Altbewährtes währt am längsten: Das „alte“ Wurzelgemüse Topinambur erfährt eine Wiedergeburt. Galt es früher als „Arme-Leute-Essen“ oder wurde als Tierfutter genutzt, wird die vielseitige und schmackhafte Knolle zurzeit als Delikatesse immer beliebter und hält Einzug in die Spitzenküchen. Dort gilt sie roh, gebraten, geröstet, gebacken oder gekocht als Gaumenschmaus für Vor-, Haupt- oder Nachspeise.
Die Topinambur erreicht einen Durchmesser von zwei bis fünf Zentimetern, ist fünf bis 20 Zentimeter lang und hat eine raue,knorpelige Form. Sie sieht ein bisschen aus wie Ingwer, ist außen hellbraun, gelb bis rotviolett und hat innen ein gelblich weißes Fruchtfleisch. Die Konsistenz gleicht einer Kartoffel oder Karotte.
Im rohen Zustand ist der Geschmack mild und leicht nussig-erdig. Ist die Topinambur gegart, schmeckt das Wurzelgemüse typisch nussig-süßlich. Möchte man diese süßliche Note verhindern und einen artischockenähnlichen Geschmack erzeugen, kann man etwas Zitrone in das Kochwasser geben. Die Topinambur eignet sich zum Beispiel für Salate, Suppen, Soßen, Auflauf, Püree oder Stampf. Man kann sie mit oder ohne Schale essen.
Gesundheitlich kann man Topinambur als nährstoffreiche „Wunderknolle“ bezeichnen: Sie enthält kein Fett oder Cholesterin, hat etwa ein Drittel der Kalorien einer Kartoffel und im Gegensatz zu ihr keine Stärke. Sie sättigt und besteht zu 80 Prozent aus Wasser. Daher wird die Knolle auch zum Abnehmen oder als Heilmittel bei Übergewicht eingesetzt. Zudem sorgt sie mit vielen wichtigen Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen für natürliche Vitalität und die Stärkung des Immunsystems. Darüber hinaus punktet Topinambur mit drei Prozent Eiweiß und zahlreichen Kohlenhydraten. Ihr 15- bis 20-prozentiger Anteil an Kohlenhydraten besteht vor allem aus dem Mehrfachzucker „Inulin“. Als präbiotischer Ballaststoff wird Inulin nur gering verstoffwechselt, gilt mit seinen Fruktose-Einheiten als Glukose-Ersatz und hat im Vergleich zur Kartoffelstärke den Vorteil, nach dem Essen den Blutzucker nur wenig ansteigen zu lassen. Dies ist ein entscheidender Faktor zum Verzehr bei Diabetes.
Ursprünglich aus Südamerika stammend, wanderte die sogenannte exotische „Indianer-Knolle“ des brasilianischen Indianervolks „Tupinambá“ über Brasilien, Mexiko und Nordamerika nach Kanada. Französische Kolonisten brachten die Knolle dann im 17. Jahrhundert nach Frankreich bzw. Europa, nachdem sie eine Hungersnot in Kanada und Nordamerika mit ihrer Hilfe überlebt hatten. Der Sättigungseffekt der Knolle rettete ebenso im Dreißigjährigen Krieg viele Menschen vor dem Verhungern.
Die Topinambur ist bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts Grundnahrungsmittel in Europa gewesen, bis sie durch die Kartoffel ersetzt wurde. Erst in jüngster Zeit kam die Knolle aus ihrem Schattendasein wieder hervor. Ihre gesundheitliche Wirkung sowie ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind einfach beeindruckend.
Im Laufe der Zeit haben sich mehrere Sorten der Topinambur entwickelt, u.a. „Topstar“, „Bianka“, „Gute Gelbe“, „Topianka“ oder „Violet de Rennes“. Je nach Sorte und Standortbedingungen wechselt das Erscheinungsbild.
