Man nennt sie Winterspargel oder auch „Spargel des armen Mannes“. Doch mit diesen Bezeichnungen tut man ihr Unrecht. Die Rede ist von der Schwarzwurzel, die sich jedoch nicht hinter Spargel verstecken muss – denn unter ihrer dunklen Schale verbirgt sich ein feines Wintergemüse. Hier gilt die umgekehrte Redewendung: Außen pfui und innen hui.
Vor ein paar Jahren noch fristete die Schwarzwurzel ein eher zurückhaltendes Dasein. Jetzt erlebt sie eine kulinarische Renaissance. Optisch zunächst nicht so ansprechend wie der Spargel, gibt es bei ihr nur selten Liebe auf den ersten Blick. Doch hat man sie erst einmal gekostet, zeigt es sich, dass der permanente Vergleich hinkt. Der Geschmack der Schwarzwurzeln erinnert nur leicht an Spargel. Sie schmecken würziger, leicht nussig und nicht so säuerlich. Gemeinsam ist den beiden Gemüsen, dass ihre Ernte aufwendig ist. Die etwa 20 Zentimeter langen Stangen der Schwarzwurzeln müssen ebenfalls einzeln aus der Erde gedreht werden. Hierbei muss sehr vorsichtig gearbeitet werden, denn schon kleine Verletzungen der Schale führen zum Austrocknen und geschmacklichen Verlust. Dieser Aufwand macht die Schwarzwurzel unwesentlich günstiger als Spargel.
Die Schwarzwurzel stammt aus Spanien und wurde früher als Heilmittel eingesetzt. Sie sollte gegen Schlangenbisse helfen. Erst ab dem 17. Jahrhundert wurde die Schwarzwurzel, die mit botanischem Namen Scorzonera heißt, als Gemüse angebaut, da man entdeckt hatte, dass unter der erdigen Hülle ein leckerer weißer Kern steckt. Die Wurzeln sind sehr gesund und enthalten neben den Vitaminen A, B1, B3, C und E sehr viel Kalium, Magnesium, auch Kalzium und Phosphor sowie Eisen. Hinzu kommen Glykoside, Asparagin und Inulin. Aufgrund des hohen Gehaltes an Inulin eignet sich die Schwarzwurzel auch für Diabetiker. Der Ballaststoff wird im Magen in Fructose (Einfachzucker) aufgespalten, was von Zuckerkranken gut verwertet werden kann. Außerdem hält Inulin die Darmflora aufrecht, wirkt Verstopfungen entgegen und kurbelt den Fettstoffwechsel an.
Schwarzwurzelblüte
Kaufen kann man die Scorzonera zwischen Oktober und April. Dabei sollte man darauf achten, dass die Schalen unbeschädigt sind, damit das Fleisch nicht austrocknet. Frische Schwarzwurzeln geben beim Anschneiden milchigen Saft ab. Vor ihrer Verarbeitung müssen die Wurzeln gründlich gewaschen und gebürstet werden. Danach kann man sie in Salzwasser dämpfen und anschließend die Schale abziehen. Alternativ können sie wie eine Möhre geschabt werden. Wenn man die geschälten Stücke nicht direkt kocht, legt man sie am besten in eine Schüssel mit Wasser und Essig oder Zitronensaft, damit sie sich nicht dunkel verfärben. Apropos färben: Beim Reinigen der Wurzeln und beim Entfernen der Schale sollte man Handschuhe tragen, damit die Finger nicht schwarz werden.
Schwarzwurzeln lassen sich sehr variantenreich zubereiten. Sie dienen als Beilage zu Fisch und Fleisch; man kann aus ihnen eine Vorspeise zaubern oder sie in Form eines Eintopfs oder Auflaufs als Hauptspeise auf den Tisch bringen.
BUCHTIPPS:
Kennen Sie Safier Kartoffeln, die Tomate Rheinlands Ruhm, den Maikönig, deutsche Riesentrauben oder die Znaimer Gurke? Diese und viele andere Gemüsesorten sind heute leider in Vergessenheit geraten. Sie werden in diesem sehr interessanten Standardwerk in fundierten Porträts vorgestellt. Man erfährt, woher die Gemüsesorten kommen und wie alt sie sind, wo sie angebaut wurden, wer sie entwickelt und gepflegt hat. Hinzu kommen Porträts von Menschen, die heute mit Raritäten arbeiten. Bei jeder Gemüsesorte ist eine Bezugsquelle angegeben. Das sehr schön und aufwendig gestaltete Buch ist weit mehr als nur ein Lexikon und jedem zu empfehlen, der auf Entdeckungstour gehen und vielleicht einen Beitrag zum Erhalt der vergessenen Gemüsesorten leisten möchte.
Ein interessantes Nachschlagewerk für Hobbygärtnerinnen und Gemüseköche.
Marianna Serena, Michael Suanjak, Franca Pedrazzetti, Beat Brechbühl, Das Lexikon der alten Gemüsesorten, 800 Sorten – Geschichte, Merkmale, Anbau und Verwendung in der Küche, AT Verlag, Herausgeber: ProSpecieRara, Arche Noah, ProSpecieRara Deutschland, Hortus, 4. Auflage, 2021, 672 Seiten, ISBN: 978-3-03800-620-6, 69,90 Euro
opinambur, Pastinake, Haferwurzel, Steckrübe, Schwarzwurzel – alte Gemüsesorten erleben heute ein Comeback. Und die alten Sorten bieten nicht nur etwas fürs Auge. Sie bereichern auch unseren Speisezettel und sind besonders im Winter eine willkommene Abwechslung zum ewigen Einerlei von Kohl, Kartoffeln, Karotten und Lauch. Dass alte Sorten gar nicht altbacken zu sein brauchen, beweisen die 100 einfachen und originellen Rezepte in diesem Buch. Mit einer übersichtlichen, praktischen Warenkunde.
Keda Black, Alte Gemüsesorten – neu gekocht, AT Verlag, 2. Auflage, 2012, Broschur mit Klappe, 192 Seiten, über 110 Farbfotos, ISBN: 978-3-03800-592-6, 22,90 Euro
Der Klassiker: Schwarzwurzeln in Rahm
Zutaten für 2 Personen:
3 EL Weißweinessig
1 EL Mehl
400 g Schwarzwurzeln
1 kleine Zwiebel
20 g Butter
1 EL Öl
Salz
Pfeffer
150 ml Schlagsahne
1 TL Bio-Zitronenschale (Abrieb)
2 TL Zitronensaft
2 EL Schnittlauchröllchen
Zubereitung:
Weißweinessig, Mehl und 1 l Wasser verrühren. Schwarzwurzeln gründlich waschen, schälen und beide Enden abschneiden. Die Wurzeln evtl. erneut abwaschen, danach in 1 cm dicke Stücke schneiden und ins Essigwasser legen, damit sie sich nicht verfärben. Die Zwiebel würfeln und in Butter/Öl glasig dünsten. Die abgetropften Schwarzwurzeln zugeben und 3 Minuten mitdünsten, salzen und pfeffern. Schlagsahne zugeben, aufkochen und bei milder Hitze 20 bis 25 Minuten köcheln lassen. Mit Zitronenabrieb und Zitronensaft abschmecken. Vor dem Servieren Schnittlauchröllchen darüberstreuen.