Es wird herbstlich. Um auch an den kälteren Tagen modisch perfekt gerüstet zu sein, sollte ein warmer und dennoch eleganter Kaschmirpullover in keinem Kleiderschrank fehlen. Schließlich ist die Edelwolle nicht umsonst ein Klassiker! Doch wodurch unterscheidet sich der Kaschmir-Pullover eigentlich von anderen Wollpullovern und wie erkenne ich eine gute Qualität? Eine kleine Kaschmirkunde …

 

Gewinnung der Kaschmirwolle

Kaschmir – auch Cashmere – ist ein ganz besonderes Material. Als reine Naturfaser zählt es zu den hochwertigsten Materialien in der Stoffindustrie. Die Edelwolle stammt von der gehörnten Kaschmirziege, die in der gleichnamigen Region im Nordosten Pakistans beheimatet ist. Ihr Fell ist besonders weich und das vom Deckhaar gereinigte Unterhaar mit einem Durchmesser von 15 bis 19 Mikrometern zudem sehr dünn und fein. Die feinfaserige Wolle hat die positive Eigenschaft, bei sehr geringem Gewicht bis zu dreimal besser vor Kälte zu schützen wie andere Wollarten. Die wertvolle Naturfaser ist außerdem atmungsaktiv und wirkt temperaturausgleichend – daher kann sie sowohl an einem kalten Herbst- und Wintertag als auch an einem verregneten Sommerabend getragen werden. Für die Herstellung von Original Kaschmir wird das weiße, braune, schwarze oder graue Haar der Ziege zum Anfang des Frühlings aus dem Unterhaar der Kaschmirziege gewonnen. Es wird nicht geschoren, sondern ausgekämmt und anschließend von Hand nach Farben sortiert. Ein Tier produziert jährlich lediglich 150 bis 200 Gramm, was bedeutet, dass eine einzige Ziege vier Jahre benötigen würde, um ausreichend Wolle für einen Pullover zu liefern.

Die Kennzeichnung

Die Textilkennzeichnungsverordnung schreibt vor, dass ein Produkt einen Kaschmiranteil von mindestens 85 % haben muss, um in Deutschland mit „Kaschmir“ gekennzeichnet werden zu dürfen. Als „Reines Kaschmir“ gelten Produkte mit einem hundertprozentigen Anteil. Aber auch die weniger „guten“ Haare aus dem Rücken der Ziege werden bei der Produktion von Kleidung verwendet. Das Produkt muss dann „mit Kaschmiranteil“ gekennzeichnet sein – hier besteht das Stück zu mindestens 14,5 Prozent aus Kaschmir. Ergänzt werden die Kleidungsstücke oftmals mit Merinowolle, Baumwolle oder auch mit Kunstfasern. Schon ein nur geringer Kaschmiranteil bewirkt einen merklichen Unterschied im Tragekomfort. Die Angaben 2-fädig, 4-fädig bis hin zu 12-fädig bezeichnen die Anzahl der verwendeten Fäden und damit die Dichte und das Gewicht des Pullovers. Je mehr Fäden, desto besser kommt der weiche Charakter des Kaschmirs zur Geltung. 2-fädige Pullover waren früher einmal für den Frühling oder Sommer gedacht, werden heute jedoch ganzjährig getragen. 4-fädige Pullover sind von der Dichte mit normalen Wollpullovern zu vergleichen. Ab einer 6-fädigen Verarbeitung sind die Pullover reine Winterbegleiter.

Schlichtes Design und smarte Schnitte

Wenn Sie die Wahl haben, sollten Sie in einen schlichten unifarbenen Klassiker investieren – beispielsweise in einen grauen, dunkelblauen oder schwarzen Pullover aus guter Qualität. Hier gilt klar die Regel: weniger ist mehr! Ein klassischer, qualitativ hochwertiger Kaschmir-Pullover lässt sich lässig, sportlich und elegant tragen und ist daher sowohl in der Freizeit wie auch im Büro eine sichere Wahl. Traditionell ist der Kaschmir-Pullover gerade geschnitten, mit Bündchen an Ärmeln und Saum und hat einen Rundhals- oder V-Ausschnitt. Es gibt ihn jedoch auch in den Varianten Roll- und Stehkragen. 

