Offene Raumschnitte, puristische Einrichtungen, naturnahe Materialien und intelligente Systeme, die das Haus kontrollieren und steuern: Wohnen hat sich verändert und damit auch der Anspruch an die Architekten. Einer, der genau diese Vision von modernem Wohnen verwirklicht hat, ist Torsten Graf*. Der Unternehmer hat in St. Augustin sein Traumhaus gebaut und in Rainer Grotegut einen Architekten gefunden, der die Herausforderung angenommen hat.

 

„Wir haben uns ein Haus gewünscht, das optisch dem Bauhausstil folgt, ihn aber nicht ganz so konsequent umsetzt. Es sollte etwas aufgelockerter sein.“

 

Beim Begriff Smart Home denken die meisten an den Kühlschrank mit Internetanschluss, der warnt, wenn beispielsweise die Milch leer ist. Doch bei dem Haus von Torsten Graf liegt man dabei falsch. „Wir haben uns ein Haus gewünscht, das optisch dem Bauhausstil folgt, ihn aber nicht ganz so konsequent umsetzt. Es sollte etwas aufgelockerter sein. Darüber hinaus war es uns wichtig, dass unser Haus über eine Gebäudeautomatisierung verfügt, die alle wesentlichen Funktionen des Hauses wie Heizungssteuerung, Sonnenschutz, Lichtszenen und Multimedia via Smartphone und Tablet steuert“, fasst Graf seine Vision von Wohnen zusammen. Für Rainer Grotegut kein leichtes Unterfangen: „Das Haus ist sehr designambitioniert und hat uns als Planer in allen Belangen vor eine große Herausforderung gestellt. Vieles liegt im Detail. Auf Basis einer umfassenden Bedarfsanalyse wurden alle Merkmale der Design- und Bedienungsphilosophie des Hauses zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Architektenentwurfs gestaltet.“

 

„Ein solches Haus ist ein Leuchtturmprojekt, in das man sehr viel Herzblut steckt ...“

„Ein solches Haus ist ein Leuchtturmprojekt, in das man sehr viel Herzblut steckt …“

 

Das Haus spielt mit Sinneseindrücken. Das fängt bei den Materialien Holz, Beton und Glas an, geht weiter über die raffi nierte Mediaplanung und endet schließlich bei einer Raumlüftung, die einen angenehm frischen Duft hinterlässt. „Ein solches Haus ist ein Leuchtturmprojekt, in das man sehr viel Herzblut steckt und für das man einen Bauherren braucht, der einen mit seinen Ideen herausfordert“, sagt Grotegut.

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Die Küche ist das kulinarische Kommunikationszentrum des Hauses.

Baubeginn für das Haus war Oktober 2013. Rund ein Jahr später konnte die vierköpfige Familie die 270 Quadratmeter beziehen. Das Haus ist straßenseitig an einem Hang gebaut. Sichtbeton, architektonische Einfassungen an Eingangsbereich und Garage sowie die Natursteinfassade verleihen dem Gebäude einen individuellen Charakter. Trotz oder gerade wegen seiner optischen Leichtigkeit ist das Dach des Hauses sehr prägnant. Der Dachrand geht auf ein vom Bauherrn vorgelegtes Beispiel zurück, das vom Architekturbüro Grotegut in Sichtbeton neu interpretiert wurde. „Wir wollten ein optisch leichtes Dach haben, das das abschließende Staffelgeschoß nicht erschlägt“, erklärt Graf, der eine solche Dachkonstruktion aus amerikanischen Beispielen kennt – allerdings aus Holz. „Wir haben das Holz durch Beton ersetzt. Der Dachrand verjüngt sich leicht, dadurch wirkt er trotz der Schwere des Materials wesentlich weniger massiv“, erläutert Grotegut.

Das Haus verfügt über drei Ebenen. Im Untergeschoss sind neben der Garage Wirtschaftsräume, ein Raum für die Haus-, Lüftungs- und Heizungstechnik sowie ein Hobbyraum untergebracht. Von der Garage aus hat man einen direkten Zugang ins Haus. Alle Ebenen sind durch Treppen miteinanderverbunden. Die Treppe vom Erd- ins obere Geschoss ist eine filigrane Holztreppe mit Glasgeländer, die nahezu im Haus schwebt.

