Schmerzen im Rücken und in den Gelenken – wer kennt das nicht? In Job und Alltag verfallen wir häufig in eine gebückte Haltung, belasten Muskulatur und Knochen einseitig. Ein neues Trainingskonzept soll dem entgegenwirken: „five“ arbeitet mit einem Geräteparcours, der sich schwerpunktmäßig auf Rückwärtsbewegungen konzentriert. Ich durfte das Trainingskonzept testen und habe erfahren, warum schon vier bis fünf Rückwärtsbewegungen am Tag wahre Wunder wirken …
Station „Chest“
Station „Spagat“
Station „Ischia“
Station „Glut“
Freie Übung
Als ich in meinem Fitnessstudio das neue Angebot für ein Gelenk- und Rückentraining entdeckt habe, war für mich sofort klar: Das muss ich ausprobieren! Da ich bereits erste Erfahrungen im Muskel- und Faszientraining mit einer Blackroll – einer Massagerolle für Faszien – sammeln konnte, weiß ich, wie wichtig das regelmäßige Training des Gewebes ist. Verdrehte und verhärtete Faszien können sehr schmerzvoll sein, zu Verspannungen, Rückenschmerzen und infolgedessen zu einer gekrümmten Haltung und einer eingeschränkten Bewegung führen! Durch meinen Bürojob verbringe ich viel Zeit am Schreibtisch, an dem mein Rücken nicht immer gerade aufgerichtet ist und die Schultern – zugegeben – leicht nach vorne gezogen sind. Schmerzen im Kreuz sind die Folge. Das Muskel-Faszien-System spielt für die persönliche Lebensqualität aber eine enorme Rolle und sollte keinesfalls vernachlässigt werden. Also, gehen wir es an!
Ich mache mich auf den Weg ins Studio. Vogelgezwitscher, das von der CD abgespielt wird, und Birkenbaumstämme, die an der Wand hängen – der five-Trainingsraum strahlt schon bei Betreten eine wohlige Atmosphäre aus. Bei meinem ersten Training am five-Geräteparcours werde ich von Fitnessökonomin Helena Rott unterstützt. Schnell die Schuhe ausziehen und wir können mit „Chest“, der ersten der insgesamt acht Stationen, beginnen. Ich folge den Anweisungen meiner Trainerin: In kniender Position wird der Rücken gegen die Rolle des Geräts gelehnt und die Hüften werden weit nach vorne geschoben. Die Arme werden in einem Winkel von etwa 45 Grad in die Luft gestreckt, während der Fußspann fest in den Boden drückt. „Diese Position nun fünf langsame Atemzüge halten“, leitet Helena mich an, während meine Bauchmuskulatur ordentlich zu zittern beginnt. „Der Schwerpunkt dieser Übung liegt auf der Zwischenrippen-, Brust- und Atemmuskulatur, die durch häufiges Sitzen oft verkürzt ist. Indem du dich zurücklegst, streckst du die gesamte Muskelkette von den Knien über den Bauch bis zur Brust.“ Das Ziel von five ist es, die Muskeln auf ihre volle Länge zu bringen. Der leichte Schmerz, den ich während der gegenpoligen Bewegung verspüre, ist nicht wirklich unangenehm.
Weiter geht es an der Station „Spagat“, bei der ein Bein auf einer Art Schlitten abgelegt und soweit wie möglich nach vorne gefahren wird. „Bei dieser Übung handelt es sich um ein aktives Längentraining, das vor allem die ischiocrurale – die rückseitige Oberschenkelmuskulatur – und die hüftbeugende Muskulatur anspricht.“ Doch was haben Becken und Oberschenkel mit meinem schmerzenden Rücken zutun? „Der Körper ist ein zusammenhängender Bewegungsapparat. Wenn das Becken schief steht, wirkt sich das zwangsläufig auch auf die darauf stehende Wirbelsäule und den restlichen Körper aus. Knie- und Rückenschmerzen haben sehr häufig mit einer unstabilen Körpermitte zu tun!“, erklärt mir Helena. In kniender Position lege ich das linke Bein auf die bewegliche Platte. Nun schiebe ich die Platte so weit nach vorne wie möglich. Meine Bewegungs- und persönliche Schmerzgrenze werden schnell spürbar. Anschließend das Gleiche mit dem anderen Bein. Doch das fällt mir erstaunlicherweise viel leichter. Woran liegt das? „Kein Mensch ist zu 100 Prozent symmetrisch. Disbalancen im Körper sind normal und werden mit zunehmendem Alter meist stärker. Mit einem solchen Training kann und sollte man ihnen jedoch entgegenarbeiten.“ Da mein rechtes Bein beweglicher ist als das linke, kann ich den Fokus beim Längentraining auf Rat meiner Trainerin nun erst einmal auf das linke Bein legen.
