„Das Schönste ist, einen Film in der freien Natur unter Sternenhimmel genießen zu können …“ Im DRIVE IN Autokino in Köln-Porz weiß man die Vorzüge des fast schon ausgestorbenen Kinoerlebnisses zu schätzen. Die Sternstunden dieses Freiluftkinos liegen schon lange zurück: In den 50er- und 60er-Jahren gab es in den USA noch 4.000 Leinwände für den mobilen Kinoabend, von denen heute gerade mal 300 übrig geblieben sind. Und auch in Deutschland kann man seit Ende der 70er nicht mehr von einem Boom des Autokinossprechen. Das aktuelle Stichwort ist ein anderes: Comeback!

Der Kinobranche im Allgemeinen geht es verhältnismäßig schlecht. Zum einen wird das Heimkino immer besser und günstiger, zum anderen können oft nur die großen Kinoketten mit der kostspieligen neuen Projektionstechnik mithalten. Die meisten gehen mittlerweile auch nur ins Kino, „wenn es sich wirklich lohnt“. Also dann, wenn ein großer Blockbuster in den Startlöchern steht, der im Wohnzimmer nicht seine ganze Wirkung entfalten kann. Arthouse-Produktionen etwa verschwinden nach relativ kurzer Spielzeit wieder aus den Sälen und werden anschließend zügig per DVD, Blu-ray oder Video- on-Demand (Netflix, Sky etc.) vertrieben. Über die illegalen Streaming-Möglichkeiten im Internet braucht man gar nicht erst zu sprechen. Im Zuge dieser Veränderung verliert die Kinolandschaft ein Independent-Lichtspielhaus nach dem anderen und die, die sich halten können, schaffen dies im Grunde nur noch mit dem Snack- und Getränkeverkauf sowie mithilfe von Fördergesellschaften. Doch wie so oft gibt es kuriose Ausnahmen.

Autokino Porz. Die hauseigene Snackbar bietet eine große Auswahl an frischen Burgern, Hotdogs und Bratwürsten über Süßwaren und Eis sowie frisches Popcorn bis hin zu allen gängigen Getränken.

Die hauseigene Snackbar bietet eine große Auswahl an frischen Burgern, Hotdogs und Bratwürsten über Süßwaren und Eis sowie frisches Popcorn bis hin zu allen gängigen Getränken.

Laut der Filmförderungsanstalt FFA haben Kino-Sonderformen 2017 sowohl bei Umsatz und Tickets als auch beim Bestand kräftiger zugelegt als der Kinomarkt insgesamt. Das heißt, dass unter anderem Filmfeste, Open-Air- und kommunale Kinos fast 5,4 Millionen Tickets verkaufen konnten. Das ist ein Plus von 1,1 Prozent – klingt wenig, ist aber mehr als Multiplex- und herkömmliche Kinos vorweisen konnten. Besonders gut schneiden dabei die hiesigen Autokinos ab. Diese verkauften 2017 sage und schreibe 15,2 Prozent mehr Tickets als im Jahr davor. Wirklich vergessen hat man diese Art, Filme zu gucken, offensichtlich nicht, im Kölner DRIVE IN Autokino bis heute und für sogar absehbare Zeit nicht. Denn die Besucher- und Umsatzzahlen sind stabil und von der generell eher schlechten Entwicklung der Kinobranche etwas abgekoppelt. Das hat gute und vielleicht weniger offensichtliche Gründe.

Sleeping in my Car

Das romantische Bild vom Autokino zeigt uns Pärchen, die eng umschlungen im Cabriolet klassische Liebesfilme gucken. Bestimmt erinnern Sie sich noch an John Travolta aus Grease von 1978, der – wie unzählige andere prominente Beispiele auch – langsam seine Hand zu seiner Begleitung herüberwandern lässt. Ob diese daraufhin lauthals aus dem ruchlosen „Sin Wagon“ steigt oder mehr geschehen lässt, für etwaige Szenarien gab es damals die sogenannten Love Lines. Damit sind die hintersten Parkreihen im Autokino gemeint, in welchen Paare ungestört und ohne andere zu stören, ihre Zweisamkeit genießen konnten. Von solchen Vorfällen weiß man im DRIVE IN jedenfalls nichts – und Romanzen laufen auch nicht. Der Anteil an Pärchen dürfe genauso hoch sein wie in anderen Kinos auch. Es gebe einige, die alleine ins Autokino kommen, ebenso wie ganze Freundeskreise, die zu fünft im Wagen sitzen. Bei entsprechendem Programm-
angebot kommen auch Familien mit zwei bis vier Personen. Platz finden auf dem Gelände insgesamt bis zu 1.000 PKWs. Der Sommer ist erwartungsgemäß die umsatzstärkste Jahreszeit. Aber auch im Winter sieht es gut aus. Die Besucherzahlen sind im Allgemeinen nicht allzu wetterabhängig. Während der kälteren Jahreszeiten verzeichne man guten Zuspruch. Nur wenn es beispielsweise im Februar regnet und schneit, fährt kaum jemand vor die 540 Quadratmeter große Leinwand.

