GELESEN. GEFALLEN. GEHÖRT.

Lassen Sie sich von unseren Tipps zu einer kleinen Auszeit inspirieren.

Schöne Geschichte

Der 6jährige Fabio hat es nicht leicht: Seine „10 Großväter“, die vielen unverheirateten Brüder seines Opas, reißen sich darum, ihn zu den kuriosesten Unternehmungen mitzunehmen. Erst in der Schule merkt Fabio, dass man als Kind auch mit Gleichaltrigen spielen kann. Die Kindheit am – und über weite Teile auch im – Meer ist für den Jungen ein ebenso großes Abenteuer wie die Entdeckung des Lesens und Schreibens. Und als sein Vater nach einem tragischen Unfall regungslos im Krankenhaus liegt, sind es die selbst verfassten Texte des inzwischen 12-Jährigen, die bei seinem Vater eine Reaktion auslösen. »Wo man im Meer nicht mehr stehen kann« ist eine wunderbar erzählte Familiengeschichte voller liebenswert-schrulliger Figuren und sommerlicher Italien-Atmosphäre.

Fabio Genovesi, Wo man im Meer nicht mehr stehen kann, C. Bertelsmann, gebunden, 416 Seiten, ISBN: 978-3-570-10349-4, 22 Euro

Temporeiches Thrillerdebüt

Nicht immer bringen Scherben Glück. Als im Umzugsstress bei der soeben erst aus Köln an die Spree übersiedelten Kriminalkommissarin Lucy Westerberg ein geliebtes Familienerbstück zu Bruch geht, ahnt sie noch nicht, dass der Tag noch schlimmer werden wird. Denn ausgerechnet an ihrem ersten Arbeitstag bei der Berliner Kripo bricht der berüchtigte Mädchenmörder Eric Bennet aus der Psychiatrie aus. Damit beginnt für die Polizei ein Rennen gegen die Uhr. Und die tickt schneller, als es Westerberg recht sein kann. Denn der spurlos verschwundene, als hochgefährlich eingestufte Psychopath könnte jederzeit erneut zuschlagen. Die Kommissarin verbeißt sich in den Fall, der für sie bald auch noch eine dramatische persönliche Wendung nimmt. Mit Lucy Westerberg und ihren Kollegen schickt Arne Molfenter ein sympathisch schräges und multikulturelles Ermittlerteam in die Spur. Dabei erweist sich Westerberg als äußerst scharfsinnige Kriminalerin und Molfenters clever konstruiertes und temporeich erzähltes Thrillerdebüt bleibt bis zum Schluss spannend. Wer es ausgelesen hat, wünscht sich vor allem eines: mehr davon!

Arne Molfenter, Sieh ihn nie an, Gmeiner, Taschenbuch 250 Seiten, ISBN: 978-3-8392-2404-5, 12 Euro

Fesselnd

Was braucht es, damit endlich Frieden herrscht zwischen Israelis und Palästinensern? Der jüdisch-amerikanische Schriftsteller Nathan Englander erzählt drei unwahrscheinliche Liebesgeschichten, die auf raffinierte Weise ineinander verschlungen sind und um diese zentrale Frage kreisen. Ein Mossadspion, der schon seit zwölf Jahren in einem geheimen Gefängnis eingekerkert ist, und sein Wärter. Ein General, der als Einziger von diesem Gefangenen weiß, aber seit Jahren im Koma liegt, und seine innigste Vertraute. Und ein Mann und eine Frau, die sich leidenschaftlich lieben, aber ebenso leidenschaftlich für ihr jeweiliges Land kämpfen – er ist Palästinenser, sie Israelin. Von Long Island über Berlin, Paris und Capri bis nach Israel und zum Gazastreifen, dem Mittelpunkt des so lange schon schwelenden Konflikts, führt dieser intensive Roman, der mit melancholischem Witz von Loyalität und Verrat, von Gewalt und Rache erzählt und von der schönsten aller Utopien träumt.

Nathan Englander, Dinner am Mittelpunkt der Erde, Luchterhand, gebunden, 288 Seiten, ISBN: 978-3-630-87407-4, 22 Euro

Beeindruckend

Was tut ein US-Präsident, wenn er wissen will, wie es um sein Land steht? Er liest die Briefe von Menschen, die dort leben. Während der Amtszeit von Barack Obama gingen täglich Zehntausende Briefe im Oval Office ein. Keiner blieb unbeantwortet, einigen schrieb Obama persönlich. Zu Wort kommen Obama-Anhänger ebenso wie politische Gegner, vom Schulkind bis zum Kriegsveteranen. Obama antwortet auf ihre Sorgen: die Folgen der Finanzkrise, die geplante Gesundheitsreform, soziale Gerechtigkeit, Bildungschancen und Start-up-Ideen, das Schicksal der Soldaten im Auslandseinsatz und auch ganz praktische Anliegen wie Hausaufgaben.