Feinsteinfußböden empfangen die Besucher im Erdgeschoss im Eingangsbereich und im Gästebad, im Wohnraum und der Küche sind Holzdielen verlegt. Küche und Wohnzimmer sind durch wandhohe Schiebetüren von einander getrennt. Geöffnet wirken beide Räume als luftige, offene Einheit. Das Wohnzimmer wird von einem großzügigen gasbetriebenen Kamin in einen Wohn- und Essbereich unterteilt. Auch dort wurde auf eine gewisse Leichtigkeit und Offenheit geachtet. Abgasrohr und Sauganlage führen nicht direkt nach oben, sondern in den Keller und erst von dort nach oben.

 

„Dank unseres Smart Homes ist jetzt alles viel einfacher geworden. Nur eine Berührung auf der Oberfläche meines Tablets genügt und eine von uns zuvor definierte Szene wird aufgerufen …“

 

iPad mit Smart-Home-Steuersoftware

iPad mit Smart-Home-Steuersoftware

Wie in fast allen Räumen so sind auch im Wohnzimmer Lautsprecher in die Decke integriert. Darüber hinaus wurden für einen raumfüllenden Sound Lautsprecher in eine Trockenwand unsichtbar eingeputzt. Mediatechnik, Jalousien, Lüftung, Heizung und Licht im gesamten Haus lassen sich mit Tablet bzw. iPhone einzeln steuern. „Wir wollten eine Haustechnik haben, die man nicht sieht“, so Torsten Graf. „Im Technikraum im Keller steht ein Server, von dem aus alles angesprochen wird.“ Er hat sich lange mit dem Thema beschäftigt. Es gibt viele Anbieter und jeder hat seine eigene Oberfläche, auf der man die verschiedenen Funktionen anwählen kann. Graf hat sich für eine sehr übersichtliche Oberfläche entschieden, die mit einem normalen Tablet angesteuert werden kann. Über separate Schalter in allen Räumen kann das Busssystem ein- und ausgeschaltet werden, sollte das WLAN einmal nicht funktionieren. Besonders ausgeklügelt ist auch das LED-Lichtkonzept unter anderem mit kardanischen Leuchten und eingeputzten Spots, das Bauherr und Architekt gemeinsam mit den Fachleuten von Lichthaus Enzinger verwirklicht haben. „Dank unseres Smart Homes ist jetzt alles viel einfacher geworden. Nur eine Berührung auf der Oberfläche meines Tablets genügt und eine von uns zuvor definierte Szene wird aufgerufen: Das Licht geht in allen oder bestimmten Räumen an, unsere Lieblingsmusik wird dort eingeschaltet, wo wir es möchten, die Jalousien fahren hoch und ich sehe, wo ein Fenster noch geöffnet ist. Wir haben nur noch eine Fernbedienung und der Rest passiert einfach automatisch“, ist Graf begeistert.

 

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Die scheinbar schwebende Treppe ist aus Holz und verbindet Wohn- und Schlafräume. // Der Kamin teilt den großen Raum in Ess- und Wohnbereich. Das Feuer ist von beiden Seiten zu sehen.

 

Die großzügige Raumaufteilung und intelligente Vernetzung setzt sich im Staffelgeschoss fort. Schlafräume, Bäder und Ankleidezimmer stellen den ganz privaten Bereich der Familie dar, in dem auch viel Wert auf hochwertige Materialien und kabellose Technik gelegt wurde. „So ein Haus erfordert einen hohen Aufwand an Bauleitung und viele, viele Gespräche. Es baut sich nicht von alleine. Das gesamte Konzept ist äußerst komplex, da muss wirklich jedes Detail stimmen“, resümiert Rainer Grotegut.

 

*Der Name wurde von der Redaktion geändert.
Fotos: Grotegut Architekten (7), P. M. J. Rothe (1)