GELESEN. GEFALLEN. GEHÖRT.

Lassen Sie sich von unseren Tipps zu einer kleinen Auszeit inspirieren.

Das Schicksal spielt mit

Max scheint auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Erziehung, Schule, Studium, Ehe bereiten ihn zielgenau darauf vor, eines Tages das erfolgreiche Unternehmen seines Vaters zu führen. Alles scheint ihm mühelos zu gelingen, bis ein Gerücht auftaucht, das zerstört, woran er sein Leben lang glaubte. Hatte das Schicksal mit ihm nur gespielt? War sein Lebenslauf vorgezeichnet? Oder unterlag alles, was geschehen ist, dem Zufall? Auch, wenn er alles, was ihm lieb und teuer war, verloren hat, will er zumindest eine letzte Entscheidung selbst treffen. Doch dann kommt Rettung von einer Seite, die er nicht erwartet hat. Die Geschichte eines Lebens, in dem auf einmal nichts mehr so ist, wie es war.

Helme Heine, Gisela von Radowitz, Im freien Fall, Roman eines Lebens, C. Bertelsmann Verlag, gebundenes Buch, 224 Seiten, ISBN: 978-3-570-10508-5, 22 Euro

Suche nach Geborgenheit

„Wenn ich wählen müsste, würde ich nach Tasmanien gehen. Es ist südlich genug, um nicht unter extremen Temperaturen zu leiden. Es hat reichlich Süßwasserreserven, wird demokratisch regiert und es leben dort keine Fressfeinde des Menschen. Es ist nicht zu klein, ist aber jedenfalls eine Insel, also leicht zu verteidigen. Denn man wird sich verteidigen müssen, glauben Sie mir.“ Tasmanien ist ein lebenspraller Roman über unsere Gegenwart. Mit seinem einfühlsamen, präzisen Blick auf die Welt, die uns umgibt – Glaube, Wissenschaft, Klima, Elternschaft, Liebe –, erzählt Paolo Giordano davon, wie wir alle nach einem Ort suchen, wo eine Zukunft möglich scheint. Damit gelingt ihm etwas Besonderes: Er gibt uns das Gefühl, weniger allein zu sein.

Paolo Giordano, Tasmanien, Random House Audio, Hörbuch MP3-CD, 13 h 20 min, ISBN: 978-3-8371-6577-7, 25 Euro

Mitreißend

Die ätherische Blandine, die eine Obsession für Hildegard von Bingen entwickelt hat und durch das System gefallen zu sein scheint, lebt nur durch die dünnen Wände eines schäbigen Apartmentkomplexes in einem ehemaligen Industrieort in Indiana von ihren skurrilen Nachbarn getrennt: einer Frau, die online Nachrufe schreibt, einer jungen Mutter mit einem dunklen Geheimnis und jemandem, der im Alleingang einen Feldzug gegen Nagetiere führt. Willkommen im Kaninchenstall. Eine schonungslos schöne und beißend komische Momentaufnahme des zeitgenössischen Amerikas, eine hinreißende und provokante Geschichte über Einsamkeit und Sehnsucht, Verstrickung und schließlich: Freiheit.

Tess Gunty, Der Kaninchenstall, Kiepenheuer & Witsch, gebunden, 416 Seiten, ISBN: 978-3-462-0-0300-0, 25 Euro

Was passiert, wenn die Natur zurückbeißt?

Der Countdown zur Apokalypse läuft: Kalifornien geht in Flammen auf, Überschwemmungen bedrohen Florida. „Der Planet stirbt, siehst du das nicht?“, wirft Cooper seiner Mutter vor, die ihre Küche gehorsam auf frittierte Heuschrecken umstellt. Heftige Diskussionen gibt es auch mit Schwester Cat. Sie hat sich als Haustier eine Tigerpython namens Willie angeschafft, die sie sich wie ein glitzerndes Juwel um die Schultern hängt. Die Frage nach dem Verhältnis zur Umwelt geht wie ein Riss durch die Familie, bis eines Nachts Willie aus dem Terrarium verschwindet. Mit „Blue Skies“ hat T. C. Boyle den ultimativen Roman über den Alltag in unseren Zeiten geschrieben. Unheimlich, witzig und prophetisch.