Jeanne Marie Laskas, Briefe an Obama, Das Porträt einer Nation, Auswahl, der Hörverlag, 8 Hörbuch CDs, ISBN: 978-3-8445-3300-2, 22 Euro

Das Bauhaus lebt

Das Bauhaus gilt als eine der einflussreichsten Kunsteinrichtungen weltweit. Die Liste der Namen seiner Mitglieder liest sich wie ein „Who’s Who“ der Kunst des 20. Jahrhunderts. Wer aber waren die Menschen, die am Bauhaus gearbeitet, gelernt und es mit Leben erfüllt haben? In dem Band der beiden Experten Magdalena Droste und Boris Friedewald kommen sie alle zu Wort. Sie haben ihre Erinnerungen formuliert und werden mit einer Biografie vorgestellt; zahlreiche wenig bekannte Fotos verleihen „dem Bauhaus“ viele Gesichter – denn: Die Menschen waren das Bauhaus.

Magdalena Droste, Boris Friedewald, Unser Bauhaus – Bauhäusler und Freunde erinnern sich, Prestel, Hardcover, 336 Seiten, 60 s/w Abbildungen, ISBN: 978-3-7913-8527-3, 24 Euro

Familientragödie

Alvaro ist ein besessener Bewunderer des argentinischen Tangosängers Carlos Gardel, unablässig lauscht er alten Aufnahmen seiner schmachtenden Stimme, zieht sich zurück in eine Welt, in die ihm keiner mehr folgen mag. Seine Familie bricht unterdessen auseinander, und als der Sohn an seiner Heroinsucht zugrunde geht, geraten alle Beteiligten in den Sog eines fatalen Kreisels aus Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit und der Suche nach immer irrealeren Fluchtwelten … Intensiv und sprachgewaltig taucht der weltberühmte portugiesische Autor in die Abgründe und Alltagstragödien einer Lissabonner Familie ein und übersetzt die innere Spannung und die komplexen Bewegungen des Tangos in Literatur.

António Lobo Antunes, Der Tod des Carlos Gardel, btb, Taschenbuch, 416 Seiten, ISBN: 978-3-442-73626-3, 12 Euro

Selbstmord auf dem Bonner Universitätscampus?

Der Kunsthistoriker Professor Karl Friedrich Jung und die Musikwissenschaftlerin Paula Lanzini bezweifeln, dass sich ihr Kollege Professor Rosenberg umgebracht hat. Die Suche nach der Wahrheit führt sie zu einem unfassbaren Fund, an dessen Existenz bisher niemand geglaubt hatte: das Requiem Ludwig van Beethovens. Doch es gibt noch weitere, skrupellose Interessenten auf der gefährlichen Jagd nach dieser musikalischen Sensation, denen Paula und Karl bei ihren Ermittlungen mehr als einmal in die Quere kommen. Der Roman ist eine Liebeserklärung an Bonn und seinen berühmten Sohn Beethoven. Weitere Schauplätze sind Köln und Wien. Es ist der Auftaktkrimi zu einer Reihe, von der bereits zwei weitere Bände in Planung sind.

Hubert Wippermann, Beethovens letzter Wille, agenda Verlag, Taschenbuch,160 Seiten, ISBN-13: 978-3-89688-615-6, 9,80 Euro

Zwei Frauen und die Liebe

Havanna 1958: Elisa, Tochter eines Plantagenbesitzers, verkehrt in den besseren Kreisen Havannas und weiß kaum etwas über die Lage des Landes. Bis sie einem Mann begegnet, der tief verstrickt ist in die politischen Umwälzungen, die ihre Zukunft für immer verändern werden. Miami 2017: Marisol macht sich auf den Weg nach Kuba. Sie wird zum ersten Mal das Land kennenlernen, in das ihre Großmutter zeit ihres Lebens zurückkehren wollte und in dem sie nun beigesetzt werden soll …

Chanel Cleeton, Nächstes Jahr in Havanna, Taschenbuch, 464 Seiten, ISBN: 978-3-453-42278-0, 10,99 Euro

