Wenn es draußen ungemütlich und unsicher ist, zieht sich der Mensch in seine Höhle zurück. Je mehr Zeit er darin verbringt, umso mehr beschäftigt er sich damit, sein Zuhause heimeliger zu machen und einen sicheren Hafen zu schaffen. Das Wohnzimmer wird renoviert, das Bad umgestaltet und ein neues Bett könnte auch her. Bequem soll es sein und – wenn möglich – nicht zu ausladend. Könnte ein Futon die Lösung sein?

In Japan hat das bodenebene Schlafen eine mehr als 2.000-jährige Tradition. Ungefähr die Hälfte der japanischen Bevölkerung nächtigt heute noch ganz anders, als wir es im Westen gewöhnt sind. Die Matratze, auf der man am anderen Ende der Welt schläft, der sogenannte Futon, hat nicht viel mit westlichen Schlafgepflogenheiten gemein. Dennoch ziehen es seit den 1980er Jahren immer mehr Europäer und damit auch Menschen hierzulande vor, auf einem Futon zu schlafen, während sich im Gegenzug das westliche Bett in Japan immer mehr durchsetzt. Doch was sind die Vor- und Nachteile eines Futons? Ein Selbsttest:

Zunächst einmal sollte festgehalten werden, dass nur die wenigsten sprichwörtlich auf dem Boden schlafen. Wer einen Futon der bei uns üblichen Federkern- oder Kaltschaummatratze vorzieht, legt diese Schlafunterlage in der Regel auf eine leicht abfedernde, in Holzrahmen aufgespannte Binsenmatte, deren Kern aus mehreren gepressten Lagen Reisstroh besteht. Das ist die Tatami-Matte. In traditionell gestalteten Zimmern wird sie auch als Fußboden verwendet und verleiht dem Raum ein warmes, gemütliches und natürliches Ambiente. Diese Matten sind isolierend und dämpfen besonders gut. Da sie recht empfindlich sind, betritt man sie nur barfuß oder mit Socken. Die Tatamis sind in der Regel zwischen 4,5 und 5,5 Zentimeter hoch.

Futon

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Das Besondere an einem Futon

Als Futon bezeichnet man in Japan sowohl die Matratze, die auch als Shikibuton bekannt ist, als auch die genutzte flache Zudecke, die Kakebuton heißt. Daher spricht man davon, sich in einen Futon hinein- und nicht daraufzulegen. Im Allgemeinen bezeichnet man mit Futon die Matratze, was wir an dieser Stelle ebenfalls tun wollen. Der Futon besteht vor allem aus geschichteter Baumwolle, die herkömmlicherweise eine Gesamtdicke von circa zehn Zentimetern ergibt. Im Gegensatz zu westlichen Matratzen besitzen klassische Futons keinerlei Federn oder sonstige flexiblen Elemente. Punkt-elastische Zonen aus Schaum oder Latex fehlen und das Liegegefühl ist eher fest und hart.

Die vermeintlich starre Unterlage kann aber auch anders. Wer sich bei hiesigen Futon-Händlern umsieht, stellt eine enorme Varianz fest. Es gibt Futons, die wesentlich dicker sind als andere, dazu eine Schicht aus Kokosfaser, Schurwolle oder Rosshaar aufweisen oder sogar Elemente westlicher Matratzen, wie Naturlatex für mehr Bequemlichkeit, in sich vereinen. Der Markt passt sich den Bedürfnissen und Gewohnheiten europäischer Käufer an – und das spürt man.

Wer sich auf die Suche nach einer neuen Matratze begibt, weiß, wie zeitaufwendig dies sein kann. Probeliegen auf unzähligen Exponaten, bis es keinen Unterschied mehr macht, und das Wundern über Preisklassen, die spätestens nach einer Stunde ausgiebigen Testens nicht mehr nachvollziehbar sind, gehören dazu. Folgender Satz erschwert eine Kaufentscheidung zusätzlich: „Sie werden erst nach einigen Wochen merken, ob es wirklich die passende Matratze ist.“ Darum stellen wir grundlegende Eigenschaften vor, damit zumindest die Vorabentscheidung zwischen Futon und westlicher Matratze leichterfällt.

Vor- und Nachteile

Viele Futon-Betten im Geschäft sind auf den ersten Blick nicht von herkömmlichen Schlafgelegenheiten zu unterscheiden, da die japanischen Matratzen gerne etwas dicker sind und mit einem Laken überzogen auf einem Bettgerüst liegen. Viele schätzen das andere Liegegefühl auf den Baumwollschichten, das oft als rückenschonender empfunden wird. Doch der größte Vorteil ist, dass die dünneren Futons ohne Umstände zusammengerollt und verstaut werden können. Eine gewisse Regelmäßigkeit dabei ist notwendig, denn liegt der Futon direkt auf dem Boden oder auf der Tatami-Matte, nimmt die Matratze Feuchtigkeit auf. Ein Aufrollen oder Falten ein- bis zweimal die Woche reicht zum Belüften aus. Aufgrund der Flexibilität sind Futons besonders praktisch als Gästebett.

Futon und Tatami bestehen in der Regel zu hundert Prozent aus natürlichen Materialien, die ungefärbt sowie rein und damit für einen gesunden Schlaf förderlich sind. Die geschichteten Baumwollmatratzen besitzen keine ergonomischen Zonen, wodurch viele konventionelle Futons für Seitenschläfer weniger gut geeignet sind. Aufgrund der geringen Höhe der Matratze passt sie außerdem oft nur in spezielle Futon-Betten. Wer einen Futon auf seinen altbekannten federnden Lattenrost legt, wird schnell merken, dass das keine bequeme Kombination ist. Wer sich also für das Schlafen auf dem Boden entscheidet, sollte diese Aspekte beachten und sich auf eine gänzlich andere Art zu schlafen einstellen.

Zeremonien sind in der japanischen Kultur enorm wichtig. Für den einen oder anderen ist das alltägliche Aus- und Zusammenrollen des Futons zu Beginn vielleicht etwas nervig, aber nach einer Weile lernt man es schätzen. Morgens werden nach einer Stoßlüftung die Schlafsachen in einer Kiste verstaut, der Futon wird aufgerollt und die Schlafstätte verwandelt sich in einen Wohnraum. Der Tag kann beginnen. Abends bereitet diese Zeremonie bewusster auf das Schlafen vor.

Der Test ergibt: Über Bequemlichkeit und Gesundheit kann man nach etwas über einem halben Jahr noch nichts sagen. Man muss länger auf einem Futon schlafen, um beurteilen zu können, ob er besser ist als die bekannten Federkern- oder Kaltschaummatratzen. Im Zweifel würde ich Rückenschläfern jedoch zur japanischen Matratze raten. Insgesamt liegt der große Vorteil im zeremoniellen Drumherum, dem Ambiente, sodass wir auch im Falle eines Umzugs in eine größere Wohnung beim Futon bleiben werden. Auf dem Boden schlafen ist einfach schön.
(Bryan Kolarczyk)