Er bestand aus gerade einmal etwa 190 Quadratzentimetern Stoff und kein Pariser Mannequin wollte ihn vorführen. Vier kleine Dreiecke, zusammengehalten von dünnen Schnüren, sorgten in der Modewelt für große Aufregung. Vor 75 Jahren, 1946, erfand der Pariser Ingenieur Louis Réard ein skandalöses Kleidungsstück für Pool und Strand. Der Bikini zeigte mehr, als er verdeckte, und es brauchte Filmstars wie Marilyn Monroe und Brigitte Bardot, um ihm zum Durchbruch zu verhelfen.

Die 19 Jahre alte Micheline Bernardini lächelte völlig unbefangen in die Kamera, als sie am 5. Juli 1946 in der Pariser Badeanstalt Piscine Molitor den ersten Bikini präsentierte. Sie hatte anders als die Mannequins kein Problem damit, Haut zu zeigen, trat sie doch in ihrem Hauptberuf als Stripteasetänzerin im Varieté-Theater „Casino de Paris“ völlig nackt auf. Dagegen war ein bisschen Bauchnabel zeigen nicht der Rede wert. Gerade der entblößte Bauchnabel war es allerdings, der vor allem für Wirbel sorgte. Das hatte es bisher noch nicht gegeben – Skandal, Skandal.

Doch wie kam ein Mann dazu, der weder Designer noch Schneider war, ein solches winziges Etwas zu entwerfen? Louis Réard arbeitete als Maschinenbauingenieur beim Autohersteller Peugeot, bevor er Mitte der 1940er-Jahre das Unterwäschegeschäft seiner Mutter übernahm. Der Zweite Weltkrieg war gerade vorbei und Réard wollte nach dieser Schreckenszeit den Menschen die Freude am Leben zurückgeben.

Seine Erfindung war nicht ganz neu. Bereits auf Mosaiken in der spätrömischen Villa Romana del Casale auf Sizilien sind Frauen in zweiteiligen Kleidungsstücken zu sehen. Ebenso gab es schon Zweiteiler in den 1930er Jahren, doch der Zweite Weltkrieg hatte ihre Entwicklung gestoppt. Réard benannte sein Hauch von Nichts nach dem Pazifikatoll „Bikini“, auf dem kurz vor der Präsentation im Schwimmbad der erste Atombombentest nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden hatte. Das allgemeine Interesse war groß. Zwei Wochen nach der Bikini-Vorführung meldete Réard seine Erfindung als Patent an. Sie erhielt die Nummer 19431.

Der Bikini hatte es in seinen Anfängen schwer. An vielen Stränden war es verboten, einen zu tragen – ebenso wie viele von Réards Kundinnen das Kleidungsstück ablehnten. Es dauerte ein paar Jahre, bis junge Französinnen die Idee Réards hinter dieser Winzigkeit entdeckten: viel Platz für Bräune. Brigitte Bardot trug dann einen Bikini in dem Film „Und ewig lockt das Weib“. Marilyn Monroe ließ sich in einem sehen und Ursula Andress erregte in „Doktor No“ Aufsehen, als sie wie Venus in einem weißen Bikini aus dem Wasser stieg. Heute ist der Bikini ein Klassiker, den so ziemlich jede Frau im Schrank hat und der mit großem Selbstbewusstsein getragen wird – ganz gleich ob mit Modelfigur oder einigen Pölsterchen.