Die Rotweine aus dem Valpolicella gelten als genauso sanft wie die Landschaft, in der die Trauben wachsen. Doch es gibt einen, der ist alles andere als sanft: der Amarone. Er ist kraftvoll, mit üppigen Aromen und einem Alkoholgehalt, der es in sich hat. Es ist ein besonderer Wein, der an kalten Winterabenden angenehme Wärme verbreitet – es lohnt sich, ihn näher kennenzulernen.

Dunkelrot kommt er daher. Die italienische Spezialität beeindruckt aber nicht nur das Auge, sondern vor allem im Mund mit einer Geschmackskombination aus Pflaumen, getrockneten Beeren, Tabak, Weihnachtsgewürzen und Zartbitterschokolade. Die Entstehung des Amarone war ein Zufall, so sagt es zumindest seine Geschichte. Ob sie wahr ist oder auch nur zum Teil, ist eigentlich völlig unwichtig, denn es schmälert nicht die Qualität dieses Weins. In den 1930er Jahren wurde im Valpolicella, wie in vielen Teilen Italiens üblich, aus getrockneten Trauben Süßwein hergestellt. Nur war der im Valpolicella rot und hieß „Recioto“. Für diesen Wein wurden die Trauben nach der Ernte im Herbst beim sogenannten Appassimento für zwei bis vier Monaten in gut belüfteten Räumen getrocknet, wobei schlecht gewordene Beeren entfernt werden müssen. Beim Appassimento verlieren die Trauben etwa ein Drittel an Flüssigkeit; Zucker, Fruchtsäure und Aromen konzentrieren sich.

Weingebiet_Valpolicella
amarone

Die Geschichte besagt nun, dass dem Kellermeister in einer Genossenschaft ein Fehler passierte: Er soll ein Fass Recioto vergessen haben und dieses Fass begann ein zweites Mal zu gären. Die Hefen wandelten den noch vorhandenen Restzucker in Alkohol um. Anstelle des süßen Weins entwickelte sich ein herbes und trockenes Gewächs, das wegen seines ungewohnten Geschmacks zunächst kaum Anhänger fand. Der Wein erhielt den Namen „Amarone“, der sich von „Amaro“ ableitet, was bitter bedeutet. Der erste Absatzmarkt für diesen geschmacklich ungewohnten Wein war Kanada. Erst in den 1980er Jahren startete der Amarone seinen Siegeszug in der Welt der besonderen Weine. 

Corvina
Corvinone Veronese
Rondinella
Molinara

Während es mit dem Image des klassischen Valpolicella-Weins nicht zum Besten gestellt ist, boomt der Amarone. Mittlerweile gibt es ihn auch im Discounter zu kaufen, wenn auch zu anderen Preisen wie einen Valpolicella. Der Preis für eine Flasche Amarone liegt zwischen 20 und 50 Euro, was diesem gehaltvollen Tropfen und dem besonderen Aufwand seiner Herstellung jedoch durchaus gerecht wird. Seine Produktion ist natürlich längst nicht mehr dem Zufall eines vergessenen Fasses überlassen, sondern wurde technisch perfektioniert. 1986 wurde der Wein zum DOC-Tropfen ernannt. 2010 erhielt er das Spitzenprädikat DOCG.

Für den Amarone werden nur die besten Trauben der Region verwendet und auch nur solche der Rebsorten Corvina, Corvinone Veronese, Rondinella und Molinara. Ein Amarone hat einen Alkoholgehalt um die 15 bis 16 Volumenprozent. Den Alkohol riecht und schmeckt man nicht heraus. Der Amarone hinterlässt ein cremiges, samtiges Mundgefühl und hat einen großen Reichtum an Aromen. Ein guter Amarone besticht durch eine ausgewogene Balance zwischen Frucht und Würze, Süße und Säure. Doch ein guter Amarone benötigt auch Zeit. Er kommt frühestens erst nach zwei Jahren der Reifung in den Verkauf. Dann ist er bereit, an einem kalten Winterabend geöffnet zu werden. 

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Fotos: pixabay.com (3)

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