Mittlerweile ist die Reiselust der Deutschen fast wieder so groß wie vor Corona, denn trotz Pandemie, Krieg, Klimawandel und Inflation möchten die wenigsten auf die Vorzüge von Reisen und Urlauben verzichten. Neben einem höheren Bedürfnis nach Sicherheitsvorkehrungen hat sich das Reiseverhalten auch hin zu einer bewussteren Art von Reisen entwickelt. Eine Mission, die auch der Kölner Reiseveranstalter itravel verfolgt. Als Anbieter für hochwertige und nachhaltige Individualreisen in 96 Zielgebieten weltweit arbeitet itravel direkt mit lokalen Anbietern in den Reiseländern zusammen, um die ökologisch und sozial fairsten Bedingungen zu schaffen und gleichzeitig den Reisenden einzigartige und unvergessliche Erlebnisse zu ermöglichen. Wir sprachen mit Geschäftsführer Axel Schmiegelow über Nachhaltigkeit, Kooperationen mit National Geographic und was den Tourismus der Zukunft eigentlich ausmacht.
Das Dorf Kwamalasamutu hat rund 800 Einwohner.
Herr Schmiegelow, welche Reise hat bisher die stärksten Eindrücke bei Ihnen hinterlassen?
Ich habe das große Glück, dass ich schon seit meiner Kindheit viele wunderschöne Orte bereisen durfte. Vor einigen Monaten habe ich Suriname in Südamerika besucht und es hat mich zutiefst beeindruckt. Mit 93 Prozent Regenwaldfläche ist es das grünste Land der Welt und ein absolut naturbelassenes Paradies am Atlantik an der Grenze zu Guyana, Brasilien und Französisch-Guyana. Wenn der Nebel über den Baumkronen aufsteigt und sich zu Wolken bildet, sieht man unseren Planeten atmen. Dieses Naturschauspiel ist unglaublich berührend. Das kleinste Land Südamerikas ist ein echter Geheimtipp für Abenteurer und Naturliebhaber. Leider droht Suriname das gleiche Schicksal wie dem brasilianischen Amazonas-Regenwald, der seit Jahrzehnten Brandrodung, Rindergehegen, Sojafarmen und Goldminen weichen muss. Ein nachhaltiger Tourismus könnte der Zerstörung Einhalt gebieten und der Bevölkerung neue wirtschaftliche Perspektiven eröffnen. Das haben wir uns zur Aufgabe gemacht.
Das bedeutet?
Dass der klassische Massentourismus nicht das Modell der Zukunft sein kann. Das ist mir schon lange bewusst. Zum einen, weil viele individuelle Kundenwünsche gar nicht berücksichtigt werden können und die echten, authentischen Reiseerlebnisse, die man oft ein Leben lang nicht vergisst, so leider auf der Strecke bleiben. Zum anderen, weil Tourismus dieser Art sehr viel Schaden anrichten kann. Sowohl ökologisch als auch in Bezug auf soziale Gerechtigkeit. Unser Bestreben war und ist es, ein Modell zu entwickeln, welches exklusive, individuell auf Kundenwünsche zugeschnittene Reisen ermöglicht und dabei gleichzeitig nachhaltig ist. Kurz gesagt: eine Form des Tourismus zu fördern, die keinen Teil des Problems, sondern einen Teil der Lösung für unsere Zukunft darstellt.
Passen Nachhaltigkeit und Tourismus denn überhaupt zusammen?
Durch die breite Sensibilisierung unserer Gesellschaft durch Bewegungen wie Fridays for Future und leider auch durch die immer dichter aufeinanderfolgenden Umweltkatastrophen als Folge des menschengemachten Klimawandels gibt es mittlerweile ein starkes Bewusstsein dafür, dass umweltschonendes und sozial gerechtes Handeln in allen Lebenslagen unabdingbar ist, wenn wir unsere gemeinsame Welt lebenswert halten möchten. Insofern ist es aus meiner Sicht auch alternativlos, neue Konzepte für die Reisebranche umzusetzen. Die gute Nachricht: Tourismus und Nachhaltigkeit schließen sich keineswegs aus, wenn wir umsichtiger mit unseren Ressourcen umzugehen lernen und einige Grundsätze beachten. Es geht nicht darum, auf alles zu verzichten, sondern ein Bewusstsein zu schaffen. Bei der Erstellung unserer Reiseangebote gehört dazu, dass wir stets mit der Bevölkerung vor Ort auf Augenhöhe im Dialog sind und mit der Schaffung von alternativen Einnahmequellen für Einheimische eine nachhaltige Tourismus-Entwicklung vorantreiben. Wer darauf achtet, seinen nachhaltigen Urlaub bei einem Reiseveranstalter zu buchen, der ohne Zwischenhändler mit Partnern vor Ort zusammenarbeitet, der trägt Sorge dafür, dass auch die Menschen vor Ort direkt und ohne Umwege vom Tourismus profitieren.
