veranstaltung. Und das Forum soll über seine eigentliche Dauer hinaus weiter in Politik und Gesellschaft seine Wirkung entfalten.“ Entsprechend ist die Bandbreite der Themen und Veranstaltungselemente, die der Global Club e.V. für das Forum vorgesehen hat. Es gibt Themenblöcke zu Fluchtursachen, zu Rassismus und Antisemitismus, zu Integrationspolitik und Integrationsarbeit. Die Verleihung eines nationalen Intergationspreises, mit dem beispielhafte Projekte gewürdigt und auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollen, ist vorgesehen. Einen Mangel an preiswürdigen Initiativen gibt es dabei nach Wallows Ansicht nicht.

„Es gibt immer noch eine kaum zu überblickende Hilfsbereitschaft aus allen Schichten der Bevölkerung in den unterschiedlichsten Projekten“, schwärmt der Gründer des Global Club. „Um nur zwei Beispiele zu nennen: Im hessichen Neu-Isenburg fanden sich junge Deutsche und Flüchtlinge zu einem Orchester zusammen. Andere erarbeiteten ein Theaterstück aus Protokollen von Flüchtlingen mit einmaliger Dramatik.“ Womit eine weitere Komponente des geplanten Kongresses in den Blick rückt. Denn auch das Thema zeitgenössische Kultur der Fluchtländer wird eine wichtige Rolle spielen.

„Die Kulturschaffenden aus diesen Ländern sind bei uns weitgehend unbekannt“, so Wallow. „Dabei lassen sich durch Musik, Literatur, Theater, Malerei und nicht zuletzt auch durch Fotografie Mentalitäten und Probleme sinnlich erfahrbar vermitteln.“ Zu den kulturellen Programmpunkten des Forums werden daher unter anderem „African Art“, „Arab Art“ und ein „Ball des Südens“ gehören. Denn, das macht Wallow klar, der Kongress soll auch Freude machen. Und nach intensiver Arbeit darf auch intensiv gefeiert werden. „Überall auf der Welt wird nicht nur zusammen gearbeitet, sondern auch gefeiert, getanzt und musiziert. Die Musik ist das verbindende Element aller Kulturkreise. In jeder Großstadt Afrikas oder auch Asiens wird Beethoven gehört. Umgekehrt könnten wir auch nordafrikanischen Jazz mit orientalischen Stilelementen genießen. Aber auch diese Musik ist bei uns nahezu unbekannt.“

Und auch wenn es sicherlich nicht gelingen wird, die Hörgewohnheiten deutscher Musikliebhaber mit einer einzigen – noch dazu nicht vorrangig musikalisch ausgerichteten – Veranstaltung grundlegend zu ändern, will das Forum zumindest einen Beitrag auch dazu leisten. Daher soll unter Anleitung des Musikmanagers Thomas Höft aus Köln eine Mischung entwickelt werden, die direkt in die Seele der Zuhörer eindringt. Und: „Anschließend wird geschwooft. Lifestyle darf dabei sein“, schmunzelt Wallow.

Damit aber das Forum und seine Ergebnisse nicht einfach verpuffen, soll es auch Lösungen empfehlen und eine Resolution verabschieden, die dem Bundestag sowie den Länderparlamenten zugeleitet wird. Und: Die Ergebnisse der Veranstaltung sollen wissenschaftlich ausgewertet werden.

Das Forum wird die Flaggschiff-Veranstaltung des Global Club e.V. Seine einzige Initiative ist es allerdings nicht. Vielmehr bemüht sich die Organisation auch um die Aufnahme der Willkommenskultur in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Damit würde sie eine weltweite Anerkennung erfahren, die unter anderem dem Yoga aus Indien, dem Geigenbau aus Cremona oder dem kubanischen Rumba zuteil geworden ist. Und auch Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung – auf Neudeutsch: Awareness Raising – betreibt der Club. Und gerade letzteres ist von entscheidender Bedeutung.

„Auf meinen vielen und teils ausgedehnten Auslandsreisen konnte ich immer wieder die Erfahrung sammeln, dass die Menschen überall den gleichen Bedürfnissen folgen: Abgesehen von den unterschiedlichen Kulturen wollen sie ein auskömmliches Leben durch Arbeit sichern, mit der Familie und Freunden feiern. Wer das versteht, der verliert die Angst vor dem vermeintlich so Fremden, die die Menschen schlimmstenfalls in die Arme radikaler Ideologen treibt.“ Diese Angst auszuräumen, ist eines der zentralen Ziele des Global Club e.V. Damit die Menschlichkeit auch weiterhin eine Chance hat. Neben staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren setzen sich auch Wirtschaft und Freiberufler zugunsten der Integration von Migranten ein. Ein Beispiel aus der Region:

