Ein Sprung zurück in die Vergangenheit der PC Games: Meine Eltern sind aus dem Haus. Zeit für ein Spiel. Ich habe ungefähr sechs Stunden, um dem Ende in derLava durch einen gewaltigen, zum Glück virtuellen Sprung zu entgehen. Ich will gewinnen. Dieses Mal schaffe ich es – nehme ich mir vor. Wenn man doch nur den Spielstand speichern könnte, um nicht immer wieder von vorn beginnen zu müssen. Es ist Sommer 1998 und da meine Eltern mir aktuell ein Spieleverbot erteilt haben, schalte ich die SEGA Mega Drive heimlich ein. So viele Stunden, die ich für das Game „Aladdin“ in 2D wahrscheinlich benötigen werde, darf ich normalerweise nicht zocken. Auf der Super Nintendo der Nachbarn ist die Lavawelt wesentlich einfacher zu bewältigen! Ein Blick auf die Computerspielbranche.
PC Games

Computerspiele

Grafik: © brgfx/freepik.com

Heute ist es kaum vorstellbar, dass es eine Zeit gab, in der man seine Fortschritte im Spiel nicht sichern konnte. Tatsächlich war die 16-Bit-Heimspielekonsole 1998 bereits knapp zehn Jahre alt und Spiele in 3D auf anderen Konsolen waren längst erhältlich. Die Geburtsstunde digitaler Spiele schlug Ende der 1950er Jahre an US-amerikanischen Universitäten. Der Computer war zu dieser Zeit ein Novum und technikbegeisterte Menschen konnten fast ausschließlich in solchen Einrichtungen damit experimentieren – ehe der Student Steve Russel 1962 mit „Spacewar!“ das erste Computerspiel entwickelte. Vergleicht man dieses Game mit dem bekannteren „Pong“, dem ikonischen Videotennis von 1972, oder so manchem Titel aus den 1980ern, erscheint „Spacewar!“ grafisch gar nicht so altbacken. Das Spielprinzip: Zwei Spieler steuern jeweils ein Raumschiff um einen Stern herum und versuchen sich gegenseitig abzuschießen. Gewinner ist derjenige, der das gegnerische Raumschiff mit seinem Geschoss trifft. Alternativ verliert der Spieler, dessen Schiff mit dem Stern kollidiert. Gar nicht so einfach, denn die Gravitationskraft des Sterns zieht sowohl Geschosse als auch Raumschiffe an.

Das goldene Zeitalter der Videospiele wird zwischen 1972 und 1983 datiert. In diesem Zeitraum füllten sich überall in den USA neue Spielhallen mit Arcade-Automaten wie von selbst mit Spielwütigen, die einen Highscore nach dem anderen jagten. Ganz vorne dabei waren Games vom Hersteller Atari. Zu den beliebtesten Konsolen für zu Hause zählten Intellivision von Mattel, die CBS ColecoVision sowie die legendäre Atari VCS 2600. Doch die junge Industrie in den USA brach innerhalb von zwei Jahren bis 1985 komplett zusammen. Der sogenannte „Video Game Crash“ war unter anderem die Folge von qualitativ minderwertiger Überproduktion von Games, die niemand mehr kaufte, zahlreichen inkompatiblen Spielesystemen und der Konkurrenz leistungsfähigerer und kostengünstigerer Computer.

LAN-Partys: Cola, Pizza und Computer

Kleiner Exkurs in Sachen Computer: LAN-Partys waren in den 2000ern ein Gaming-Highlight für viele, die sich für eine Nacht oder länger zusammenfanden, um im lokalen Netzwerk nach Herzenslust gemeinsam zu zocken – literweise Cola- und kiloweise Tiefkühlpizzaverzehr inklusive. Internet mit Teamspeak via Headphones war 2007 Dorfkindern wie meinen Freunden und mir nur begrenzt zugänglich – damit meine ich unter anderem mangelnde Ausrüstung aufgrund knapper Taschengeldkasse oder die unfertige Leitung im Moorgebiet. Den Fortschritt der Digitalisierung in Deutschland beobachteten wir lange aus der Distanz. Der logistische Aufwand dieser Zusammenkünfte war nicht ohne, mussten unsere Eltern doch riesige Röhrenbildschirme, PC-Tower, Kabelsalate, Steckerleisten und mehr im Auto transportieren. Die Vorteile eines mobilen Notebooks wurden den meisten von uns schmerzhaft bewusst, als jemand über die Hauptleitung stolperte und damit alles ausschaltete. Alles? Nicht ganz! Derjenige, der ein Notebook besaß, fand sich als einziger Überlebender im Shooter Game wieder und jubelte noch tagelang über seinen geschenkten Sieg.

