Als Kinder haben wir unser Taschengeld zu Herrn Roos gebracht. Er betrieb einen Kiosk an der Straßenecke und neben den Illustrierten, diversen Getränken und Tabakwaren standen in seiner Auslage dicke bauchige Gläser – randvoll mit Süßigkeiten. Da gab es bunte Seidenkissen für 1 Pfennig, Lakritzsalinos für 5 Pfennige, Bonbons, die wie Himbeeren aussahen und vieles, vieles mehr. Stückweise haben wir uns die Köstlichkeiten ausgesucht. Herr Roos hat sie dann mit einer Zange aus den Gläsern genommen und in eine kleine Papiertüte gegeben. Den Kiosk gibt es schon lange nicht mehr, aber die Leckereien von früher erleben gerade eine Renaissance. Eine süße Reise in die Kindheit:
Erinnern Sie sich noch an die Liebesperlen in den Babyfläschchen oder an Schleckmuscheln? Meine erste Schleckmuschel kaufte mir mein Großvater an der Ostsee an einem Strandkiosk. Sie schmeckte nach Honig und ich bekam bei jedem Schlecken Sand in den Mund. Lange Zeit hatte ich nicht mehr daran gedacht, doch vor Kurzem entdeckte ich in einem Diskounter eine Nostalgie-Tüte. Sie enthielt Süßigkeiten aus der Kindheit. Eine blaue Schleckmuschel mit grünem Innenleben, Ketten aus bunten Zuckerringen, Kirschlutscher, Liebesperlen und eine Candy-Uhr. Es fehlte leider einer der süßen Lippenstifte, die es in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen gab. Dafür waren Himbeerbonbons dabei – wie von Herrn Roos.
Was war das schön, als wir Kinder nach den Hausaufgaben oder manchmal sogar direkt nach der Schule bei Herrn Roos vorbeigegangen sind. Wenn er nicht im Kiosk war, konnte man neben dem Schiebefenster eine Klingel drücken. Dann kam er sofort, schob das Fenster auf – und musste dann jede Menge Geduld haben. Die Auswahl war nicht leicht. Alles sah lecker aus. Und 50 Pfennig waren natürlich schnell endlich. Es gab Tage, an denen konnte ich mich an Lakritze nicht satt essen. Dann wanderten Schnecken, die man so schön langziehen kann, Salinos und Salzbrezel in die Tüte. Die Salinos habe ich nicht einfach so gegessen: in den Mund und zack, weg. Nein, ich habe erst einmal genüsslich daran gelutscht. Ahoj-Brause – Orange, Zitrone, Waldmeister und Himbeere – war auch der Knaller. Man konnte sie nicht nur in Wasser auflösen und trinken, sondern wir haben einen Finger feucht gemacht, ihn in die Brausetüte und dann in den Mund gesteckt. Das prickelte.
Oder PEZ. Drei Buchstaben und die Welt ist für mich heute noch in Ordnung. Der Bonbonspender und die kleinen rechteckigen Bonbons sind nach wie vor eine Erfolgsgeschichte. Es gibt die Bonbons seit 1927 in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, heute kann man sie außerdem gluten- und lactosefrei genießen. 1962 war das Geburtsjahr des Spenders. Mickey Mouse, Captain America, Hulk, Asterix und Obelix und viele andere Comic-Figuren zierten ihn seitdem. Doch wie cool fühlten wir uns erst mit einer Schokoladen- oder Kaugummizigarette zwischen den Fingern. Nicht ohne Grund waren und sind sie umstritten. Kritiker werfen diesen Artikeln vor, die Empfänglichkeit für Nikotinabhängigkeit zu steigern.
Beliebt waren aber auch Schleckpulverstangen, Blumenlutscher, Brause-Ufos, Esspapier – und der Hubba Bubba. Mit dem leckeren Riesen-Kaugummi konnte man ganz wunderbare Blasen machen und er war später in Dosen ein beliebtes Give-away des Gastgebers an Kindergeburtstagen an seine Gäste. Kaugummi ist ein Stichwort, das mich auch an etwas anderes erinnert. Außer dem Kiosk von Herrn Roos zog mich nach der Schule der Kaugummiautomat auf dem Nachhauseweg magisch an. Nicht wegen der Kaugummis, sondern wegen der kleinen metallisch glänzenden Plastik-Fingerringe, die, wenn man Glück hatte, in der Ausgabe landeten.
(Susanne Rothe)
Fotos: pixabay.com, Just Like Honey, seromedia GmbH (6)