Luxusware oder Billig-Klamotte?

Die Farben glänzen, der Stoff fühlt sich angenehm weich an und auch der anmutig prangende Schriftzug der Edelmarke, der auf den ersten Blick scheinbar akribisch genau in das feine Material eingenäht wurde, strotzt vor Eleganz. Kaum zu glauben, dass es sich bei diesem Designerstück um eine Fälschung handelt. Der günstige Preis hätte eventuell Aufschluss über das Imitat geben können, aber das ist doch, wonach die meisten Schnäppchenjäger suchen: Luxusware zum Discountpreis. Wie kann man sich als Verbraucher jedoch vor einem Reinfall schützen und solche täuschend echt wirkenden Fälschungen leichter erkennen?

 

gaultier

Original (links) und Fälschung

Die „Markt-Originale“, die man normalerweise aus dem Urlaub vom Wochenmarkt kennt, finden heutzutage immer öfter den Weg ins Internet und sogar in den Handel: Produktfälschungen überfluten den Markt in allen Branchen. Neben Elektrogeräten steht insbesondere die Modeindustrie im Fokus der Markenfälschungen. Täuschend echt aussehende Designer-Fälschungen machen den Modemarkt intransparent und lassen Modeliebhaber und Modeunternehmen Kopf stehen. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages gehen allein in Deutschland durch die Markenpiraterie jedes Jahr gut 70.000 Arbeitsplätze verloren. Die EU spricht von einem europaweiten Schaden in Milliardenhöhe, der durch den Umlauf von gefälschter Ware jedes Jahr verursacht werde. Hierzulande sind Produktfälschungen Teil eines normalen Arbeitstages beim deutschen Zoll: Im letzten Jahr lag der Wert der Beschlagnahmen bei rund 138 Mio. Euro und damit 11 Mio. Euro über dem Wert von vor zwei Jahren (2012: ca. 127 Mio. Euro). Mehr als ein Drittel davon machen Accessoires wie Sonnenbrillen, Taschen, Schmuck und Co. aus. Addiert man die Kategorie Kleidung und Schuhe noch hinzu, machte der Bereich Mode mit rund 75 Mio. Euro über die Hälfte der Beschlagnahmen aus. Ruth Haliti, Pressesprecherin des Zollfahndungsamtes Essen, mutmaßt den Grund für den steigenden Anstieg: „Das Deliktsfeld geht leider stark einher mit der gesellschaftlichen Einstellung der Bevölkerung zur Nachfrage nach den Produkten, die zu einem unschlagbar niedrigen Preis höchste Qualität vorspiegeln oder aber einen gesellschaftlichen, wohlhabenden Status vorgaukeln. Leider entsprechen diese Produkte oft nicht den Qualitätsnormen.” Ein weiteres großes Problem dabei ist, dass die Fälscher dazulernen. Die Fälschungen ähneln ihrem Original immer mehr und auch trotz der Arbeit des deutschen Zolls kommt es immer wieder vor, dass Produktfälschungen in den Verkauf kommen.

Alteingesessene Luxuswaren-Unternehmen wie Chanel, Louis Vuitton und Hermès sind dabei ebenso betroffen wie jüngere Trendmarken, beispielsweise Michael Kors und Liebeskind Berlin. Je beliebter die Modemarke bei den Verbrauchern ist, desto interessanter sind diese Produkte auch für die Fälscher. Das Risiko, eine Markenfälschung in den Händen zu halten, ist dabei nicht zu unterschätzen: Das Unternehmen für Markenschutz Tesa Scribos gab in einer Studie bekannt, dass der finanzielle Schaden der Modeindustrie bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes innerhalb der Branche ausmacht. Seit Ende der 90er Jahre habe sich der Anteil von Produktfälschungen sogar doppelt so schnell ausgedehnt wie die Modeindustrie selber. Anne-Christin Schmitt, Mitbegründerin des Labels Gretchen, weiß, welchen Schatten Plagiate auf das Original werfen können: „Kauft ein Kunde unbewusst ein Plagiat, so ist natürlich insbesondere zu befürchten, dass die Erwartungen des Kunden an die Qualität des erworbenen Produktes und somit an die Marke nicht erfüllt werden. Denn während eine Marke immer langfristig denkt und ihren Kunden das bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis bieten will, sucht ein Verkäufer von Plagiaten den höchstmöglichen Profit.“

