„Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich das wunderschöne Zitronenservice entdeckt habe!“ Und so plötzlich wie die Liebe entflammte, genauso plötzlich griff Jeanette Gebauer zum Pinsel und entwarf ihre ersten eigenen Porzellanteller. Heute findet man die Porzellan-Unikate der Bonnerin als kunstvollen Dekor auf der Kommode sowie auf Esstischen. Es sind Kunstobjekte, die aber auch im täglichen Gebrauch zu finden sind. Auf nationalen und internationalen Messen und Veranstaltungen begeistert Jeanette Gebauer Designliebhaber weltweit. Wir haben die Designerin in ihrem Showroom getroffen und uns mit ihr über ihre Kunst und die Wertschätzung der kleinen Dinge im Leben unterhalten.
Von Sandy Niedobecki
Der Showroom von Jeanette Gebauer ist geschmackvoll eingerichtet. Er befindet sich im Wohnhaus der Designerin – Rheinblick inklusive. Schnell wird klar: Details spielen eine wichtige Rolle. Anstelle herkömmlicher, runder Knöpfe schmücken kleine Seepferdchen die Kommode im Showroom. Türkis verzierte Teller unterstreichen die Schönheit der gleichfarbigen Couchgarnitur im Wohnzimmer. Der träge vorbeiziehende Strom bietet eine imposante Naturkulisse. „Alles um mich herum, entsteht aus Liebe und Leidenschaft zu schönen Dingen“, so die Bonnerin.
Die Porzellandesigns sind vielfältig und reichen von Jagdmotiven mit Füchsen, Hirschen und Hasen über allerlei Meeresbewohner bis hin zu Szenen aus dem Wintersport. „Die Farbe wird in die Glasur eingebrannt. Das ist der Unterschied zu vielem dekorativen Porzellan von heute, bei dem die Motive per Folie aufgetragen werden.“ Das von Hand bemalte Porzellan von Jeanette Gebauer wird aufwendig bei bis zu 1.400 Grad Celsius im Brennofen gebrannt. Der Prozess dauert ganze 30 Stunden und macht das Porzellan absolut spülmaschinenfest. Da man nie genau sagen kann, wie sich die Farbe im Ofen verhält, ist das ein spannender Prozess: „Selbst bei gleichem Motiv gleicht keine Schale der anderen – es sind alles Unikate!“
Angefangen hat alles vor über 18 Jahren bei einem Urlaub auf der Insel Ischia. An einem der letzten Tage auf der Insel hat Jeanette Gebauer ein wunderschönes Service mit Zitronen-Dekor entdeckt und sich direkt verliebt: „Aufwendig gestaltetes Porzellan aus den südlichen Ländern hat mich schon immer begeistert. Während ich früher allerhand Teller und Schalen im Flugzeug transportiert habe, gestaltete es sich diesmal schwierig. Ich hatte meinen eineinhalbjährigen Sohn dabei – samt Kinderbett und vielen anderen Dingen, die ich bereits auf der Insel erworben hatte.“ Die Urlauberin beschloss, das Service schweren Herzens zurückzulassen. „Zuhause habe ich mich geärgert, denn damals war es nicht einfach, etwas so Schönes wiederzufinden.“ Die Bonnerin kaufte kurzerhand schlichtes weißes Porzellan und entwarf ihre ersten eigenen Dekors: „Eine neue Passion war entstanden, die mich bis heute nicht losgelassen hat.“ Anfangs hat Jeanette Gebauer vor allem Tauf- und Hochzeitsteller entworfen. „Es war eine Zeit, in der auch Freunde und Bekannte heirateten, eine Familie gründeten und man gerne etwas Besonderes schenken wollte.“
„Aufwendig gestaltetes Porzellan hat mich schon immer begeistert.“
Mit der Zeit nahm das Porzellandesign einen immer größeren Raum im Leben der zweifachen Mutter ein, die ursprünglich Musik und Sport studiert hat. „Ich wollte auf dem internationalen Markt Fuß fassen“, erzählt sie. Durch den Zuschlag eines Förderprogramms der Messe Ambiente in Frankfurt bot sich ihr vor acht Jahren diese Chance: „Als ich die Zusage bekommen habe, habe ich mich sehr gefreut und war auch ein wenig stolz.“ Die Reaktion der Messebesucher war sehr positiv: „Die Begeisterung für mein Porzellan hat mich förmlich umgehauen und mich auf meinem Weg bestätigt!“ Bis heute besucht die Designerin regelmäßig nationale und internationale Messen und Veranstaltungen: „Ich liebe es, mit meinen Kreationen an unterschiedlichen Orten und auf Ausstellungen präsent zu sein. So lerne ich viele interessante Designer und Menschen kennen. Es ist außerdem ein sehr schönes Gefühl, dass meine Kreationen nun ihren Weg in die Welt hinaus finden.