T. C. Boyle, Blue Skies, Hanser Verlag, fester Einband, 400 Seiten, ISBN: 978-3-446-27689-5, 28 Euro

Lebensretter in Lebensgefahr

Ohne ihn wäre die europäische Kultur ärmer. Varian Fry und seine Unterstützer retteten rund 2.000 Menschen vor dem Zugriff der Nazis. Unter ihnen europäische Künstler und Intellektuelle wie Hannah Arendt, Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, André Breton, Marc Chagall und Bella Rosenfeld Chagall. Trotzdem war Fry kaum bekannt – bis sich Netflix mit der Miniserie „Transatlantic“ seiner Geschichte annahm. Plötzlich stand der 1967 verstorbene amerikanische Journalist im Licht der Öffentlichkeit. Allerdings vermengte der Streamingdienst Dichtung und Wahrheit, sodass die wahre Geschichte Frys und seiner Helfer im Emergency Rescue Committee (ERC) ins Hintertreffen geriet. Wer sich für die reale Person Fry und dessen waghalsigen, lebensgefährlichen Rettungsaktionen im Vichy-Frankreich der Jahre 1940-1941 interessiert, wird im neuen, zweisprachigem deutsch-englischen Buch von Rüdiger Strempel fündig. Sehr fundiert und gut lesbar skizziert er die Ereignisse von der Gründung des ERC bis zu Frys erzwungener Ausreise aus Frankreich, sein weiteres Leben sowie die Beweggründe, die ihn zum Lebensretter machten. Dabei ordnet der Autor das Geschehen in den Kontext der amerikanischen Außenpolitik der frühen vierziger Jahre ein. Abgerundet wird das Buch durch zeitgenössische Aufnahmen der Orte des Geschehens sowie Porträts von Rettern und Geretteten. Eine lebendige Geschichte im Taschenformat.

Rüdiger Strempel, Varian Fry: Der Amerikaner, der Europas Künstler rettete/The American Who Rescued Europe’s Artists CMZ Verlag, Paperback, ISBN: 978-3-87062-364-7, 10 Euro

Polarisierend und explosiv

Da ist „der Mann, mit dem ich zusammen sein will“. Er ist Künstler, älter. Von ihm verspricht sich die Erzählerin Zugang zu einer privilegierten Welt. Er jedoch ist verheiratet und kommt von einer Affäre nicht los: „Die Frau, von der ich besessen bin“, inszeniert öffentlich ihr perfektes Leben. Je unerreichbarer es der Erzählerin erscheint, desto obsessiver stalkt sie die andere Frau in dieser modernen Dreiecksgeschichte. Doch wer braucht wen am Ende mehr? Der Fan das Objekt seiner Begierde oder andersherum? Sex, Gewalt, Zärtlichkeit, Humor – in ihrem furiosen Debüt seziert Sheena Patel klug und aufwühlend Beziehungen und Machtstrukturen.

Sheena Patel, I’m a Fan, hanserblau, fester Einband, 240 Seiten, ISBN: 978-3-446-27680-2, 20 Euro

Wenn die schönste Zeit des Jahres zum Albtraum wird

Ein Segeltörn in die wildromantischen schwedischen Schären – Caroline und ihr Mann Andreas erfüllen sich damit einen lang gehegten Traum. Auch Andreas’ junger Anwaltskollege und seine Freundin sind an Bord sowie der undurchschaubare, faszinierende Skipper Eric. Der Urlaub beginnt mit frischem sonnigen Wetter und erlesenen Abendessen, doch bald wird die See rauer und verborgene Konflikte lassen die Luft unter Deck immer drückender erscheinen. Bis eines Nachts ein gefährlicher Sturm losbricht. Mit spannenden Wendungen und atmosphärischen Naturschilderungen erzählt Kristina Hauff von dem, was unter der Oberfläche eines scheinbar perfekten Lebens brodelt. Und von einer Nacht, deren tödliche Bedrohung folgenschwere Wahrheiten ans Licht bringt. Ein Buch, das man in einem durchliest.

Kristina Hauff, In blaukalter Tiefe, hanserblau, gebunden, 288 Seiten, ISBN: 978-3-446-27581-2, 23 Euro

Unglaublich spannender Thriller

Der brillante Toxikologe Caleb Maddox lernt in einer Bar die verführerische Emmeline kennen. Sie flüstert ihm beim Absinth etwas zu, bekommt sein Blut an ihre Finger und streift dann zum Abschied mit ihren Lippen sein Ohr. Er muss sie wiedersehen … Auf der Suche nach ihr wird Caleb von der Gerichtsmedizin San Francisco um seine Expertise gebeten, denn aus der Bay werden immer mehr Männer geborgen, die unter unbeschreiblichen Schmerzen gestorben sein müssen. Die Suche nach dem Mörder verschränkt sich bald mit Calebs Jagd nach Emmeline, und je näher er beiden kommt, desto gefährlicher wird es für ihn … Ein Thriller für schlaflose Nächte.

Jonathan Moore, Poison Artist, suhrkamp taschenbuch 5325, Broschur, 349 Seiten, ISBN: 978-3-518-47325-2, 11 Euro

„Wo Wien zu Hause ist“

Wissen Sie eigentlich, was ein Fiaker ist? Neben dem ikonischen Wiener Pferdegespann versteht man darunter auch eine ganze besondere Kaffeekreation mit Schlagobers. Und Wien ist bekanntlich stolz auf seine traditionsreiche Kaffeehauskultur, die bis heute unverzichtbar für die Stadt ist. Fixer Bestandteil ist das Café Landtmann, das seit 150 Jahren Anziehungspunkt für morgendliche Zeitungsleser und Liebhaber der Kipferlkultur ist. Und vor dem abendlichen Theaterbesuch gibt’s dort noch ein Achterl und ein kleines Gulasch. Zum Jubiläum des Traditionskaffeehauses ist der Prachtband „Café Landtmann. Wo Wien zu Hause ist“ erschienen. Das Buch lädt mit Beiträgen und Bildern dazu ein, in die Atmosphäre und die Besonderheiten des Hauses damals und heute einzutauchen, und ist ein wunderbares Geschenk für alle Liebhaber der Kaffeehauskultur.