„Die Übungen kann jeder ausführen. Die five-Methode ist für jedes Alter geeignet und kann unabhängig von sportlichen Vorkenntnissen genutzt werden.“
Nacheinander teste ich die übrigen Geräte des Parcours. Auf „Ischia“ kralle ich mich mit den Zehen an einer Platte fest, während ich mit den Händen eine Sprossenwand nach unten klettere – das macht ganz schön Spaß, zieht aber auch ordentlich in den Waden und in der gesamten hinteren Muskelkette. Mit „Glut“ soll durch Ablegen des angewinkelten Beins auf einer parallel zum Boden platzierten Platte gezielt die Spannung in der Gesäßmuskulatur gelöst und die Beweglichkeit in der Hüfte und im Kniegelenk positiv beeinflusst werden. Nach weiteren vier Geräten bin ich fertig mit dem ersten Durchgang: „Am besten machst du direkt zwei Durchgänge – das muskuläre System wird so optimal trainiert und gestärkt“, empfiehlt mir Helena. Ich befolge ihren Rat, schließlich möchte ich das Optimale aus dem Training herausholen.
Geschafft! Es hat richtig Spaß gemacht und das gute Gefühl am Ende belohnt auch das ein oder andere Ziehen in den Muskeln. Doch wann und wie oft absolviere ich den Parcours am besten? „five bildet die dritte Säule zu Ausdauer und Kraft. Am besten sollte das Rücken- und Gelenkkonzept direkt im Anschluss an das eigentliche Training absolviert werden und du wirst schon nach zwei bis drei Trainingseinheiten einen Unterschied spüren.“ Einplanen muss man für die zwei Durchgänge am Parcours etwa 15 Minuten. „Experten haben herausgefunden, dass lediglich vier bis fünf Rückwärtsbewegungen täglich das körperliche Wohlbefinden beeinflussen können. Diese Grundübungen sprechen das gesamte Muskel-Faszien-System an und sind daher notwendig, um den ganzen Körper voll funktionsfähig und beweglich zu machen“, erklärt Helena.
Außer meinen haltungsbedingten Rückenschmerzen habe ich keine körperlichen Beschwerden. Aber wie sieht es mit Menschen aus, die schon älter sind oder ein künstliches Gelenk haben? Kann jeder trainieren? „Die Übungen kann jeder ausführen. Die five-Methode ist für jedes Alter geeignet und kann unabhängig von sportlichen Vorkenntnissen genutzt werden. Menschen mit künstlichen Gelenken sollten anfangs allerdings unbedingt von einem professionellen Trainer in die ordnungsgemäße Nutzung der Geräte eingewiesen werden. Wir bieten in unserem Fitnessstudio sogenannte Präventionskurse an, in denen der Trainierende an mehreren Terminen betreut wird und wir einzelne Übungen gegebenenfalls ersetzen können.“
Ins Leben gerufen wurde das Training durch die Donaueschinger Rückenspezialisten Lutz Kruger, Wolf Harwath und Christoph Limberger auf Basis der Biokinematik, die die alltäglichen Beugepositionen mit Rückwärtsbewegungen aufbrechen soll. five wird bereits in vielen Fitness- und Physiostudios angeboten.
Damit ich meinem Rücken auch zwischendurch etwas Gutes tun kann, zeigt mir Helena zum Abschluss noch eine freie Übung, die man ohne Probleme im Büroalltag und Zuhause ausführen kann: Hierzu eine aufrechte Position einnehmen und die Füße hüftbreit voneinander entfernt stellen. Nun die Handflächen auf dem Po ablegen, die Hüfte langsam nach vorne schieben und den Oberkörper nach hinten beugen. Die Knie sind leicht gebeugt und der Kopf wird vorsichtig in den Nacken gelegt. Nach fünf langsamen Atemzügen vorsichtig wieder nach vorne kommen. „Mit der Übung ziehen wir die Brustmuskulatur auseinander und dehnen die Hüfte. Es ist ganz einfach und wir haben unseren Faszien etwas Gutes getan“, erklärt sie.
Den Rücken in Extrempositionen bringen – das habe ich heute gemacht. Es hat gut getan. Bereits jetzt habe ich das Gefühl, dass meine Muskulatur entspannter ist. Ich mache mich auf den Weg nach Hause und nehme mir fest vor, das Rücken- und Gelenktraining ab heute in meinen Trainingsplan zu integrieren. Gute Vorsätze mitten im Jahr. Mein Rücken ist es mir wert!
(Sandy Niedobecki)
Fotos: P. M. J. Rothe (5)