Alle Besucher schätzen die gemütliche Atmosphäre des Freiluftkinos. Besonders für Raucher ist es eine angenehme Möglichkeit, aktuelle Filme zu schauen, da sie hier nicht auf ihre Zigarette verzichten müssen. Unter freiem Himmel kann man beim Filmschauen die Lautstärke nach eigenem Geschmack einstellen. Der Ton zum Bild ist über eine UKW-Frequenz via Autoradio zu empfangen. Große Boxen, die auf dem Parkgelände verteilt sind, gehören der Vergangenheit an. Der vielleicht größte Vorteil des Autokinos liegt für die meisten wohl darin, ungestört zu sein. Wer kennt sie nicht, die unermüdlichen Quasselstrippen, die desinteressierten Handyleuchter, die schmatzenden Popcorngenießer und wie sie alle heißen. Im Autokino schützen die eigenen vier Räder vor unerwünschten Ablenkungen. Und wenn Sie selbst zu den aufgezählten Störenfrieden gehören, wen interessiert es in den eigenen Wänden auf vier Rädern schon?

Autokino Porz

Man kann übrigens sogar seinen Hund mitbringen. Für Verpflegung ist mit Snacks und Getränken sowie Hamburgern, Bratwürstchen und Pommes gesorgt. Das Mitbringen von eigenen Speisen ist zwar untersagt. Aber bisher wurde niemand deswegen des Platzes verwiesen. Die selbstständige Verpflegung ist in Anbetracht der günstigen Preise übrigens wirklich unnötig. Bezahlt man in herkömmlichen Kinos beispielsweise für 0,5 l Cola oder Bier bis zu 4 Euro, fallen im DRIVE IN nur 2 bis 3 Euro plus Pfand an. Pommes für 1,50 Euro sind auch ein Schnäppchen. Der Ticketpreis von 8 Euro pro Person ist gar nicht bis kaum höher als in gängigen Kinos. Darüber hinaus gibt es diverse Rabattaktionen. Die Preise werden stets so günstig wie möglich kalkuliert. Darin sehe man eine Art „Verpflichtung“ gegenüber den Kunden.

Schau mir in die Augen, Kleines – Nicht!

Zumindest im Kölner Autokino werden hauptsächlich dieselben Mainstream-Blockbuster disponiert wie im Saal: 2018 gehörten dementsprechend Deadpool, Avengers: Infinity War und Jurrassic World: Fallen Kingsdom zu den absoluten Highlights. In den Spätvorstellungen am Wochenende kann man sich bei ausgewählten Horrorfilmen gruseln. Hin und wieder erfreuen sich auch Klassikerreihen großer Beliebtheit. Es gibt auch Oldtimer- und Tuning-Events, die den Filmabend ganz besonders exklusiv machen.

In der Vergangenheit haben sich Innovationen und Investitionen ausdrücklich gelohnt. Die bisher größten Erneuerungen in der Geschichte des Autokinos waren die Umstellung auf die Funkübertragung des Tons sowie die Digitalisierung der Projektion. Derzeit werde geprüft, ob weitere fortschrittliche Lösungen im Bereich Technik sinnvoll sind. Namentlich betrifft dies vor allem Laserprojektion und LED-Technik.

Das Kino stirbt nicht, auch nicht langsam. Es verändert sich vielmehr und mit dem Autokino erweist sich eine fast vergessene Sonderform als besonders krisenfest. Für die ca. 20 verbliebenen ihrer Art in Deutschland stehen alle Zeichen auf Go.

(Bryan Kolarczyk)