Zehn Jahre träumten sie davon, aus der Stadt in die Natur zu ziehen – möglichst in ein Fachwerkhaus. Heike und Ralf Kronester wollten schon aufgeben, als der Küchenbauer aus Troisdorf seinem Wunschhaus oberhalb vom Naafbachtal begegnete. Doch bis die Familie dort auch einziehen konnte, war es ein langer Weg. Wir haben das Paar mitten im Irgendwo besucht.
Fachwerkhaus Küche

Ralf hatte uns den Weg beschrieben. „Zum Schluss“, sagte er, „fahrt ihr etwa 700 Meter über einen asphaltierten Feldweg, dann kommt ein Stück Schotterstraße und schon seht ihr das Haus.“ Nach gefühlten mehreren Kilometern, vorbei an noch nicht gemähten Feldern, die die Sicht stark begrenzten, stehen wir am Ende des Feldwegs – vor uns Wald. Was jetzt? Ein Anruf und fünf Minuten später kommt Ralf Kronester uns auf dem Fahrrad entgegen und lotst uns über einen tatsächlich vorhandenen, schmalen Schotterweg entlang an eingezäunten Wiesen zu seinem Traumhaus.

„Es war ein großer Zufall, dass ich dieses Haus entdeckt habe“, erzählt Kronester, während er uns durch die offene Türe ins Herz des Hauses führt, das, wie könnte es anders bei einem Küchenbauer sein, durch einen großen Küchenblock dominiert wird. „Wow“, entfährt es mir spontan. Dass die Küche großartig sein würde, hatten wir erwartet. Aber diese Kombination aus Schlichtheit und Raffinesse ist wirklich beeindruckend. Der Korpus der mächtigen Kochinsel ist aus Kupfer. Darüber liegt eine Steinplatte aus grauem Porphyr, einem Stein aus Südtirol, den Heike Kronester an den Kanten selbst bearbeitet hat. Ein schwarzes Flächeninduktionskochfeld mit einer Flächenabsaugung von Bora ist flächenbündig eingebaut. In die grauen Einbauschränke sind ein Backofen, ein Dampfbackofen sowie ein Vakuumierer von Gaggenau integriert. Vor dem Fenster zum Hof gibt es einen weiteren Arbeitsbereich mit Spülbecken, Spülmaschine und Platz für die Espressomaschine, eine Siebträgermaschine von ECM. Hinter den Küchenschränken führt versteckt eine schmale Treppe nach oben, wo sich eine offene Empore mit Panoramafenster ins Freie auftut. Der Platz unter den Treppenstufen dient als Staufläche für Küchenutensilien und jede Menge Kochbücher.

Fahwerkhaus sanieren
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„Dieser große Raum, in dem wir jetzt kochen, essen und wohnen, war früher der Stall“, sagt Kronester, der das Schreinerhandwerk von der Pike auf gelernt hat. „Da das Fachwerk des Hauses feucht war, haben wir quasi alles neu gebaut und konnten hier den Dachstuhl so setzen, dass wir eine Raumhöhe von sechs Metern erreicht haben.“ Als Kronester das Haus während einer Mountainbike-Tour das erste Mal gesehen hatte, sah die Immobilie gepflegt und auf den ersten Blick gut in Schuss aus. Doch der tatsächliche Zustand war so schlimm, dass Heike und Ralf Kronester überlegten, das Gebäude komplett abzureißen und wiederaufzubauen. Doch die zuständige Behörde machte ihnen einen Strich durch die Rechnung – sie hätte bei einem Abriss im Außenbezirk keine Baugenehmigung mehr erteilen dürfen. So wurde Balken für Balken ausgetauscht, wurden Türen versetzt, die Fenster leicht vergrößert und an den Küchen- und Wohnbereich wurde ein massiver Anbau mit Bodenplatte und einer Pfosten-Riegel-Konstruktion errichtet. Durch die bodentiefen Glasscheiben hat man nun einen uneingeschränkten Blick ins Freie. „Im Sommer blicken wir hier nur ins Grüne, im Winter blitzen die Hausdächer des tiefer gelegenen Dorfes durch die kahlen Bäume“, erklärt Kronester.

Nachdem er mit seiner Frau das Haus gekauft hatte, mussten zunächst einmal Fichten, Zypressen und Zitterpappeln gefällt werden, um Helligkeit ins Haus zu bringen und Platz für die Arbeiten zu schaffen. „Unsere Freunde haben uns für verrückt erklärt, als sie das Haus gesehen haben“, erinnert sich Heike Kronester. Doch das Paar fand mit Fachwerk erfahrene Handwerksfirmen und in nur 13 Monaten entstand ein neues Zuhause. „Die Innenwände konnten teilweise bleiben. Für die äußeren Wände wurden zwölf Zentimeter Isolierung angebracht und OSB-Platten als Dampfbremse verarbeitet. Dann haben wir eine sechs Zentimeter starke Installationsebene geschaffen, in der alle Leitungen liegen, und wieder eine Schicht OSB-Platten gelegt, auf die der Putz aufgetragen wurde. Das Haus erzielt jetzt Wärme- und Isolationswerte wie ein Neubau“, so Kronester.

Der Aufwand war enorm, aber Heike und Ralf Kronester haben ihre Entscheidung nie bereut. „Als Ralf mir das Haus das erste Mal zeigen wollte, sind wir den Feldweg entlanggefahren und ich konnte das Haus noch nicht einmal richtig sehen, da habe ich schon gewusst, dass wir hier richtig sind.“ Gemeinsam mit drei Hunden und ihrer jüngsten Tochter, die im Hausabschnitt neben dem Stall eine kleine Wohnung bezogen hat, genießen sie ihr neues, entschleunigtes Leben. „Es ist sehr naturverbunden. Wir haben ein 1,8 Hektar großes Grundstück und pflegen es selbst, ohne hier einen Ziergarten anlegen zu wollen“, schmunzelt Kronester.

Bevor wir uns wieder auf den abenteuerlichen Rückweg in unseren lebhaften Alltag machen, macht er uns noch auf ein Design-Highlight aufmerksam. Unter dem Haus befindet sich ein alter Bruchsteinkeller. Diesen haben die Kronesters erhalten und über eine im Eingangsbereich in den Fußboden eingelassene, begehbare Glasplatte sichtbar gemacht. Ein echter Hingucker und ein raffiniertes Spiel mit alten und neuen Materialien.

Zurück rät uns Ralf Kronester, einen anderen Weg zu nehmen. Er führt durch den Wald über einen holprigen Belag in engen Kurven hinunter ins belebte Dorf. Es ist eine Rückkehr in eine andere Welt.

Fotos: P. M. J. Rothe (2), Ralf Kronester (9)