Verwirrung der Gefühle

September 1957: Henry und Effie fahren für die Flitterwochen nach Cape May, ein Ferienort an der Ostküste. Doch das Städtchen ist verlassen, die Saison ist zu Ende. Die beiden jungen Leute aus Georgia fühlen sich fremd, isoliert und in ihrer Schüchternheit gefangen. Gerade als sie beschließen, den Urlaub zu verkürzen, treffen sie zufällig auf Clara, eine Ferienbekanntschaft Effies aus Kindertagen, die eine glamouröse Gruppe von New Yorkern um sich versammelt. Darunter Max, ein reicher Playboy und ihr Liebhaber, und dessen unnahbare und rätselhafte Schwester Alma. Der verlassene Ort wird zu ihrem Spielplatz, und während sie in leer stehende Ferienhäuser einsteigen, Segeln gehen, nackt unter dem Sternenhimmel herumwandern, sich lieben und sich betrinken, geraten Henry und Effie in eine Situation, die den Rest ihres Lebens prägen wird. Ein Roman, der im Spiegel von Sexualität und gesellschaftlicher Realität der Fünfzigerjahre aktuelle und zeitlose Fragen zu Ehe, Liebe und Loyalität behandelt.

Chip Cheek, Tage in Cape May, Blessing, gebunden, 336 Seiten, ISBN: 978-3-89667-637-5, 22 Euro

Amüsant & spannend

Tag für Tag sitzt die Schneiderin Jolanda Hansen in ihrem Atelier und ändert Kleider. »Zweimal Langarm mit Manschette« steht im Auftragsbuch, dessen hintere Seiten für Dinge reserviert sind, die Jolie niemals aussprechen würde. Versteckte Wahrheiten über ihre Kunden zum Beispiel. Und Fragen zu Franz, ihrem großen Bruder, der mit siebzehn von einem Badeausflug nicht zurückkam. Als Jolie zum achtzigsten Geburtstag der Eltern eine große Familienfeier vorbereitet, kann sie das allgemeine Schweigen nicht mehr ertragen. Was, wenn Franz damals gar nicht ertrunken, sondern fortgegangen ist? Nach all den Jahren begibt sie sich auf die Suche …

Angelika Waldis, Die geheimen Leben der Schneiderin, Wunderraum,gebunden, 192 Seiten, ISBN: 978-3-336-54806-4, 20 Euro

Spannend: 50 Jahre Mondlandung

In der Nacht vor seinem Flug zum Mond rechnete Neil Armstrong die Chancen aus, die er, Buzz Aldrin und Michael Collins hatten, um lebend zur Erde zurückzukehren. Fifty-fifty, dachte er. Andere Experten hingegen, darunter auch Wissenschaftler und Techniker der NASA, sahen die Sache weitaus weniger optimistisch: 5 zu 1, sagten sie, dass die Männer nicht zurückkommen. Oder sogar 10 zu 1. Pünktlich zum Jahrestag erzählt der Journalist und Historiker James Donovan die Geschichte der Mondlandung in allen spannenden Details noch einmal neu und legt dabei auch viel Gewicht auf die menschliche Seite. Entstanden ist ein mitreißendes und reich bebildertes Sachbuch.

James Donovan, Apollo 11, Der Wettlauf zum Mond und der Erfolg einer fast unmöglichen Mission, DVA-Sachbuch, Hardcover mit Schutzumschlag, 544 Seiten, ISBN: 978-3-421-04715-1, ab 28 Euro

Unterhaltsam

Eitan Einoch ist Taxifahrer im heutigen Tel Aviv. Als junger Mann machte er Karriere in der Hightech-Branche, dann hat er innerhalb einer Woche drei Terroranschläge überlebt und wurde kurzfristig berühmt. Nun, zehn Jahre später, ist er geschieden, fiebert den Tagen entgegen, an denen er seine Tochter sehen darf, geht an zwei Abenden die Woche zum Boxen und unterhält seine Fahrgäste. Doch alles ändert sich, als er den Auftrag bekommt, eine charmante alte Dame täglich zum Friedhof zu fahren. Die Lebensgeschichte von Lotta Perl fasziniert ihn, und jeden Tag erfährt er ein bisschen mehr über ihre große Liebe zu dem britischen Soldaten, den sie gerade begraben hat, und über das Leben in Palästina kurz vor der Gründung des Staates Israel. Als Lotta plötzlich spurlos verschwindet, will Eitan herausfinden, was geschehen ist.

Assaf Gavron, Achtzehn Hiebe, btb, Taschenbuch, 416 Seiten, ISBN: 978-3442718610, 11 Euro