Stamm und Äste sind grau und knorrig, die Blätter zartgrün mit einem Stich ins Silberne. Reife Früchte glänzen in tiefem Schwarz, unreife schimmern in einem satten Grün. Das grüne Gold, wie Olivenöl auch genannt wird, ist mittlerweile nicht nur unverzichtbare Zutat in vielen Küchen, sondern längst zum Kult avanciert. Die kleine Frucht hat großes Potenzial – wenn man als Konsument weiß, woran man gutes Öl erkennt.
Olivenzweig

Olivenzweig

Foto: © Tom79/pixabay.com

„Es ist schwieriger, gutes Olivenöl herzustellen, als guten Wein zu keltern.“

Weltweit werden jedes Jahr rund drei Millionen Tonnen Olivenöl gewonnen. Mal mehr, mal weniger. Spitzenreiter ist Spanien, das in der Ernteperiode 2013/2014 rund eineinhalb Millionen Tonnen Olivenöl produzierte – den absoluten Großteil davon in Andalusien aus der dort beheimateten Picual-Olive. Italien folgte mit rund 450.000 Tonnen, Griechenland mit 230.000 Tonnen und Portugal mit 76.000 Tonnen. Aus Frankreich, dem Land, in dem man wie die Götter speist, kommen gerade mal 5.000 Tonnen. Olivenöle gibt es heute in jedem Supermarkt, von wo aus sie in den meisten Haushalten landen. Es wird immer beliebter, doch nur wenige Konsumenten haben einen Schimmer, wie echtes Extra Vergine schmeckt – denn, wo die höchste Güteklasse draufsteht, ist nicht immer das beste Öl drin. „Es ist schwieriger, gutes Olivenöl herzustellen, als guten Wein zu keltern“, sagt Silvan Brun, Geschäftsführer und Inhaber von Coltura Delicata. Das Schweizer Unternehmen vertritt Ölproduzenten, die zu den besten Erzeugern der Welt zählen. 

„Ein guter Olivenbauer weiß: Um gutes Olivenöl zu gewinnen, muss er früh auf die Leiter und die noch nicht schwarzen Früchte vom Baum pflücken“, erklärt Brun. Die Herstellung von Olivenöl, das die Bezeichnung „Extra Vergine“ wirklich verdient, ist aufwendig und teuer. „Viele Olivenbauern und -müller leisten das ganze Jahr über harte Arbeit, erzielen aber letztendlich nur minderwertige Olivenöle“, betont Brun. Der Grund: Sie arbeiten noch nach alten traditionellen Methoden, die seit Generationen überliefert wurden, heute aber – selbst bei guten Olivenernten – den Ansprüchen an ein sehr gutes Öl nicht mehr gerecht werden. So werden Oliven nicht immer binnen weniger Stunden nach der Ernte zur Mühle gebracht – eine der wichtigen Voraussetzungen für gutes Öl. Die gepflückten Früchte müssen schnell verarbeitet und vor allem mit Samthandschuhen angefasst werden. „Verletzte Oliven beginnen sofort zu oxidieren, daher müssen sie aussortiert werden, sonst schaden sie dem Geschmack“, sagt Brun.

Wie aber sieht ein optimaler Produktionsprozess aus? Die Oliven müssen vom Produzenten zunächst zum richtigen Zeitpunkt im idealen Reifezustand – grün bis maximal „veraison“ (Farbwechsel von Grün zu Violett) – geerntet werden. Dabei hat jeder Baum, von dem geerntet wird, ein anderes Mikroklima. An dem einen Baum hängen schon leicht dunkle Oliven, während am nächsten Baum vorwiegend noch grüne Oliven zu finden sind. Nach der Ernte geht es in möglichst maximal sechs Stunden zur Mühle. Traditionelle Produktionsverfahren beispielsweise mit Mühlsteinen und Pressmatten erzeugen keine Öle höchster Güteklasse. Sehr gutes Öl wird völlig unromantisch mit 2- oder 3-Phasen-Dekantern aus Edelstahl gewonnen. „Wer gutes Olivenöl produzieren möchte, braucht auf der einen Seite viel Passion, noch mehr Know-how und vor allen Dingen modernste Edelstahlölmühlen, die mit kontrolliertem Sauerstoffkontakt arbeiten“, erklärt Brun.

Von diesem aufwendigen Prozess, bei dem der Erfolg im Detail liegt, bekommt der Verbraucher natürlich nichts mit. Er kauft in der Regel die Flasche Olivenöl Extra Vergine wegen des Aufdrucks mit einem guten Gefühl und ohne genau zu wissen, wie viel harte Arbeit und Engagement dahinter steckt. „95 Prozent sind als Extra Vergine falsch etikettiert“, gibt Brun jedoch zu bedenken.

