„Was gibt es Schöneres, als gemütlich zur Winterzeit auf der Couch ‚Der Herr der Ringe‘ zu lesen? Es sich von Gandalf vorlesen zu lassen!“ Auf diese Empfehlung einer gleichgesinnten Leseratte hin besorgte ich mir damals mein erstes Hörbuch. Da mich Lesen trotz aller Freude daran im Berufsleben viel Zeit kostet, klang das Prinzip der authentischsten Lesestunde seit Tolkiens Lebzeiten wie Musik in meinen Ohren. Ein Hörbuch konnte ich schließlich auf der Autofahrt zur Arbeit genießen. Allerdings lese ich um einiges schneller als mir die deutsche Synchronstimme des ikonischen Zauberer-Schauspielers Ian McKellen meine Lieblingsgeschichte vorlas. Hörbücher sind deshalb leider nichts für mich. Podcasts hingegen sind das Medien-Upgrade, auf das ich und mit mir fast 24 Millionen Deutsche gewartet haben.

Riesiges, praktisches Angebot

Podcasts sind regelmäßig veröffentlichte Audio-Beiträge oder -Sendungen zu verschiedenen Themen, die unter anderem über Radio- und Zeitungswebseiten, über Apps oder von Musikstreaming-Diensten angeboten werden. Die mit Abstand am häufigsten genutzte Plattform ist Spotify, gefolgt von Youtube oder, bei der Altersgruppe ab 50, die ARD-Audiothek. Podcasts können direkt gehört oder zum späteren Hören heruntergeladen und abonniert werden (kostenfrei oder kostenpflichtig).

Der Vorteil des Mediums liegt klar auf der Hand: Podcasts können nebenbei gehört werden. Spätestens seit der Etablierung von Streaming-Diensten haben feste Spielzeiten keine Bedeutung mehr. Das gilt für Filme und Serien schon lange und nun auch für politische Gesprächsrunden und Dokumentationen. Für die muss man sich keine Erinnerung im Kalender machen, sondern schaut einfach im Internet jederzeit nach Bedarf, was es so im Angebot gibt. Selbst die Kanzlerin bietet einen Podcast an, um auf diese Weise ihre Politik zu kommunizieren.

Die meisten Menschen hören sich Podcasts an, um sich zu informieren. Laut der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia sei es den Nutzern am wichtigsten, mit Wissen ihren eigenen Horizont zu erweitern. Darüber hinaus sei Entspannung dabei wichtiger als reine Bespaßung. So sind Comedy und Satire sowie Wissensformate die beliebtesten Podcasts hierzulande. Das Spotify-Original „Gemischtes Hack“ hatte stolze 1,1 Millionen Zuhörer. Das Comedy-Format von Autor Tommi Schmitt und Comedian Felix Lobrecht erscheint wöchentlich und ist ein mehr oder weniger freier Dialog der beiden Künstler über sich selbst und ihren Berufsalltag, woraus sich der jugendliche Humor ergibt.

Perfekt für ein Millionenpublikum

Wie Goldmedia mit den Ergebnissen ihres POD-Ratings von Juli 2020 zeigt, sind die Audio-Beiträge zur festen Mediengröße geworden. Die aktuell umfangreichste Erhebung zum Podcast-Markt in Deutschland ergab, dass 34 Prozent der hiesigen Bevölkerung über 14 Jahren Podcasts schon gehört haben und rund 15 Prozent das aktiv tun. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist der Anteil der aktiven Hörer sogar doppelt so hoch und insgesamt werden es immer mehr. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie nutzen 78 Prozent der Podcast-Fans das Medium intensiver denn je: drei Stunden, maximal fünf Podcasts pro Woche.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Bei aller Beliebtheit und in Anerkennung ihres unbestreitbaren Mehrwerts muss man dennoch feststellen, dass nicht gerade wenige Podcasts zäh wie Kaugummi sind. Die Informationen aus beispielsweise 60-minütigen Wissensformaten ließen sich oft genauso gut in weniger als der Hälfte der Zeit vermitteln. Podcasts sind zwar eine angenehme Informationsquelle, weil man gefühlt selbst in der Gesprächsrunde sitzt und ohne Zeitdruck und strengen Ablauf frei gesprochen wird. Doch gerade dieser Umstand hört sich sogar bei seriösen Formaten führender Verlage mitunter wie eine Blaupause ihrer Journalisten an. Andere erheben bloßes Plaudern zur Königsdisziplin im Diskurs. Genau das schenkt einem immerhin das Gefühl, nicht allein zu sein. Und wer von einem bestimmten Thema nicht genug bekommt, der hört gerne anderen dabei zu, wie sie darüber reden und reden und reden. Es ist also wirklich für jeden etwas dabei.

Das kostbarste, was wir haben, ist Zeit. Die Ironie ist, dass wir mit Podcasts viel davon einsparen, wenn wir sie nebenbei hören, obwohl diese praktischen Audio-Beiträge verhältnismäßig lang sind. Wer dieses Medium schätzt, der konsumiert dessen Inhalte weniger, vielmehr genießt er sie. Und was gibt es schöneres als Genuss mit Mehrwert? (Bryan Kolarczyk)

Podcasts

Fotos: pixabay.com (2)

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