Ende des 17. Jahrhunderts war im Rheinland viel los. In Köln wurde ein neuer Erzbischof gewählt und der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. setzte alles daran, um seine Interessen und seinen Favoriten durchzusetzen. Er schickte Truppen ins Rheinland, die plünderten und brandschatzten. Bonn ging in Flammen auf und auch das idyllische Bad Honnef war schwer betroffen. Vor diesem historischen Hintergrund schickt die Bad Honnefer Autorin Martina Walter die Winzerstochter Flora in die Weinberge, wo sie um ihre Zukunft kämpft. Die Kunsthistorikerin hat in ihrem Debütwerk Realität und Fiktion geschickt miteinander verwoben und einen spannenden historischen Roman über den Weinbau, das Leben im Rheinland und die Liebe geschrieben. Wir haben Martina Walter in Bad Honnef besucht und mit ihr über die „Winzerstochter vom Rhein“ gesprochen.

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Roman zu schreiben?
Es mag jetzt überraschend klingen, aber ich wollte ausprobieren, ob ich es kann. Es war in einer Lebensphase, in der ich dazu Zeit hatte. Die Kinder waren aus dem Haus, und ich bin für ein paar Jahre mit meinem Mann nach Wien gegangen. Ich habe es einfach versucht.

Warum haben Sie einen historischen Roman geschrieben, der dann Ende des 17. Jahrhunderts spielt?
Geschichte hat mich mein Leben lang begeistert. Ich habe Kunstgeschichte und Romanistik studiert und so kam nur ein historischer Roman infrage. Ich habe nie an etwas anderes gedacht. Außerdem sollte der Roman in Bad Honnef spielen. Wir wohnen hier seit 28 Jahren und ich wollte den Ort den Lesern näherbringen. Warum ich mich für die Jahre 1688/1689 entschieden habe, hängt mit dem Pfarrer der Kirche St. Johann Baptist zusammen. Die Aufzeichnungen von Franz Xaver Trips waren der Ausgangspunkt für mein Buch.

Wie hat sich der Roman von dem Wunsch ausgehend, ihn zu schreiben, bis zur ersten Seite entwickelt?
Bei einem historischen Roman muss man natürlich erst einmal gründlich recherchieren. Dazu habe ich das ganze 17. Jahrhundert beleuchtet:
Was war damals in Bad Honnef los, was war im Rheinland und in ganz Europa los? Das hat mich auch als Kunsthistorikerin sehr interessiert. Ludwig XIV. zum Beispiel spielte eine wichtige Rolle, denn die Franzosen besetzten das Rheinland. 2011 habe ich mit meinen Recherchen begonnen und benötigte dann aber länger, als ich zunächst glaubte. 2017/18 habe ich angefangen zu schreiben und nach einem Verlag gesucht.

Der Lübbe Verlag nahm Sie als Neuling direkt ins Programm. Das ist nicht selbstverständlich.
Oh ja, das war sicherlich ein Riesenglück, dass mein Manuskript der Lektorin gefiel. Letztendlich haben zwei Lektorinnen das Buch betreut. Eine war nur für die historischen Fakten zuständig.

Sie haben lange an Ihrem Buch gearbeitet, haben Sie nie die Lust verloren?
Nein, mich drängte ja nichts. Immer wenn ich Zeit hatte, habe ich weiter geschrieben. Es war nicht ganz einfach, sich immer wieder in den Stoff hineinzuversetzen. Aber ich wollte auf jeden Fall den Roman zu Ende bringen. Mein Mann hat dann die erste Fassung gelesen, hätte er gesagt „es ist Mist“, hätte ich es wahrscheinlich gelassen. Es ist sehr wichtig, dass jemand mit neutralem Blick draufschaut.

Autorin Martina Walter
Autorin Martina Walter

War es für Sie von Anfang an klar, eine Frau in den Mittelpunkt zu stellen?
Ja, das war klar. Die Heldin sollte eine Frau sein. Denn natürlich werden solche Romane auch hauptsächlich von Frauen gelesen. Die Erzählung rund um die Winzerstochter ist rein fiktiv. Aber von Anfang an hat mir das Thema Wein gefallen. Weinbau wurde hier in der Region immer betrieben. Da Frauen mitgearbeitet haben, war es nicht schwer, eine Heldin zu entwickeln. Eine starke Frau, die auch ihren Mann steht. 

Kennen Sie sich mit Weinbau aus?
Zunächst einmal trinken wir gerne Wein. Wein ist durchaus etwas Positives. „Der Wein erfreut des Menschen Herz“ (Psalm 104, 15), heißt es in einem der Psalmen in der Bibel. Aber ich habe mich auch über den Weinbau informiert. Ich habe zum Beispiel gelernt, dass in der Zeit, in der meine Geschichte spielt, der rheinische Wein exportiert wurde und für die Region ein wichtiger Erwerbszweig war.