Herausfinden könne man dies am Geschmack. Die Crux: Der normale Konsument hat noch nie richtig gutes Olivenöl geschmeckt. Stattdessen hat er sich an Fehlaromen gewöhnt und findet sie lecker – oder auch nicht. Brun: „Ein Olivenöl, das zum Beispiel butterähnlich schmeckt, ist schlechtes Öl und hat mit Sicherheit nichts mit Extra Vergine zu tun. Gute Öle sind bitter und etwas scharf. Selbst die bekannte ligurische Taggiasca-Olive, von der Konsumenten glauben, sie stünde für mildes süßliches Öl, bringt in Wirklichkeit bei richtiger Pflege, zeitgenauer Ernte und fachmännisch korrekter und schneller Verarbeitung sehr bittere und scharfe Öle hervor.“

Der Preis eines Öls bietet einen Hinweis, ist aber nicht immer die Garantie für ein gutes Öl. „Öle für fünf Euro pro Liter sind nie eine Option. In der Toscana kostet die Produktion eines Liters Extra Vergine zwischen 15 und 22 Euro“, weiß Brun. Außerdem, so der Fachmann, solle man Öle, die aus europaweit zusammengetragenen Olivenölen verschnitten und abgefüllt wurden, lieber im Regal stehen lassen. Den Hinweis auf solche Öle findet man auf dem Etikett: „Aus Olivenölen aus der Europäischen Gemeinschaft“. Ein Indiz für ein Qualitätsöl kann die genaue Angabe der Olivensorte, der Region, der Ernteperiode und einiger chemischer Parameter wie z. B. der Aufdruck des Polyphenolgehaltes (über 300 mg/kg) sein. Solange man also nicht wirklich sicher sein kann, dass Extra Vergine auch Extra Vergine enthält, sollte man sich auf den eigenen Gaumen verlassen. Im Gegensatz zu den Supermärkten gibt es in einigen Feinkostläden die Möglichkeit, Öle zu verkosten. Das sollte man sich nicht entgehen lassen und ein Gläschen Öl genießen. 

Olivenöl
V.l.: Jordan, Edelstahlflasche zur Aufbewahrung, ab 9,95 Euro  //  Chateau d‘EstOublon, 50 ml Spray, ab 13 Euro; Jordan Olivenöl, 500 ml, ab 10,50 Euro  //  Casas de Hualdo, 500 ml, ab 22,10 Euro  //  I Greppi di Silli, 500 ml, ab 27,50 Euro  //  Picholine von Chateau d‘EstOublon, 500 ml, ab 29,00 Euro  //  Buch: „Extra Vergine“, Die erhabene und skandalöse Welt des Olivenöls, von Tom Mueller. Redline Verlag, 312 Seiten, gebunden ab 24,99 Euro

Olivenöl ist jedoch mehr als nur ein Lebensmittel. Olivenöl ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und hier spielt auch sein Einsatz in der Kosmetik eine große Rolle. Weltweit hat sich Olivenöl als zarter Helfer bei trockener Haut und sprödem Haar einen Namen gemacht. Ob in Cremes, Lotions, Conditioner, Badezusatz oder einfach nur Seife – Olivenöl ist ein echtes Kosmetiktalent.

Aus der Flasche kann man es direkt auf die Haut auftragen. Sie haben richtig gelesen. Olivenöl als Beautybooster kann auch pur angewendet werden. So wirkt es ganz wunderbar, wenn Sie es mit etwas Salz mischen, als Peeling. Die Haut wird streichelzart. Aber auch direkt ins Badewasser gegeben, ist es eine tolle Pflege bei trockener Haut. Nur Vorsicht beim Aufstehen, es könnte ein bisschen glitschig sein! Bei brüchigen Fingernägeln, rissigem Nagelbett oder trockenen Fußnägeln ist Olivenöl ebenfalls ideal. Massieren Sie es unverdünnt ein und nehmen Sie nach etwa zehn Minuten den Rest mit einem Tuch ab.

Olivenöl hat viele Talente und es wundert nicht, dass es sich heute genauso großer Beliebtheit erfreut wie früher bei den Griechen und Römern. Mit dem trendigen Öl holt man sich Mittelmeerflair in Bad und Küche. Auf einen schönen Sommer mit einem Schälchen guten! Olivenöls, einem frischen Baguette und einem Gläschen Wein!

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