Vor allem beim Shoppen im Internet ist hier besondere Vorsicht geboten. Das Online-Traumangebot von einer Luxusuhr oder einer glamourösen Designertasche, die auch für kleines Geld erschwinglich ist, geht meist nicht ohne Kehrseite einher. Auch wenn ein Produkt auf den ersten Blick vermeintlich starke Übereinstimmungen mit dem Original aufweisen kann, machen sowohl die Qualität des Produkts als auch die Bedingungen bei der Herstellung schlussendlich einen großen Unterschied aus. Neben der Exklusivität der Materialien gibt es jedoch einen noch viel entscheidenderen Unterschied: die Beeinträchtigung der Gesundheit! Denn diese kann durch die Einarbeitung billiger Inhaltsstoffe nachweislich gefährdet werden. Laut Plagiarius, einem deutschen Verein und Museum, das jährlich den Negativpreis für die dreisteste Produktfälschung vergibt, können beispielsweise nachgemachte Luxusparfums Verunreinigungen und verbotene Inhaltsstoffe enthalten, die sogar eine allergische Reaktion hervorrufen können.

Fashionistas, die in ein gutes Designerstück investieren wollen, sollten sich daher vor den billigen Imitaten schützen. Um auf der sicheren Seite zu sein – vor allem bei einer größeren Investition in ein lang ersehntes Fashion-Must-have –, sollte jedes Produkt auf die folgenden Punkte hin untersucht werden:

  • Stimmt das Gewicht mit dem des bekannten Produktoriginals überein?
    Insbesondere gefälschte Taschen sind oftmals leichter als das entsprechende Original.
  • Verbreitet das Produktmaterial einen beißenden Geruch?
    Ein chemischer Gestank kann hier ein Indiz für billiges Material sein.
  • Entspricht das Logo dem des Originals?
    Fehler im Schriftzug und in der Ausrichtung der Buchstaben oder Zeichen sollten Misstrauen hervorrufen! Eine akkurate Verarbeitung des Logos ist vor allem bei Designerware das A und O.
  • Weist das Produkt Klebespuren auf?
    Vor allem bei Lederware werden die einzelnen Teile bei Fälschungen häufig miteinander verklebt anstatt wie beim Original vernäht und weisen daher auffällige Klebereste und -flecken auf.
  • Wurde dasselbe Material wie beim bekannten Produktoriginal verwendet?
    Insbesondere bei Lederwaren sollte darauf geachtet werden, ob beim jeweiligen Produkt auch echtes Leder verwendet wurde. Hochwertiges Leder nutzt sich natürlicherweise leicht ab und dunkelt insbesondere an Reibungsstellen – wie den Griffen einer Tasche – mit der Zeit noch nach!
  • Ist der Preis realistisch?
    Auch wenn die Verführung groß ist: Ein vergleichsweise viel zu niedrig angesetzter Preis, vor allem bei Neuware, könnte ein Indiz für eine Fälschung sein.
  • Beim Onlineshopping: Wer ist der Ansprechpartner?
    Das Impressum des Lieferanten gibt Aufschluss über die Firma und deren Standort und somit auch über die Glaubwürdigkeit des Händlers. Wichtig ist auch, dass der Verkäufer in der Artikelbeschreibung darauf hinweist, dass bei der Bestellung entsprechende Echtheitszertifikate enthalten sind – ansonsten unbedingt nachfragen!