Botanisch gehört die Topinambur, auch „Helianthus tuberosus“ genannt, zur Familie der Korbblütler und zur Gattung der Sonnenblumen. Da die Knollen widerstandsfähig und winterhart sind und nicht immer neu gepflanzt werden müssen, lässt sich die Pflanze relativ leicht im Garten oder auch als Balkongemüse im Topf anbauen. Sie kann sowohl durch Samen als auch durch Ableger der Wurzelknollen gezüchtet werden; die Monate März bis Anfang Mai sind ideale Pflanzzeit. Gibt man der Topinambur einen lockeren, leicht sandigen Boden, sonnigen bzw. halbschattigen Standort und regelmäßig viel Wasser, erfreuen die vier bis zehn Zentimeter großen Topinamburblüten mit ihren gelben Strahlen und bis zu drei Meter hohen Stauden nicht nur jeden Gärtner. Doch Vorsicht ist geboten: Die Pflanze bildet schnell zahlreiche Ausläufer und könnte in sumpfigem oder unfruchtbarem Boden Unkraut bilden oder zu nicht essbaren Knollen führen.
Nach 120 bis 150 Tagen wird die Knolle schließlich zur herbstlichen Haupterntezeit ab Ende September bis hin zur Blütezeit im Frühjahr geerntet. Erst nach dem ersten Frost entfaltet sich ihr typisch süßlicher Geschmack richtig. Die Knollen in der Erde können aber mit etwas Mulch geschützt werden, bis man sie ernten möchte. Da die Knollen eine dünne Haut haben und schneller Wasser verlieren als Kartoffeln, können sie nicht so gut gelagert werden. Entweder man friert die Topinambur ein oder lagert sie mit den Wurzeln ungewaschen an einem kühlen und dunklen Ort in einer mit Sand befüllten Kiste; dann sind sie drei bis vier Monate haltbar. Ungekühlt ist das Wurzelgemüse allerdings nur ein bis zwei Wochen genießbar.
Dank ihres ausgeprägten Aromas und ihres Nährstoffreichtums möchte man jedoch meist viel schneller traditionelle Topinambur-Rezepte ausprobieren oder neue entdecken. Schnell in dünne Scheiben geschnitten, mit etwas Öl und Salz vermengt, dann bei 130 Grad nach ca. 25 Minuten und einmaligem Wenden im Ofen getrocknet oder in der Pfanne mit Öl goldgelb ausgebraten und gewürzt, bietet die Knolle übrigens eine gesunde Alternative zu Kartoffelchips.
Wer also auf gesunde Ernährung, schlanke Linie und große Geschmackserlebnisse steht, genießt die Renaissance der Topinambur. Durch den leichten Anbau, die lange Erntezeit und die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten kann das Wurzelgemüse leicht mit der Kartoffel mithalten und erweist sich somit als „Alleskönner“.
Topinambur
mit Knoblauch und Lorbeerblättern gebraten
4 Portionen in 40 Minuten
1. Die großartige Knolle, auch Erdartischocke oder Zuckerkartoffel genannt, sieht aus wie eine runzelige kleine Kartoffel und hat einen süßlichen Geschmack, der ein wenig an Knoblauch und Pilze erinnert. Topinambur können Sie wie Mini-Ofenkartoffeln einfach abbürsten und im Ofen backen, aufdrücken und mit ein wenig Chili-Öl beträufeln. Aber auch in einem Salat mit Räucherspeck ist Topinambur richtig am Platz. Seine besten Freunde sind Salbei, Thymian, Butter, Speck, Lorbeer, Sahne, Semmelbrösel, Käse und alles Geräucherte.
2.Für 4 Portionen brauchen Sie 600 g Topinambur. Die Knollen schälen, in grobe Stücke schneiden und in einer Pfanne in etwas Öl bei mittlerer Hitze goldbraun anbraten. Ein paar Lorbeerblätter, 2 in feine Scheiben geschnittene Knoblauchzehen, einen Schuss Weißweinessig, Salz und Pfeffer zufügen und zugedeckt 20–25 Minuten weich braten. Die Lorbeerblätter entfernen und ohne Deckel noch ein paar Minuten weiterbraten, bis die Topinamburstücke schön knusprig sind. Sofort servieren. Sie passen gut zu Fisch oder Fleisch, machen sich auch gut auf einer Vorspeisenplatte, in Suppen und warmen Salaten.
Fotos: Kati Zunkovic / Wikimedia Commons