Berndt Querfeld (Hg.), Café Landtmann. Wo Wien zu Hause ist, mit Texten von Alexander Rabl und Fotografien von Nuriel Molcho, Brandstätter Verlag, Hardcover, 200 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN: 978-3-7106-0610-6, 38 Euro

Entspannte Lektüre

Die 25-jährige Takako hat einen Job, eine Wohnung in Tokio und einen festen Freund. Als dieser ihr eines Abends freudig eröffnet, er werde heiraten – und zwar eine andere –, fällt sie aus allen Wolken. Vor Kummer verkriecht sie sich und kündigt ihren Job. Als ihr Onkel ihr anbietet, eine Zeitlang in seinem Antiquariat im berühmten „Bücherviertel“ Tokios, Jimbōchō, auszuhelfen und dort auch unterzukommen, findet sie das zwar zunächst alles andere als reizvoll, willigt aber ein. Doch in dem kleinen Zimmer über dem Laden, inmitten von Büchern, entdeckt sie ihre Leidenschaft fürs Lesen – und schöpft allmählich wieder neue Kraft. Eine schöne Geschichte für trübe Herbsttage.

Satoshi Yagisawa, Die Tage in der Buchhandlung Morisaki, Insel Verlag, fester Einband, 189 Seiten, ISBN: 978-3-458-64369-2, 18 Euro

Liebeskomödie

Für Arthur Weniger läuft das Leben erstaunlich gut: Er ist ein mäßig erfolgreicher Schriftsteller, seine langjährige Beziehung mit Freddy Pelu scheint stabil. Aber kein Glück hält ewig, und so fehlt Arthur nach dem Tod einer alten Liebe plötzlich das Geld und Freddy das Vertrauen. Arthur tut das Naheliegende: Er legt seinen markanten blauen Anzug ab, lässt sich einen Schnurrbart wachsen und fährt in einem geliehenen Wohnmobil seinen Problemen davon. Im Zickzack durchkreuzt er ein Land, das ihn abwechselnd für einen Holländer oder den falschen Arthur Weniger hält. Und während Arthur sein geschundenes Herz spazieren trägt, wartet Freddy darauf, dass sein mäßig erfolgreicher Schriftsteller erkennt, was er zu verlieren droht: die vielleicht größte Chance seines Lebens auf ein Happy End.

Andrew Sean Greer, Happy End, S. Fischer, gebunden, 304 Seiten, ISBN: 978-3-10-397528-4, 24 Euro

Dystopischer Thriller

Hat man als Einzelner überhaupt eine Chance gegen das System? Eine junge Bibliothekarin aus Boston ist entschlossen, es zu versuchen – ihr bleibt keine Wahl. Und so greift sie zu, als sich die Einladung zu einem ungewöhnlichen Kräftemessen bietet: dem Betatest von FUSION, einem Projekt der US-Geheimdienste und des Social-Media-Moguls Cy Baxter. Wem es gelingt, 30 Tage unauffindbar zu bleiben, dem winken drei Millionen Dollar. Doch Kaitlyn geht es um etwas anderes.

Anthony McCarten, Going Zero, Diogenes, Hardcover Leinen, 464 Seiten, ISBN: 978-3-257-07192-4, 25 Euro

Fantasy

Die Cambridge-Professorin Emily Wilde ist in vielem gut: Sie ist die führende Expertin für Feen und eine geniale Gelehrte, die die erste Enzyklopädie über Feenkunde verfasst. Allein mit Menschen kommt sie nicht zurecht und zieht die Gesellschaft ihrer Bücher, ihres Hundes Shadow und des Feenvolkes vor. Als sie für ihre Forschung in das verschneite Dorf Hrafnsvik reist, hat Emily nicht vor, sich mit den ruppigen Einwohnern anzufreunden. Ebenso wenig möchte sie Zeit mit ihrem akademischen Rivalen Wendell Bambleby verbringen, der mit seinem unerträglichen Charme die Dorfbewohner um den Finger wickelt, sich in Emilys Arbeit einmischt und sie völlig verwirrt. Doch während Emily den Geheimnissen des verborgenen Feenvolkes auf den Grund geht, kommt sie auch einem anderen Rätsel auf die Spur: Wer ist ihr Kollege Wendell Bambleby und was will er wirklich? Um die Antwort zu ergründen, muss sie erst das größte Geheimnis von allen lüften – ihr eigenes Herz.

Heather Fawcett, Emily Wildes Enzyklopädie der Feen, Fischer Tor, gebunden, 416 Seiten, ISBN: 978-3-596-70844-4, 22 Euro