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Aladdin

Aladdin, © Virgin Interactive Entertainment (Europe) Ltd.

„It’s-a me, Mario!“ – der japanische Siegeszug

Verlassen wir die LAN-Partys und schauen, wie es mit den Games weiterging.Woran erinnert der bisher erfolgreichste Film dieses Jahres? – „Barbie“ befindet sich derzeit auf der Überholspur. – Er erinnert an das Jahr 1985: Ein kleiner Klempner mit roter Mütze springt und rennt auf Millionen Bildschirmen von links nach rechts, tritt Pilze aus dem Weg, um eine Prinzessin vor einem bösen Dino zu retten. „Super Mario Bros.“ von der japanischen Firma Nintendo ist zweifellos das erfolgreichste Jump-’n‘-Run-Spiel der Geschichte. Rund 200 verschiedene Versionen des Evergreens wurden bis heute über 300 Millionen Mal verkauft. Damit einher ging die Spielsteuerung mithilfe eines Gamepads, das mehr und mehr die bisher üblichen Joysticks ablöste.

Anfang der 1990er sorgten neue Prozessoren für immer detailliertere Grafikwelten und digitale Klänge. Schließlich waren Ausflüge in den dreidimensionalen Raum möglich und eine neue Ära wurde eingeläutet. 1994/95 erschien eine Generation mit 32-Bit-Konsolen und das neue Speichermedium CD kam auf den Markt. Diese hatte genug Platz für aufwendige Filmsequenzen und Soundtracks, wodurch sich Sony mit seiner Playstation einen Namen machte. Auch wenn die Konkurrenz wieder global ist, gehören japanische Videospielehersteller nach wie vor zur Spitzenklasse in der Branche.

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Es gibt nichts, was es nicht gibt

1996 feierte die Videospiel-Ikone Lara Croft in „Tomb Raider“ ihren Einstand als Prototyp des modernen 3D-Action-Adventures. Die Ankunft der weiblichen Indiana Jones auf den Heimkonsolen und PCs trat eine nie endende Weiterentwicklung des Genres los. „Tomb Raider“ selbst wird stetig wiederbelebt und für neue Generationen von Spielern attraktiv gemacht. Nichtsdestotrotz lassen sich Spieler auch heute noch von simplen Spielprinzipien oder altbackener Körnchengrafik begeistern. „Minecraft“ etwa zeigt eine aus Blöcken zusammengesetzte Landschaft, in der man die Blöcke zertrümmern, neue Bausteine setzen und somit fantastische Bauwerke errichten kann. Das kurioseste Worldbuil-ding stellt der detailgetreue Nachbau von Tolkiens Mittelerde dar. Fast ein Jahrzehnt verbaute die Community Millionen einzelner Klötzchen, bis deren Version von Mittelerde eine Größe von 870 Quadratkilometern umfasste!

Das Synonym für Online-Rollenspiele heißt „World of Warcraft“ (kurz: WoW). Genauer gesagt ist es ein sogenanntes MMORPG, was für Massively Multiplayer Online Role-Playing Game steht, das über zehn Millionen Spieler begeistert. Sie schlüpfen seit 2004 beispielsweise in die Rolle eines menschlichen Kriegers aufseiten der Allianz oder in die einer zaubernden Blutelfe, die für die verfeindete Horde kämpft. Das sind jedoch nur Rahmenbedingungen einer größeren Erzählung, innerhalb derer verschiedene Wesen Abenteuer erleben, Quests absolvieren, Artefakte sammeln, gegeneinander und miteinander kämpfen, diverse Fähigkeiten erlernen … Auch hier hat sich die kunterbunte Grafik seit dem Launch kaum verändert, ebenso wenig wie der unwiderstehliche Charme des Spiels.

Online und Next Gen

Das Xbox-Spiel „Halo“ legte 2001 in Verbindung mit Microsofts wegweisendem Online-Service Xbox Live den Grundstein für Online-Gaming-Trends im Konsolenbereich. Die Xbox 360 vier Jahre später und die Playstation 3 ein weiteres Jahr darauf setzten von Beginn an auf die Online-Anbindung, während sich auf dem Markt HD-Fernseher, die die immer höher auflösenden Grafiken der Games wiedergeben konnten, etablierten. Indes verblüffte Nintendo mit seiner neuen Wii-Konsole. Auf dieser waren nicht mehr nur Knöpfe und Steuerknüppel vorhanden, sondern es gab ein innovatives Bewegungssteuerungskonzept, mit dem eine völlig neue Zielgruppe erschlossen werden konnte. Selbst die besten „Pros“, die bei „Mario Kart 64“ jede noch so absurde Abkürzung mit zwei Daumen nehmen konnten, mussten plötzlich ihre ganzen Arme einsetzen – eine schweißtreibende Umgewöhnung, die sich aber für die Hersteller lohnt.

