Es verbindet sie eine gemeinsame Leidenschaft: Glas. Stanislaw, Pawel, Wiktor und Stani Jan Borowski sind der künstlerische Kern einer starken Familie, die ganz eng mit diesem Werkstoff verwoben ist. Sie erschaffen und gestalten ihn zu einzigartigen Skulpturen und fabelhaften Figuren. Die gläsernen Kunstwerke von Borowski stehen in Museen und  Galerien, in Parks und Gärten. Sie sind in Sammlungen ebenso zu finden wie im privaten Bereich. Wir waren auf Spurensuche in Gut Wintermühlenhof.

Von Susanne Rothe

 

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Die Künstler: Stanislaw, Stani Jan, Pawel und Wiktor Borowski

Gut Wintermühlenhof ist von einer wunderschönen Park- und Gartenanlage umgeben. Trauerweiden mit tiefhängenden Zweigen säumen Tümpel, Teiche und Wasserläufe. Efeubewachsene Reste ehemaliger Gebäudeanlagen zeugen von der Weitläufigkeit und früheren Pracht dieses Ensembles. Wir treffen Wiktor Borowski und seine Frau Magdalena mit Weimaraner Nell.

Die Hündin kann es nicht abwarten, frei durch den oberhalb vom Gut liegenden Teil des Parks zu laufen. Anders als wir hat sie keinen Blick für die farbigen Objekte, die ein leuchtender Anblick in der ansonsten satt grünen Natur sind. Ein Specht hängt an einem meterhohen Baumstamm. Sein Schnabel ist knallrot. Krokodile lauern zwischen Schilf und Wasser. Maul und Schwanz sind aus grün schillerndem Glas. Der schuppige Körper aus rostigem Stahl. Auf der Wiese hat ein Pfau sein buntes Rad geschlagen und große, freundlich aussehende  Fledermäuse hängen in alten Gemäuerresten. Ein Ausstellungsraum des Familienunternehmens Borowski unter freiem Himmel.

„Was Sie hier sehen, sind unsere Outdoor-Objekte. Diese von Hand gefertigten und mundgeblasenen Wesen sorgen nicht nur hier bei uns, sondern in vielen anderen Gärten und Parks für fabelhafte Begegnungen“, erklärt Wiktor Borowski während unseres Spaziergangs durch das Gelände. Er ist bei Borowski für das Management und den Vertrieb zuständig und hält in dieser Hinsicht seinen künstlerisch tätigen Brüdern den Rücken frei. Stani, der jüngste Bruder, ist längst in die Fußstapfen des Vaters getreten und kreiert neben den Werken für das Glasstudio Borowski auch Unikate. Sie sind weltweit in renommierten Galerien sowie in der Continuum Gallery am Wintermühlenhof zu finden, um die sich Magdalena Borowski kümmert. „Es ist nicht so, dass ich zwei linke Hände hätte, aber ich bin von uns dreien der künstlerisch weniger Talentierte“, schmunzelt Wiktor Borowski.

 

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Wiktor Borowski und seine Frau Magdalena

Bis vor einigen Jahren hat er noch selbst in der Manufaktur in Polen am Ofen gestanden. Doch dann sei eines Tages Vater Stanislaw vom Tisch aufgestanden und habe gesagt: „Passt einmal auf, Jungs. Früher war es Kunst, Kunst zu machen. Heute ist es auch Kunst, sie zu verkaufen. Das ist jetzt dein Part, Wiktor.“

 

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Außenskulptur LEAF (links) // Die ART OBJECTS Kollektion beinhaltet aufwendig gearbeitete Glaskunstwerke von Pawel und Stani Jan Borowski. Alle Objekte sind von den Künstlern signiert und vom Glasstudio Borowski zertifiziert. (rechts)

 

Seitdem hat sich der kleine, aber feine Familienbetrieb mit starken Wurzeln ständig weiterentwickelt. Märkte in USA und Asien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wiktor und seine Frau pflegen von der Dependance in Königswinter aus Kontakte und verschicken die gläsernen Kunstwerke in alle Welt. Darüber hinaus präsentieren sie in den Räumen ihrer Galerie zeitgenössische Kunst auch jenseits der Glaskunst. „Entscheidend ist, dass jedes Kunstwerk eine unverwechselbare künstlerische Handschrift trägt und mit höchster Perfektion gearbeitet ist“, erklärt Galeristin Magdalena Borowski. Zu der Familie in Polen halten beide regelmäßig Kontakt. Wiktor telefoniert mehrmals am Tag mit dem Glasstudio in Bunzlau. „Wir sind unglaublich eng miteinander verbunden“, sagt er. „Neid gibt es nicht.“ So wie er das sagt, nimmt man es ihm ab. Tiefe Zuneigung für seine Brüder, die am Glasofen stehen, schwingt mit.