 


Stoffkunde mit Dirk Scharpenberg


 

„HochwertigeWare hat einen feinen Glanz“

 

Der Inhaber des Herrenausstatters Baron & Earl ist seit über 30 Jahren in der Textilbranche tätig und weiß genau, worauf beim Einkauf von hochwertigen Materialien achtgegeben werden muss …

Dirk Scharpenberg Geschäftsführer von Baron & Earl, Herrenausstatter in Bonn

Dirk Scharpenberg, Geschäftsführer von Baron & Earl, Herrenausstatter in Bonn

Woran erkenne ich gute Kaschmirqualität?
Gute Qualität von minderwertiger Ware zu unterscheiden, ist für den Laien nicht so einfach. Hochwertige Ware hat ein dichtes, gleichmäßiges Warenbild und einen feinen Glanz. Minderwertige Ware ist „offener“ und neigt schon beim genauen Hinsehen zu leichter Fusselbildung oder wirkt stumpf oder gar haarig. Hierbei stellt sich auch sofort Pilling dauerhaft ein – diese kleinen unschönen Knötchen … Letztendlich ist ebenfalls  der Preis ein Orientierungspunkt. Gute Kaschmirpullover werden derzeit im Handel ab ca. 250 Euro angeboten. Ab 400 Euro erhält man schon exzellente Teile aus hochwertigsten Garnen, wie zum Beispiel von Todd & Duncan (Schottland) oder Cariaggi (Italien).

Wie sieht ein gut designter Kaschmirpullover aus?
Ein Kaschmirpullover sollte klassisch und zeitlos daherkommen und dem Träger gut passen. Das schöne Material allein hat schon so viel Ausstrahlung, dass sich modische Gags eigentlich erübrigen. So hat man an dem guten Teil auch nach einigen Saisons noch Freude. Gute Pflege vorausgesetzt.

Wie oft sollten Kaschmirpullover gewaschen werden?
Bloß nicht zu oft waschen. Viel wichtiger ist gründliches Auslüften nach dem Tragen. Zu Anfang sollte man allerdings den Pullover nach zwei- bis dreimal Tragen waschen, damit die Restfasern entfernt werden. Das Ganze wiederholt man noch zwei- bis dreimal. Danach reicht es, den Pullover am Ende der Tragesaison, also in der Regel am Anfang des Frühjahrs, zu waschen, bevor man ihn über den Sommer einlagert. Das ist ganz wichtig, denn die möglicherweise im Gestrick verbliebenen „Düfte“ locken gerne auch Motten zur nächsten Mahlzeit …

Darf man Kaschmir in der Maschine waschen?
Das darf und sollte man sogar, selbst wenn manche Hersteller sich mit Ihrer Kennzeichnung Handwäsche ausbitten, um eventuelle Reklamationsansprüchen vorzubeugen. Wer heute eine moderne Waschmaschine besitzt, kann auch Kaschmirpullover bei 30 Grad Celsius im Wollwaschgang waschen. Füllen Sie die Maschine jedoch maximal zur Hälfte, nicht mehr als drei bis vier Pullover, und benutzen Sie ausschließlich hochwertiges Wollwaschmittel. Nach dem Waschgang den Pullover liegend, gut durchlüftend (auf einem Wäscheständer) trocknen lassen. Den getrockneten Pullover vorsichtig mit zwei Punkten auf dem Bügeleisen „dämpfen“. Waschen und dämpfen beugen auch dem berüchtigten „Pillingeffekt“ vor. Bei guter Qualität ist damit nach drei bis vier Wäschen aber ohnehin Schluss.

Was kann man tun, wenn der Pullover nicht mehr so kuschelig ist?
Einmal durchdämpfen oder den noch leicht feuchten Pullover circa ein bis zwei Stunden in einem sauberen Plastikbeutel ins Eisfach legen und danach kurz im Trockner kalt „anblasen“.

Wie bewahrt man Kaschmir am besten auf?
Am besten in einem passenden Stoffsack, liegend, dunkel und kühl gelagert. Mottenpapier, Zedernholz oder Lavendel gegen Motten dazu – fertig.

Fotos: P. M. J. Rothe (2)