Neben den allgemein anwendbaren Kontrollpunkten ist es jedoch ratsam, sich genauer mit den spezifischen Merkmalen eines Fashion-Items auseinanderzusetzen – denn häufig sind es nur kleine Details, die das Original und eine gut produzierte Fälschung unterscheiden. Drei der beliebtesten Modestücke werden anbei genauer unter die Lupe genommen:

 

Die Louis-Vuitton-Tasche

Wenn es um die Frage „Echt oder Fake?“ geht, gerät niemand mehr in die Diskussion als die Luxusmarke Louis Vuitton. Das unverkennbare Monogram-Canvas-Muster ziert die Designerware bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts und machte die LV-Tasche zum Statussymbol der modebewussten Frau. Aus einigen Kreisen heißt es heute sogar, dass es sich nur noch bei etwa einem Prozent der umlaufenden LV-Taschen um Originale handelt. Auch bei Ware aus zweiter Hand ist daher Vorsicht geboten! Die folgenden Merkmale zeichnen eine echte LV-Tasche aus:

  • Der Druck des LV-Monogramms:
    Der Druck des Monogramms beinhaltet keine Unterbrechungen am LV-Schriftzug, was bedeutet, dass das Muster an den Nähten so gut wie immer an der Blüte abgeschnitten/umgenäht wird. Der Druck ist an den Nähten fortlaufend und in keinem Fall schief aneinandergenäht. Die einzelnen Zeichen des Monogramms bilden dabei eine sowohl waagerechte als auch diagonale Linie auf der Tasche.
  • Die Nähte:
    Auch bei den Nähten sollte man ganz genau hinschauen, denn die einzelnen Stiche müssen hier exakt gleich lang sein und an gleichen Stellen (z. B. an den einzelnen Handgriffen) auf den gleichen Abstand gesehen ebenso oft wiederholt werden.
  • Das Material:
    Entgegen einer häufigen Annahme bestehen LV-Taschen nicht aus Leder, sondern werden aus Canvas (Vinyl-beschichtetes Baumwollgewebe) gefertigt. Dieses ist eher matt, sehr anpassungsfähig und weist eine leichte Struktur auf. Fälschungen bestehen häufig aus billigem Kunststoff, der einen starken Glanz aufweist und sehr starr ist. Die Griffe, beispielsweise der bekannten Modelle „Speedy“ und „Alma“, bestehen dahingegen in der Regel aus echtem, hellen Leder und dunkeln mit der Zeit noch nach.
  • Der Schriftzug:
    Im Inneren der Tasche befindet sich ein Stempel, auf dem „Louis Vuitton“ und das Herstellungsland aufgedruckt sind. Dabei sind die „Os“ kreisförmig und keinesfalls oval und der waagerechte Steg des „Ls“ ist sehr kurz gehalten.
  • Das Drumherum:
    In der Innentasche befindet sich ein Code, welcher Aufschluss über das Herstellungsdatum und den Herstellungsort gibt.

 

moncler-jacke

Eine echte Moncler-Jacke erkennt man an diesen vier Details.

Die Moncler-Jacke

Eine Moncler-Daunenjacke zu seiner Garderobe zählen zu dürfen, wünschen sich viele Modeliebhaber. Doch die Hersteller der hochwertigen Jacken haben schon lange mit Plagiaten ihrer beliebten Modestücke zu kämpfen. Die Fälschungen sind mit den Jahren immer besser und die Fälscher immer unberechenbarer geworden. Moncler hat sich daher für einen zusätzlichen Schutz durch die Einarbeitung eines Sicherheitslogos entschieden. Dieses und weitere Merkmale, machen die exklusive Moncler-Jacke aus:

  • Das Certilogo-Sicherheitslogo:
    Seit 2008 beinhalten alle Jacken das sogenannte Certilogo, welches einen zwölfstelligen Code, eine Telefonnummer und die Internetadresse von Certilogo enthält. Auf Letzterer kann der Kunde den Code überprüfen und somit die Echtheit der Jacke sicherstellen.
  • Die Stickerei:
    Die typische Moncler-Stickerei mit dem Schriftzug „Moncler” und dem Logo der Marke befindet sich meist im Brust- oder mittig im Schulterbereich der Jacke. Die Platzierung und Größe kann je nach Modell variieren, weshalb ein vorheriger Vergleich mit den Bildern auf der Webseite von Moncler ratsam ist.
  • Das Material:
    Die Jacken sind aus hochwertigem Nylon gefertigt, welches sich weich und sehr bequem anfühlt. Bei Fälschungen kommen oft billige Stoffe zum Einsatz, die unangenehm auf der Haut liegen.
  • Der Cartoon:
    Je nach Modell befindet sich im Inneren der Jacke ein Cartoon in blasser Farbe, der Anweisungen zur Pflege der Jacke gibt. Wenn dies der Fall ist, ist dieser immer an der linken Innenseite der Jacke platziert.
  • Achtung!
    Online sind Moncler-Jacken nur bei wenigen ausgewählten Shops erhältlich. Daher sollte man sich vorher dringend darüber informieren, welche Seiten für den Verkauf berechtigt sind. Webseiten – ausgenommen die Homepage von Moncler selbst –, die den Namen „Moncler“ in der URL tragen, sollten dringend gemieden werden.

 

Der Louboutin-Schuh

Jeder kennt sie: Die Highheels mit der unverkennbaren roten Sohle. Keine Abendschuhe sind unter den Stars und Fashionistas begehrter als die scharfen Kreationen des französischen Schuhdesigners Christian Louboutin. Das macht die Designerstücke auch zu einem beliebten Produkt unter Fälschern. Ob nun Pumps, Peeptoes oder Flats – wer sich auf die Suche nach den passenden Louboutins begibt, sollte auf die folgenden Punkte achten:

  • Die Sohle:
    Diese ist ebenmäßig glatt und formt am Rand eine leichte Kurve hin zum Leder des restlichen Schuhs. Die rote Farbe wirkt satt und hat einen glänzenden Effekt.
  • Der Schriftzug:
    Im Inneren des Schuhs befindet sich der Schriftzug „Christian Louboutin Paris“. Die Linien der Buchstaben müssen immer akkurat sein und identische Abstände haben.
  • Die Stempelung:
    Auf der Sohle befindet sich ein Stempel, welcher gut lesbar von oben nach unten betrachtet das Louboutin-Logo, die Angabe „Made in Italy“ und die Schuhgröße in EU-Angaben zeigt.
  • Die Qualität:
    Bei den Kreationen von Louboutin handelt es sich um Luxusschuhe, die ihren Preis, aber auch ihre Qualität haben! Diese sollte zu sehen und zu spüren sein.
  • Der Staubbeutel:
    Auch der mitgelieferte Beutel mit dem Aufdruck „Christian Louboutin Paris“ muss gut verarbeitet sein. Fälscher arbeiten vor allem hier oft nachlässig, sodass der Staubbeutel verschnitten und das verwendete Material steif und billig wirkt.
  • Achtung!
    Auf der Webseite von Louboutin findet man eine Liste mit Shops, die offiziell für den Verkauf der Designerschuhe zugelassen sind.

 

Wie bei allen marktwirtschaftlichen Abläufen geht es auch auf dem Fälschungsmarkt allein um die Nachfrage von Konsumenten: Denn die Nachfrage bestimmt bekanntlich das Angebot. Als Verbraucher hat also jeder selbst die Wahl, zu entscheiden, was er in welchem Maße konsumiert. Vergessen wird dabei jedoch oft, dass sich diese Wahl nicht nur auf einen selbst auswirkt. Eine bewusste Entscheidung für eine billige Fälschung schont längst nicht nur den Geldbeutel, sondern unterstützt vor allem auch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, kriminelle Geschäfte und Kinderarbeit. Vielleicht ist hier das Gefühl, sich eine echte Tasche verdient zu haben, doch gerade das Schöne, oder?

 

Fotos: Moncler (3), Christian Laboutin, Louis Vuitton, P. M. J. Rothe (3), Aktion Plagiarius e.V.
Titelbild: Labels wie Louboutin (Schuhe), Moncler (Jacke) und Louis Vuitton (Tasche) wehren sich seit Jahren gegen Produktfälschungen.