 

„Jedes kleine Kind verbrennt sich einmal die Finger am Herd. Bei uns war der Herd die heiße Glaspfeife unseres Vaters.“

 

Alle ziehen an einem Strang, ein großes Ziel eint sie. So zerbrechlich Glas ist, so nahezu untrennbar dicht macht es dieses Familiengefüge. Jede Entscheidung, die der einzelne trifft  – ob Künstler oder Geschäftsführer –, hat Einfluss auf die anderen. Alles, was sie tun, machen sie freiwillig. „Der Weg war vorgegeben, doch gegangen sind wir ihn alleine“, betont Wiktor. Bis auf den jüngeren Bruder, der am Institut für Künstlerische Keramik und Glas (IKKG) der Hochschule Koblenz studiert, hat keiner der „Jungs“ etwas Glasspezifisches gelernt. „Während andere Kinder im Sandkasten tobten, haben wir mit Glasscherben gespielt“, erzählt Wiktor. Die drei Brüder leben Glas. Die Faszination, die von diesem wandlungsfähigen Material ausgeht, hält sie gefangen und lädt sie jeden Tag aufs Neue mit Energie auf. „Jedes kleine Kind verbrennt sich einmal die Finger am Herd. Bei uns war der Herd die heiße Glaspfeife unseres Vaters.“

 

Gut Windmühlenhof

Gut Windmühlenhof

 

Mit liebevollem Respekt spricht Wiktor von Stanislaw Borowski. Dieser legte den Grundstein für die heutige Manufaktur. Vor mehr als 40 Jahren habe er mit nichts in einer Garage begonnen. Auch er hat den Beruf nicht erlernt, ist Autodidakt – mit großem Erfolg. Warum hat der Vater seine Söhne nicht ausgebildet? „Er ist Künstler und kein Lehrer“, lacht der mittlere Sohn. Die Werke von Stanislaw Borowski sind international anerkannt, stehen in Museen oder in privaten Sammlungen wie jenen von Nicolas Cage und Whoopi Goldberg. Heute ist Stanislaw Borowski im Ruhestand. Seine Masterpieces sind nach wie vor begehrt. Verkauft werden aber keine mehr: Sie bleiben im Besitz der Familie.

Für den Vater sei es wunderbar, dass die Söhne die Glaskunst fortführen und auf ihre eigene Art weiterentwickeln, erzählt Magdalena Borowski. Alle drei  haben sich von seinem großen Schatten nie erdrücken lassen. „Er hat uns inspiriert, aber wir sind unseren Weg gegangen und haben unsere eigene Welt kreiert – mit einer eigenen Handschrift“, betont Wiktor. Dennoch verpflichtet der Familienname: zu höchster Qualität und Kreativität.

Die Brüder entwickeln gemeinsam ihre Kollektionen. Anregungen suchen sie sich in der Natur. Art Objects beinhaltet Glaskunstwerke von Pawel und Stani Jan Borowski. Jedes Objekt ist von ihnen eigenhändig gefertigt worden. Die Studio Line Kollektion umfasst farbenfrohe und funktionale Accessoires wie beispielsweise Vasen oder Schalen. Alle Objekte sind von Hand gearbeitet. Die Outdoor Objects, die im Wintermühlenhof-Park nach Voranmeldung besichtigt werden können, sind Kunstwerke aus Glas und Metall. Einmal in der Woche werden Glaskunstwerke aus der Manufaktur in Polen in das Glasstudio Borowski auf Gut Wintermühlenhof geliefert. Von dort geht es weiter in die Welt.

 

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Mundgeblasene und handgefertigte Kunstwerke aus Glas (links) // Lichtobjekt CROCO (oben mitte) // Die freundlichen Wesen und Charaktere der OUTDOOR OBJECTS sorgen in Gärten und Parks für Begegnungen der fabelhaften Art. (unten mitte) // Leuchtobjekt FROGGY (oben rechts) // Familientradition seit über 40 Jahren (unten rechts)

 

Wie sehen die Zukunftspläne der Brüder Borowski aus? Möchten sie mit der Manufaktur noch wachsen? Die Antwort kommt schnell. Ein klares Nein. Chinesen haben gerade angefragt, ob Borowski in Guangzhou einen Park mit ihren Outdoor Objects ausstatten. Das überlegen sie sich jetzt. Die Entscheidung ist nicht leicht. Die Manufaktur ist keine Fabrik. Nichts wird auf Lager produziert. Jedes Glasobjekt braucht seine Zeit. Man kann nicht einfach Maschinen schneller oder länger laufen lassen. Die Glaskunst ist eine alte Kunst und verfügt über keine moderne Technologie, die die Produktion ankurbeln könnte. Ein Ofen, in dem Glas bei sehr hohen Temperaturen geschmolzen wird, ist ein Ofen. Kein Hightech-Gerät.

och was passiert, wenn die Glaskunst einmal nicht mehr so gefragt ist? Der europäische Markt ist aufgrund einer hohen Sättigung schon jetzt nicht mehr einfach zu  bedienen. Gibt es einen Plan B? „Mein Bruder sagt immer, jede Firma habe ihr Verfallsdatum. Das erschreckt mich jedes Mal. Aber Plan B gibt es nicht. Wir müssen uns einfach gestalterisch immer weiterentwickeln, dürfen auch nicht arrogant werden und davon ausgehen, dass es läuft. Wir müssen hart arbeiten, denn es ist nicht einfach, sich selbst künstlerisch immer wieder zu toppen“, sagt Wiktor. Am nächsten Morgen wird er um sechs Uhr nach Polen zur Familie fahren und mit ihr die Anfrage aus China besprechen. „Keiner von uns wäre etwas ohne den anderen“, sagt er zum Abschied.

www.borowski-glas.de