“ Die kreativen Designs der sympathischen Blondine sind mittlerweile weltweit gefragt. Besonders die Doppelschalen – ein Teil des Motivs befindet sich auf der einen Schale, ein zweiter Teil auf der anderen – seien sehr beliebt: „Der rote Lobster ist sozusagen mein Rolls-Royce und wird immer wieder geordert.“ Auf Anfrage sind alle Designs in anderen Farben oder abgeänderten Versionen möglich. Auch Wandfliesen und personalisierte Motive gestaltet Jeanette Gebauer: „In Zusammenarbeit mit Innenarchitekten und Raumausstattern entwerfe ich spezielle Schalen oder Fliesen für Hotels. Für einen Kunden beispielsweise habe ich neulich Hai-Motive auf Doppelschalen umgesetzt.“
Damit nicht genug der Kreativität: Neben ihrem Porzellan bietet die Designerin nach ihren Entwürfen gefertigte Mode an. „Genauso wie für Porzellan, habe ich eine Leidenschaft für schöne Stoffe. Ich bin ein sehr großer Fan von Kleidern der 1950er und 60er Jahre, die echte Schmuckstücke waren!“ Auf der Suche nach besonderen Kleidungsstücken ist Jeanette Gebauer jedoch immer schwerer fündig geworden: „Ich habe dann begonnen, für mich selbst Kleider machen zu lassen.“ Als sie mit ihrem Porzellan vor drei Jahren auf der Münchner Messe vertreten war, packte sie auch sechs Röcke ein. „Die Kunden waren begeistert!“ Aus dem privaten Bedarf heraus ist eine eigene Prêt-à-porter-Linie entstanden, die immer mit den Themen der Porzellanlinie korrespondiert. „Die Kunst in meinen Kleidern liegt unter anderem darin, dass ich Materialien verwende, die eigentlich nicht für Kleidung gedacht sind. Es handelt sich beispielsweise um hochwertige Dekostoffe.“ Die gesamte Kleidung lässt die Designerin in Kleinserie oder als Einzelstücke in Deutschland produzieren.
„Es macht mich einfach glücklich, mich mit schöngeistigen sowie sinnlichen Aspekten des Lebens zu beschäftigen.“ Damit meint die Designerin keinesfalls nur materialistische Dinge: „Die schönen und wertvollen Momente sind häufig in Kleinigkeiten zu finden. Zum Beispiel in den Kranichen, die über den Rhein ziehen, in den Geräuschen des Windes, der durch die Bäume weht, oder in bestimmten Gerüchen!“ Den Stil ihrer Porzellan-Kreationen bezeichnet Jeanette Gebauer als plakativ. Ihre Kleidung als sehr feminin und selbstbewusst. „Kunden sagen mir oft, dass sie sofort erkennen, was aus meiner Feder stammt.“ Auch wenn es sicherlich Menschen gibt, die ihre Designs als zu auffällig empfinden, ist die Bonnerin überzeugt: „Man sollte keine Angst davor haben zu polarisieren, sondern sich selbst treu bleiben und unbeirrt seinen Weg gehen.“ Inspiration sei schließlich immer da: „Ideen sind in mir und drängen heraus! Häufig sind es auch Momentaufnahmen, aus denen Kreationen entstehen. Ich bin gerne unterwegs und verbringe viel Zeit am Meer und in der Natur. Da kommt es vor, dass mich ein Farbspiel am Himmel, die Nuancen des Wassers oder ein Lebensgefühl besonders begeistern und inspirieren“, so die Designerin. „Ich habe als Motiv auch schon ein altes Foto meines Vaters aus den 1950er Jahren verwendet. Er sitzt in der Gondel und im Schnee spiegelt sich sein Schattenbild. Dieser Schatten findet sich nun auch auf einer meiner Schalen.“
„Man sollte keine angst davor haben zu polarisieren, sondern sich selbst treu bleiben und unbeirrt seinen weg gehen.“
Mit ihren Kollektionen kreiert Jeanette Gebauer Designs, deren Aktualität weit mehr als nur eine Saison überdauern: „Die Kollektionen ergänze ich laufend weiter. Meine Designs sind nichts Schnelllebiges.“ Und wie sehen die Pläne für die Zukunft aus? „Ich habe damit angefangen eigene Stoffe zu entwerfen. Ich würde mit meinen Designs gerne weiter den Bogen Richtung Kunst schlagen. Ausstellungsorte wie internationale Museen sind sehr spannend.“ Wie sich die berufliche Zukunft der Bonnerin auch gestalten mag, eines steht für sie fest: „Ich möchte mich auch weiterhin mit wunderbarem Porzellan und zauberhaften Stoffen umgeben. Daraus etwas Kunstvolles zu schaffen, ist der Traum den ich lebe. Das empfinde ich als ganz großes Glück!“
Fotos: P. M. J. Rothe (7), Jeanette Gebauer (6)