Die in Troisdorf ansässige Steuerberatungskanzlei Breidenbach Kurth Haag, Steuerberater, Partnerschaftsgesellschaft mbB bietet Geflüchteten seit Jahren die Chance, in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Die vor allem auf die Bereiche Digitalisierung, Immobilien, Nachfolge, Gemeinnützigkeit spezialisierte Kanzlei mit 3 Partnern und derzeit 23 Mitarbeitern hat seit 2016 jeweils einen Praktikanten, einen Zeitvertragsangestellten sowie einen Auszubildenden für den Beruf des Steuerfachangstellten aus arabischen Krisenstaaten beschäftigt. Und sieht dies als Winwin-Situation, wie Partner Thomas Haag erläutert: „Für uns als junge, moderne Kanzlei zählt der Mensch – und  unsere gemeinsame Leidenschaft für die Arbeit. Wenn wir es schaffen, jemandem mit unserer Leidenschaft anzustecken und ihn für uns zu gewinnen, profitieren doch nicht nur die Menschen, die gezwungen wurden, neu anzufangen, sondern auch wir.“

Hans Wallow Global Club
Hans Wallow, Foto © Benjamin Westhoff

Herr Wallow, was genau war die Initialzündung für den Global Club e.V.?
Es waren zunächst eine leitende Mitarbeiterin der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) und ein Kollege von Deutsche Welle, die sich von meiner Idee begeistern ließen, vor Ort eine nachbarschaftliche und zugleich internationale Zusammenarbeit zu organisieren. Wegen der Anerkennung „gemeinnützig“ zu sein, mussten wir zunächst die Prozedur mit dem Finanzamt durchstehen.

Wer kann sich im Global Club e.V. engagieren und wie?
Jeder, der sich für nachbarschaftliche, internationale Zusammenarbeit im ehemaligen Parlamentsviertel interessiert. Auch Ihr Magazin kann mitmachen. Obwohl im ehemaligen Parlamentsviertel über 20.000 Menschen aus fast allen Nationen arbeiten, ist es schwierig, die richtigen anzusprechen. Es fehlt erstens die persönliche Bindung an das Viertel und zweitens hindert der Datenschutz die Leitung von Institutionen, Firmen sowie Verbände daran, uns Mitarbeiter zu benennen. Es geht über den „Flurfunk“ und die persönliche Ansprache. Die Suche nach den Stecknadeln im Heuhaufen. Wir wollen keine Vereinsmeierei betreiben, sondern ein lebendiger, aktiver Club sein: ein warmer Ort, wo sich weltoffene Menschen zusammenfinden, die etwas für Menschenrechte, gegen Angst, Hass und Wut tun wollen. Motto: global denken und vor Ort handeln.

Wie ist die Resonanz auf Ihre Initiative, welche Mitstreiter haben Sie gewinnen können?
Die Resonanz ist trotz der schwierigen Bedingungen gut. Wir haben auch schon Unterstützer von außerhalb. Die regionale Presse hat ausführlich berichtet. Eine Bank hat einen namenhaften Betrag gespendet. Wir können allerdings noch weitere Unterstützung gut gebrauchen. Ob nun ein Buchhalter oder Marktstratege, jeder Kopf und jede Hand ist willkommen.

Bisher ist der Global Club e.V. mit zwei Projekten an die Öffentlichkeit getreten: Dem Forum TOGETHER und dem Versuch, die „Willkommenskultur“ auf die Liste des immateriellen Welterbes der UNESCO setzen zu lassen. Was planen Sie noch?
Wir haben schon viel Öffentlichkeitsarbeit zu den Themen Fluchtursachen, Rassismus, Integrationsarbeit und zeitgenössische Kultur der Fluchtländer betrieben. Die zeitgenössischen Kulturschaffenden aus Fluchtländern sind nahezu unbekannt. Durch Musik, Literatur, Theater, Malerei und Fotografie lassen sich sinnlich erfahrbare Mentalitäten und Probleme, wie die Identitäten vermitteln. Einige Programmpunkte des Forums sind: African Art, Arab Art. Ein Bewusstsein von sich selbst, zu wissen, wer man ist, schafft in der Fremde das notwendige Selbstbewusstsein. Der Global Club plant auch kleinere Projekte, wie eine Kunstausstellung mit der Michael Horbach Stiftung aus Köln oder eine Dichterlesung mit einem syrischen Schriftsteller.

