„Schmuck ist ein Ausdruck der Persönlichkeit“, sagt Peter H. Raths. Der Bonner Juwelier und Goldschmiedemeister ist bekannt für seine handgefertigten Schmuckstücke. Wir haben mit ihm über die Faszination Schmuck gesprochen.

Interview: Susanne Rothe

Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Für mich war es wichtig, dass ich kreative arbeite. An Goldschmied habe ich zunächst nicht gedacht. Mein Vater hatte eine Schneiderei, was mich sehr interessiert hat. Schon als Jugendlicher habe ich selbst geschneidert. Auf Anraten meines Vaters habe ich mich dann doch für den Beruf des Goldschmieds entschieden, was ich nie bereut habe.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
In erster Linie natürlich die Kreativität und damit zusammenhängend die Möglichkeit, fantastische Bodenschätze in Schmuckstücke umzuwandeln. Ich sehe einen Stein und habe sofort die Vorstellung, was man daraus fertigen kann. Vor allem, wenn man das Schmuckstück für eine Person fertigt, die sich damit vollständig identifiziert.

Das setzt Vertrauen voraus.
Ja, natürlich. Wenn eine Kundin zu mir kommt und sagt: „Kreieren Sie etwas für mich“, dann setzt das sehr großes Vertrauen voraus. Es ist nicht so, dass jeder Stein oder jedes fertige Schmuckstück zu jeder Kundin passt. Da muss man genau hinschauen. Schmuck ist ein Ausdruck der Persönlichkeit, wenn man das richtig getroffen hat, wandert der Schmuck auch nicht in den Tresor, sondern wird sehr gerne getragen.

Wer kauft denn den Schmuck? Frau oder Mann?
Früher hat der Mann für seine Frau Schmuck gekauft. Das ist heute anders. Zu 80 Prozent kommen beide gemeinsam, die Frau sucht sich dann ihren Schmuck aus. Frauen kaufen natürlich auch schon einmal für einen Mann Schmuck, aber das ist eher selten.

peter raths

Juwelier Peter H. Raths

Haben Sie einen Lieblingsedelstein?
Nein, da setze ich keine Prioritäten. Ein geschliffener Diamant hat natürlich immer eine fantastische Ausstrahlung. Farbige Edelsteine müssen zu dem Menschen, der sie trägt, passen. Das hat nicht nur etwas mit dem Wesen der Trägerin zu tun, sondern auch mit ihrem Hautton. Auf einer hellen Haut sieht zum Beispiel ein Rubin nicht immer optimal aus, dafür ist die Haut zu blass. Aber ein grüner Stein passt wunderbar, genauso wie zu rotem Haar. Man kann mit farbigen Steinen sehr schön spielen. Wichtig ist nur, dass die Trägerin sich mit ihrem Schmuckstück wohlfühlt und es mit Selbstbewusstsein trägt. Dann sehen auch konträre Farben gut aus, zum Beispiel Rot und Grün.

Bieten Sie nur selbst gefertigten Schmuck an?
Grundsätzlich entwerfe und fertige ich den Schmuck selbst. Ich biete nur dann Colliers und Armbänder von Herstellern an, wenn sie wirklich außergewöhnlich sind und ich sie in meinem Atelier nicht fertigen kann.

Woher kommen Ihre Kunden?
Ich habe viele Stammkunden aus dem Bonner Raum, aber auch aus dem benachbarten europäischen  Ausland.

Wie muss man sich den Weg vom Rohmaterial zum fertigen Schmuckstück vorstellen?
Das ist wahrscheinlich wie mit allen Kreationen. Man hat eine Idee und skizziert dies grob. Dann folgt der Entwurf, den unsere Goldschmiede umsetzen.

Was inspiriert Sie zu Ihren Entwürfen?
Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt. Viele Anregungen finde ich in der Natur und vor allem auch in der Architektur. Ich liebe geometrische Formen und diese finden sich dann bei den Schmuckstücken wieder. Dies ist charakteristisch für meinen Schmuck, daran wird er erkannt.

Haben Sie ein persönliches Lieblingsschmuckstück, das Sie entworfen haben?
Nein, für mich ist wichtig, dass die Besitzerinnen meinen Schmuck mit Freude tragen. Damit habe ich meine eigene Freude an dem Stück auf sie übertragen.

Designen Sie „nur“ oder fertigen Sie noch selbst?
Ich mache nach wie vor beides. Wenn ich selbst fertige, ist das für mich reine Entspannung.

Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten?
Da habe ich wie bei den Edelsteinen keine besonderen Favoriten. Platin und Gold sind die Grundlage. Ich arbeite aber auch gerne mit Stahl und Bronze. Stahl sieht sehr gut aus, wenn er geschwärzt wird. Beispielsweise durch die Kombination mit Platin und pastellfarbenen Ceylon-Saphiren entsteht ein sehr ausgefallenes Schmuckstück.

Was sind die kommenden Trends?
Warme Farbtöne bei Edelsteinen und Roségold zeichnen sich als Trend ab.

Lassen Sie sich davon leiten?
Ich setzte mit meinem Schmuck selbst Trends, greife aber natürlich auch Trends auf.

Was hat sich in den letzten Jahren in der Schmuckindustrie geändert?
Der technische Fortschritt hat natürlich auch in unserem Metier für Veränderungen gesorgt. Doch Kreativität und Handanfertigung sind zeitlos und immer aktuell.

Gibt es irgendeine Person, für die Sie gerne arbeiten würden?
Nein, die gibt es nicht. Ich freue mich über jede Person, die zu mir kommt und sich für unseren Schmuck interessiert. Manchmal kommen Menschen, die über Jahre hinweg gespart haben, um sich von mir ein Schmuckstück fertigen zu lassen. Das bedeutet mir sehr viel und bereitet mir ganz besondere Freude.

Wir stellen hier eine Ihrer jüngsten Kreationen vor. Eine ausgefallene Brosche aus Jade und Diamanten. Können Sie sich noch an Ihr erstes Schmuckstück erinnern, und was ist das Besondere an dieser Brosche?
Mein erstes Schmuckstück war ein Ring, den ich für meine Mutter im ersten Lehrjahr zu Weihnachten gemacht habe. Ein runder Labradorit in Gelbgold gefasst. Ich habe ihn heute noch. Die Brosche besteht aus einer historischen Scheibe in einer feinen, apfelgrünen, durchscheinenden chinesischen Jade. Sie wird von zarten Weißgold-Stegen begrenzt, die mit Vollschliff-Diamanten besetzt sind, die jeweils einen Millimeter Durchmesser haben. Die Diamanten sind „Fein-Weiß (FW) lupenrein“.

So entsteht ein Schmuckstück
jade

Skizze zur Gestaltung der Jadescheibe. Das Oberteil vor dem Fassen der Steine. Die Jadescheibe, bevor sie in die Fassung eingesetzt wird. Die Brosche mit 180 Brillianten ist fertig.

 

Fotos: © P. M. J. Rothe (6)