Die nächste Generation oder auch „Current Next Gen“ ist ganz prominent vertreten durch die Playstation 5, die direkt nach Veröffentlichung aufgrund des weltweiten Chipmangels und überwältigender Nachfrage (teils verschuldet durch Schwarzmarktakteure) monatelang nicht lieferbar war. Regnet es im Spiel, also ingame, dann prickelt die Haut durch feinste ungleichmäßige Vibration am Controller.

gamescom 2023

gamescom 2023

Fotos: © Koelnmesse / gamescom / Harald Fleissner

gamescom 2023

gamescom

Fotos: © Koelnmesse / gamescom / Harald Fleissner

Standort Deutschland

Haben Sie schon einmal mithilfe einer VR-Brille in einem virtuellen Raum mit vollem Körpereinsatz gezockt? Unbedingt ausprobieren! Virtual Reality versetzt uns ganz und gar in eine andere Welt und schafft völlig neue Perspektiven, nicht nur in der Unterhaltungsbranche. Es ist die Zukunft. Hier scheint selbst die Politik das Potenzial zu erkennen und lässt sich immer häufiger auf Großveranstaltungen wie der „gamescom“ in Köln blicken. Zuletzt waren unter anderem Wirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst dort. Die „gamescom“ versammelte in diesem Jahr 320.000 Besucher aus über 100 Ländern, tausende Cosplayer schlüpften in aufwendig kreierte Kostüme ihrer Lieblingsspielfiguren, hinzu kamen 180 Millionen digitale Zugriffe auf das Showprogramm weltweit. Laut Felix Falk, Geschäftsführer vom game-Verband der deutschen Games-Branche, ist die „gamescom“ größer, vielfältiger und internationaler als jemals zuvor. Neue Partner aus dem Streaming-Bereich wie Netflix oder Disney+ hätten ebenso zur gewachsenen Vielfalt beigetragen. Die Vernetzung verschiedener Unterhaltungsbranchen wird tatsächlich immer dynamischer und dürfte uns in Zukunft noch überraschen.

Ein Spiel darf hier nicht fehlen, denn es war das erste für unterwegs: „Tetris“ zeichnet sich seit 1989 durch leichte technische Voraussetzungen und geringere Zeitinvestition aus. Alexei Paschitnow entwickelte „Tetris“ als elektronische Ausgabe seines Lieblingspuzzles. Nachdem Nintendo die Rechte kaufte, verhalf dieses Game seiner mobilen Spielekonsole Game Boy zum Durchbruch.

In der Gesellschaft angekommen

Die digitalen Spiele sind ein perfektes Sinnbild für technischen Fortschritt. Herausforderungen werden mit unglaublicher Geschwindigkeit gelöst. Immer höher, immer weiter, immer besser. Inhaltlich ist es längst so, dass nicht mehr nur beliebte Kinofilme eine Adaption fürs Gaming erhalten, sondern umgekehrt. Hervorheben kann man etwa den Computer- und Videospielkonzern Activision Blizzard, dessen Ingame-Filmsequenzen hollywoodreif sind. Spiele wie „Diablo“, „The Last of Us“, „The Witcher“ oder „Final Fantasy“ präsentieren epische Geschichten. Games sind zu Räumen geworden, in denen man der Fantasie nachgeben kann, das mentale wie physische Können auf die Probe gestellt und eine Verbindung zu anderen Menschen hergestellt wird. Der virtuelle Raum ist ein interaktiver Treffpunkt – über Grenzen hinweg.

Zurück zum Anfang: Den rettenden Sprung in der Lavawelt von „Aladdin“ habe ich bis heute nicht geschafft, zumindest nicht auf der Konsole, bei der mir meine Eltern nach ihrer Rückkehr den Stecker zogen. Einige Jahre später ermöglichte mir ein Emulator des Games für den PC, den Spielstand abzuspeichern, wodurch ich meine Spielstunden allein in diesen Sprung investieren konnte – mit Erfolg!
(Bryan Kolarczyk)

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Diablo, © 2023 Blizzard Entertainment, Inc. All rights reserved.

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