Was war bei diesem Projekt Ihre persönliche Herausforderung?
Erst einmal, es durchzuhalten. Ken Follett hat einmal gesagt: Zum Schreiben braucht man drei Dinge. Fantasie, Freude an der Sprache und Hartnäckigkeit. Das Schwierigste war wirklich, am „Ball“ zu bleiben. Es ist nicht so, als ob man mal eben locker, flockig schreibt. Der sogenannte Flow ist nicht jeden Tag vorhanden. Doch wenn er da ist, verspürt man ein richtiges Glücksgefühl. Ich hatte eine Struktur, die ich abgearbeitet habe, und habe mir genau überlegt, was wann kommt. Ich habe festgestellt, dass Schreiben zum großen Teil Handwerk ist. Eine besondere Herausforderung gab es, nachdem ich das Manuskript beim Verlag eingereicht hatte: Es waren zu wenige Seiten. Bei einem historischen Roman muss man mindestens 300 Seiten haben, meiner lag unter dieser Normseitenzahl. Ich habe daher einen ganz neuen Erzählstrang erfunden und ihn schlüssig in die Handlung einarbeiten müssen.

Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Roman aus?
Das ist in erster Linie Geschmackssache. Für mich muss ein Buch unterhaltsam und anregend sein. Es muss auch den Horizont erweitern oder neue Ideen aufzeigen. Mein aktueller Lieblingsautor ist Colson Withehead, der für seine Rassismus-Dramen bekannt ist. Seine Bücher sind trotz der brisanten Thematik die richtige Mischung zwischen unterhaltsam und spannend.

Die Kirche St. Johann Baptist am Bad Honnefer Marktplatz
Die Kirche St. Johann Baptist am Bad Honnefer Marktplatz
Das Haus des Gerichtsschreibers – heute Kunsthaus Menzel – in der Kirchstraße
Das Haus des Gerichtsschreibers – heute Kunsthaus Menzel – in der Kirchstraße
Das Turmgebäude des Bischofshofs ist im Kern noch erhalten. Es wurde im 19. Jahrhundert zur heutigen Form erweitert. Heute ist es Teil der Internationalen Hochschule.
Das Turmgebäude des Bischofshofs ist im Kern noch erhalten. Es wurde im 19. Jahrhundert zur heutigen Form erweitert. Heute ist es Teil der Internationalen Hochschule.
Das Eingangstor des früheren Bischofshofs in der Mülheimer Straße
Das Eingangstor des früheren Bischofshofs in der Mülheimer Straße

Welches Genre lesen Sie selbst gerne?
Ich lese sehr gerne historische Sachbücher. Gerade lese ich eins über Burgund. Ich lese aber auch Romane von Ken Follett und Dan Brown. Und der Klassiker Thomas Mann geht immer.

Wird es von Ihnen einen neuen Roman geben?
Ich probiere es noch einmal. Ob das wirklich etwas wird, das weiß ich noch nicht. Aber ich habe Lust bekommen, noch ein Buch zu schreiben. Ich habe auch schon Ideen.

Welche?
(lacht) Die verrate ich noch nicht. Es wird aber auf jeden Fall wieder einen lokalen Bezug geben.
(Susanne Rothe)

Fotos: P. M. J. Rothe (5)

DAS BUCH

Die junge Winzerstochter Flora und ihr Vater bangen um ihre Zukunft. Der Besitzer des Zenningshofs, den sie am Fuße des Siebengebirges gepachtet haben, ist plötzlich gestorben, und sein Sohn und Erbe möchte den Hof verkaufen. Als er dort persönliche Erinnerungen an seine Kindheit findet, ändert er jedoch seine Pläne. Nicht ganz unschuldig daran mag auch seine Begegnung mit Flora sein. Doch Flora hat bereits einen Verehrer – und ganz eigene Pläne. Sie möchte Winzerin werden und den besten Wein des Rheinlandes anbauen. Als dann auch noch die Franzosen das Rheinland besetzen, muss Flora die wichtigste Entscheidung ihres Lebens treffen …

Martina Walter, Die Winzerstochter vom Rhein, Lübbe, Taschenbuch, 335 Seiten, ISBN: 978-3-404-18454-5, 11,00 Euro

Martina Walter Die Winzertochter

LESUNGEN

Lesung im Rahmen des LeseFestes Bad Honnef (insgesamt fünf Autoren),
ehem. Konrad-Adenauer-Schule, Rheingoldweg 16
28. April 2022, 19 Uhr,
Eintritt frei, Spende

Lesung im „Eselstall Königswinter“, Drachenfelsstraße 16a, Königswinter
12. Mai, 19 Uhr, Eintritt 8 Euro

Lesung in der „Rhöndorfer Heimatstube“ (Bürger- und Ortsverein Rhöndorf e.V.)
„Schreckliche Zeiten – Honnef und Rhöndorf im ausgehenden 17. Jahrhundert. Zum historischen Hintergrund des Romans „Die Winzerstochter vom Rhein“.
Löwenburger Straße 28, Bad Honnef/Rhöndorf
18. Mai 2022, 19 Uhr, Eintritt frei, Spende

Anmeldungen zu diesen Veranstaltungen sind erforderlich. Alle Terminangaben sind ohne Gewähr.