„Dabei existieren noch heute bundesweit zehntausende Initiativen und Integrationsprojekte, in denen jeweils zahlreiche Helfer tätig sind …“

Das Forum TOGETHER ist jetzt für 2020 geplant. Soll dieser Kongress eine einmalige oder eine wiederkehrende Veranstaltung werden?
Eine Wiederholung hängt vom Interesse der ca. 60.000 Initiativen und den Ergebnissen des Forums ab. Wir wollen Vernetzungen erreichen und politische Forderungen an Parteien und Parlamente richten. Jeder soll vom anderen lernen. In der bisherigen Praxis arbeitet und kämpft jede Initiative z. B. bei der Wohnungs- und Arbeitbeschaffung sowie bei der Auseinandersetzung mit den Bürokratien für sich alleine. Unterstützung bekommen sie alleine durch ehrenamtliche Flüchtlingsräte, Kirchen oder aktive Integrationsbeauftragte. Da dieses Thema keinen Machterwerb verspricht, sind die Bundespolitiker sehr zögerlich. Eine Ausnahme bilden engagierte Bürgermeister.

Andere europäische Staaten und auch nichteuropäische Staaten aus der Region, wie etwa Jordanien oder der Libanon, haben sich in den Jahren 2015/16 ebenfalls in erheblichem Umfang für Geflüchtete engagiert und tun dies weiterhin. Weshalb verdient es gerade die „deutsche“ Willkommenskultur, als immaterielles Welterbe hervorgehoben zu werden?
Die materielle Leistung der Staaten wie Libanon, Jordanien und anderer ist viel größer als die der reichen Bundesrepublik Deutschland. Trotzdem gibt es auch hier bei uns Neid und tausende von Anschlägen auf Flüchtlinge oder ihre Unterkünfte. Die Armutswanderungen in den Jahren 2015/16 haben in Deutschland ein spontanes, freiwilliges Engagement ausgelöst, das es in der Bundesrepublik vorher so nicht gab. An der Erstversorgung waren laut einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung acht Millionen Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Ein helfendes Deutschland ist heute Teil unserer Identität. Das ist leider in den Medien noch nicht angekommen. Die glauben, die Willkommenskultur sei versandet. Dabei existieren noch heute bundesweit zehntausende Initiativen und Integrationsprojekte, in denen jeweils zahlreiche Helfer tätig sind; die Wirtschaftsunternehmen haben eigene Förderprogramme; es gibt tausende Patenschaften von Familien; die deutsche Tafel versorgt in ihren über 1.000 Initiativen ca. 30 bis 40 % Migranten durch ihre ehrenamtlichen Helfer. Herbert Grönemeyer sagte einst in einem Interview: „Wir leben in einer sehr wackeligen und nervösen Phase. Dennoch halte ich die Situation mit den Geflüchteten für einen Glücksfall. Wir sind nun gezwungen, Empathie zu entwickeln, und ich finde es äußerst beeindruckend, wie viele Menschen in Deutschland das getan haben und sich nach wie vor um Geflüchtete kümmern. Das macht mir tierisch Mut und darin sehe ich eine Riesenchance. Aber die Politik hat diese einzigartige Situation, in der etwas sehr Identitätsstiftendes für die Gesellschaft drinsteckte, schleifen lassen. Die Menschen wurden nicht einbezogen und die Probleme nicht klar und ehrlich benannt. Das führte zu großem Unverständnis.“ Dem kann ich nur zustimmen.

Ergeben sich aus dem Standort Bonn, mit seiner großen Bandbreite an nationalen und internationalen Institutionen und Organisationen, für die Arbeit des Global Club e.V. Synergieeffekte oder andere Vorteile?
Die Zusammenarbeit gibt es schon. Sie ist aber noch ein zartes Pflänzchen. Die Integrationsbeauftragte der Stadt Bonn ist sehr kooperativ. Für alle Beteiligten gibt es Synergieeffekte. Aber jeder pflegt zunächst seinen Vorgarten und dann kommt die Kooperation. Probleme: Bei uns wurden zwei aktive Mitarbeiter nach Berlin versetzt. Ansprechpartner wechseln oder Mitarbeiter haben keine Lust mehr. Im Ehrenamt geht es außer bei der freiwilligen Feuerwehr meist sehr langsam vorwärts. Und ich bin leider kein geduldiger Mensch …

Zum Schluss eine ganz persönliche Frage: Wie wohnt es sich heute im vorrangig von Büros geprägten Bundesviertel?
Das Bundesviertel ist innerhalb der Woche international und lebendig. Bei internationalen Konferenzen traf ich kürzlich einen jungen Mann aus Nicaragua, den ich nach dem Gesundheitszustand von Ex-Präsidentin Violetta Chamarro, die ich einst schätzen lernte, befragen konnte. Es ist ein super Viertel, stadtnah und an Wochenenden (außer den Laubpustern) meist eine Oase der Ruhe. Leider fehlt uns eine Eckkneipe, in der man abends quatschen kann. (Rüdiger Strempel) 

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Foto: pixabay.com, Hans Wallow, Foto © Benjamin Westhoff