Aber Suriname liegt mehr als 13 Flugstunden von Köln entfernt – wie kann eine solche Reise wirklich nachhaltig sein?
Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit sind Reisen in gewisse Länder und Regionen wie Suriname sogar notwendig. Denn durch die stetig voranschreitende Abholzung der Regenwälder wird einer der größten natürlichen CO2-Speicher der Erde zerstört und das in den Wäldern gebundene Kohlendioxid freigesetzt, was wiederum zur Erderwärmung beiträgt. Um das zu verhindern, ist es unerlässlich, der Bevölkerung vor Ort eine alternative Einnahmequelle zu Palmöl, Soja, Tropenholz oder illegalem Goldtagebau zu bieten. Leider haben viele Dorfgemeinschaften in Suriname keine Alternativen zu der Arbeit und dem Einkommen, die zum Beispiel die Goldminen bieten. Gemeinsam mit der Non-Profit-Organisation Conservation International (CI) sind wir nach Suriname gereist, um die indigenen Tiriyós zu treffen und einen solchen Tourismus vor Ort zu entwickeln. Die Tiriyó wollen nicht, dass der Regenwald zerstört wird. Das ermutigt uns, europäischen Touristen hier eine neue Reiseperspektive zu eröffnen, der indigenen Bevölkerung gleichzeitig eine eigenständige Einnahmequelle zu bieten – und so gemeinsam die einzigartige Natur zu schützen und eine Zukunft für die kommenden Generationen aufzubauen. Dabei muss ein Besuch nach klaren und respektvoll einzuhaltenden Regeln erfolgen.
Dschungel-Abenteuer an einem der entlegensten und wildesten Orte Surinames
Flamingos
Die Tiriyó gehören zu den größten indigenen Völkern Surinames.
Was sollten Reisende bei der Urlaubsplanung beachten?
Schon bei der Auswahl des Ziellandes können Reisende einen Unterschied machen. Manche Länder dieser Erde setzen sich zum Beispiel besonders für den Umweltschutz ein. So hat Namibia den Naturschutz sogar im Grundgesetz verankert und das Klimavorbild Costa Rica das ehrgeizige Ziel, ein klimaneutrales Land zu werden. In anderen Ländern wiederum erhalten die oft einzigartige Natur- und Tierwelt durch Besucher eine Bedeutung – erst der Tourismus macht den Erhalt von Flora und Fauna erstrebenswert. Ein Beispiel hierfür ist Borneo. Darüber hinaus kann man sich bewusst für umweltfreundliche Unterkünfte entscheiden, Aktivitäten vor Ort sorgsam planen und hier auf die Angebote der Einheimischen zurückgreifen, Ressourcen schonen, keinen Müll hinterlassen und sich auch über die Kultur im Reiseziel informieren und wann immer möglich, die lokale Wirtschaft unterstützen. Nachhaltiges Reisen ist mit der richtigen Planung für uns alle möglich.
Axel Schmiegelow, Geschäftsführer
Sie arbeiten auch mit National Geographic Expeditions zusammen …
Richtig, wir sind ein langjähriger Partner von National Geographic Expeditions. Die Expeditionen stehen im Geist der großen Abenteurer und Forscher, die neugierige Reisende rund um den Globus führen. Die außergewöhnlichen Rundreisen werden von Experten begleitet, die über tiefgreifendes Fachwissen zum Zielland verfügen und die Reise mit ihrer Leidenschaft für Fotografie oder Wissenschaft bereichern. Ein Teil der Einnahmen geht an die National Geographic Society, die sich durch die Förderung von Wissenschaftlern und Forschern dafür einsetzt, unseren Planeten und seine Bewohner zu erhalten, zu schützen und noch besser kennenzulernen.
Haben Sie noch einen Geheimtipp für unsere LeserInnen?
Nicht nur einen! (lacht) Eine meiner häufigsten Empfehlungen an Freunde und Bekannte ist die Kombination aus La Réunion und Mauritius, weil es die perfekte Mischung aus Abenteuer und Erholung bietet. Während man sich in La Réunion, das zu Frankreich gehörend als südlichster Punkt Europas gilt, zwischen Vulkanen, rauschenden Wasserfällen, duftenden Gewürzgärten und einer faszinierenden Artenvielfalt auf spannende Entdeckungsreisen begibt, lädt Mauritius zu vollkommener Entspannung und Erholung ein. Außerdem findet man hier einige der besten Tauchreviere der Welt. Noch ein Tipp für Abenteurer: Ein Segeltörn mit dem Katamaran durch die Andamanensee in Thailand ist auch ein absolutes Highlight. Zu diesem exklusiven Inselhüpfen gehören paradiesische Strände, Kajakfahrten durch Mangrovenwälder und tropische Wunder der Natur abseits viel beschrittener Pfade.
Der Voltzberg ist ein 240 Meter hoher, zum Teil kahler Granit-Inselberg.
Rote Ibisse (Scharlachsichler)
Raleigh-Wasserfälle
Fotos: itravel (8)