Früher zogen Männer der Minne auf die Wartburg zum Wettstreit unter Sängern. Richard Wagner machte mit „Tannhäuser“ eine Oper daraus. Heute treffen sich junge Poetinnen und Poeten zu einem Poetry-Slam, was nichts anderes meint, als einen Wettkampf der Dichter.
Poetry-Slam

Dichterstreit. Der Poet begeistert mit selbsterdachten Reimen das Publikum, das ihm die Krone des Poetry-Slam überreicht. Impressionen eines Abends im Versmaß der Jugend.

Jeder Wettkampf hat seine Regeln – auch dieser. Sechs Minuten darf der Vortrag dauern, es müssen eigene Texte sein, die nicht gesungen werden dürfen. Mehr braucht es in Köln nicht, wenn junge Wortkünstler sich an jedem letzten Dienstag im Monat zu „Reim in Flammen“ treffen, dem wohl angesagtesten Poetry- Slam in der Domstadt. Und der hat bereits Tradition: Ganze zehn Jahre gibt es diese Veranstaltung. Statt auf der Wartburg wie zu Tannhäusers Zeiten treffen sich die Barden im Club Bahnhof Ehrenfeld. Die Texte des Dichterwettstreits treffen dabei den Nerv der Zeit: Das Selbstverständnis einer Frau, die Identität in einer multikulturellen Gesellschaft, die Wirrungen und Irrungen des Internets – im Poetry-Slam zeigt die junge Generation, wie sie fühlt, denkt und auch wie sie liebt und geliebt werden möchte. Vor allem zeigt sie aber auch, wie wenig sie braucht, um einen fairen Wettkampf auszutragen: eine Bühne, ein Mikrophon und ein Publikum, das sich für Gegenwartsliteratur interessiert und neugierig auf die Sprache der heutigen Generation ist. Das Publikum kürt mit seinem Applaus auch den Sieger, der sich in Köln durch eine Vor- und eine Finalrunde reimen muss. Dem Gewinner winken Ruhm und Ehre. Benjamin Weiß, Moderator und Mitorganisator, beschreibt die poetischen Abende als ein Schwanken zwischen Tränen vor Rührung und Tränen vor Lachen. „Die Abende sind schwer planbar“, erklärt Weiß, „denn es kommt auch auf die Vortragskunst an und wie sehr es die Künstler schaffen, einen Bezug zum Publikum herzustellen.“

Im Januar gewann der Student Maximilian Humpert. Der Kölner, der in Bonn Medienwissenschaften studiert, überzeugte das Publikum mit seinen Momentbeobachtungen über das Ende der Liebe und Szenen aus dem Alltag, die man gerne unbeachtet lässt. Slam- Poetry ist für den 24-Jährigen eine Form, in der er seine Kreativität ausleben kann. Er sucht nach den skurrilen Momenten im Leben, die er in einem Bild aus Worten und Sätzen zu Szenen formt, die auch der Tragik einer unglücklichen Liebe herzliche Augenblicke geben.

„Reim in Flammen“. Jeden letzten Dienstag des Monats im Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln. Einlass: 19:30 Uhr. Beginn: 20 Uhr. Eintritt: 7 Euro. www.cbe-cologne.de

Fotos: © Fabian Stürtz (3)