Manfred Daams hat seinen Traumberuf gefunden: Fotograf. Der Kölner ist für große Agenturen, Verlage und Unternehmen in der ganzen Welt unterwegs. Gerade kommt er von einem Auftrag aus Südafrika zurück. Bevor er weiter nach Rügen reist, haben wir ihn getroffen und mit ihm über die Arbeit, seinen Hang zur Nostalgie und seine Lust an Bildinszenierungen gesprochen.

Interview: Susanne Rothe

 

Manfred Daams, Fotograf aus Köln

Manfred Daams, Fotograf aus Köln

Wir haben uns mit Manfred Daams in der Redaktion verabredet. Er ist auf die Minute pünktlich, kommt aber hereingestürmt, als ob er sich fürchterlich verspätet hätte. Braun gebrannt, schwarzes Hemd, graue Jeans, Turnschuhe, die Haare leicht zerzaust, blaue Augen. „Manfred“, stellt er sich vor und trinkt gerne einen Kaffee. „Nur mit Milch bitte.“ Auf seinem Laptop hat er eine Auswahl Bilder mitgebracht – Inszenierungen. Bilder, mit denen er Geschichten erzählt. Eine blonde Frau sitzt mit einer Heckenschere in den Haaren auf einer Kommode. Ein junges Paar ist in dem leeren, kurz vor dem Umbau befindlichen Büro von Hans Gerling fotografiert worden. Die Frau sitzt mit einem Fernglas in der Hand auf einer Leiter. Auf den ersten Blick sieht man nicht, dass es sich um echte Menschen handelt. Dem Betrachter können die Bilder einfach nur gefallen – alternativ auch nicht – oder aber: Er sucht in den Fotografien nach eigenen Geschichten. Interpretationsspielraum bieten die Bilder jede Menge – und viel Platz für die eigene Phantasie.

Fotograf_Manfred_Daams_Wasserstrahl

„Ich mag den Aufbau des Bildes. Man kann glauben, was man sieht. Oder auch nicht.“

Wo hast du deine Ausbildung absolviert?
Nirgendwo. Ich bin ein reiner Autodidakt. Ich habe ursprünglich auf Lehramt studiert: Biologie und Chemie. Das hat Spaß gemacht, aber ich konnte mir nicht vorstellen, vor einer Schulklasse zu stehen. Ich habe während meines Studiums mit der Fotografie begonnen. Nach meinem Examen bin ich statt ins Referendariat kellnern gegangen. So habe ich Geld verdient, parallel dazu mein Geschäft gemeinsam mit einem Studienkollegen als Fotograf aufgebaut, das wir bis heute gemeinsam betreiben.

Wie kommt man zu Kunden wie zum Beispiel den Burda-Verlag, Microsoft und auch T-Mobile?
Das hat sich entwickelt und es war auch viel Glück dabei. Ich habe zu einem Zeitpunkt angefangen, an dem auf digital umgestellt wurde. Auf einmal gab es Google, das die meisten Fotografen anfangs nicht als Präsentationsplattform genutzt haben. Glück für mich und meinen Kollegen, denn ich setzte es zu Marketingzwecken ein. Sobald man Fotograf und Köln eingegeben hat, stand unser Name ganz oben im Ranking. Firmen, die mit Google arbeiteten, landeten also oftmals bei mir. Drei Wochen, nachdem ich meine Homepage aufgesetzt hatte, rief die Deutsche Telekom bei mir an. Von da ab lief es.

Wo muss man dich als Fotograf einordnen?
Ich mache einen Mix aus Werbe-, Industrie- und Lifestyle-Fotografie. Das ist aber nur eine Seite. Außerdem inszeniere und compose ich Bilder.

Was heißt das?
Ich überlege mir ein Thema, das ich entweder an einer besonderen Location oder einem Menschen aufhänge. Darum herum entwickle ich eine Geschichte, die ich durch sogenanntes Composing realisiere. Damit bezeichnet man eine Bildbearbeitungstechnik, bei der ein oder mehrere Bilder mit einem Basisbild kombiniert werden.

 

„Meine Bilder verströmen einen Hauch von Nostalgie.“

 

 

Fotograf_Daams_Fisch_Schwimmbad

„Es ist eine Zeitreise in die Vergangenheit, mit dem Stand von heute. Das Klischee der Rollenverteilung ist der Zeit des Raumes angepasst. Desillusioniertheit und Kontrast gefallen mir hier besonders.“ (links) // „Das Bild ist völlig emotionalisiert und erinnert mich sehr an meine Kindheit – besonders an den Schwimmunterricht in der Schulzeit.“ (rechts)

Das klingt sehr aufwendig?
Das ist es auch, daher inszeniere ich jedes Jahr nur fünf Bilder, da ich für eines ungefähr vier Wochen brauche. Aber ich habe Unterstützung. Von meinem ersten Bild an arbeite ich mit Ursel Winkler, einer fantastischen Stylistin, zusammen. Wir entwickeln gemeinsam die Bildideen. Außerdem schafft sie es immer wieder, die für die Geschichten passenden Stylings zu finden. Da ich die Bilder nur mache, weil ich Lust dazu habe, ist es völlig gleich, wie viele Bilder ich im Jahr realisiere.

Was macht es so aufwendig?
Da ist zum einen die Vorbereitung. Abgesehen von der Idee, die man entwickeln muss, muss man viel organisieren und abklären. Das beginnt mit der Location, die man anfragen und eventuell anmieten muss. Wir haben beispielsweise in Aachen in einem wunderschönen Jugendstillschwimmbad, der Elisabethhalle, fotografiert. Das war gar nicht so einfach. Schließlich durften wir sie in den Ferien frühmorgens nutzen. Außerdem müssen Models gebucht und das Styling und vieles mehr gesucht werden. Nach dem eigentlichen Shooting beginnt die Nachbearbeitung, die durch meine Art der Inszenierung sehr komplex ist.

 

Fotograf_Manfred_Daams_Barber

„Ich sehe in dem Jungen schon den Erwachsenen und den Wunsch, so sein zu wollen, wie der Große. Ein selbstbewusster kleiner Kerl, der sich komplett in die Welt des Erwachsenen hineinbeamt.“

 

Deine Bilder haben eine ganz eigene Sprache.
Ja, meine Bilder verströmen einen Hauch von Nostalgie. Ich mag das sehr und es ist wie ein roter Faden, der meine Inszenierungen – so unterschiedlich sie auch sind – verbindet.

Du hattest gerade eine Ausstellung bei WhiteWall, die sehr gut angekommen ist.
WhiteWall hat meine Bilder in Berlin, Hamburg und München gezeigt und auch verkauft. Allerdings verkaufe ich sie nicht zu kommerziellen Zwecken, also beispielsweise nicht an Bildagenturen.

Fotograf_Daams_Blumenwiese_Ball_DJHast du schon eine Idee für ein neues Bild?
Das nächste Shooting ist mit Max Mutzke. Ich habe ihn schon angefragt und er hat direkt persönlich zugesagt. Die Grundidee ist, ihn in einem Oldtimer zu fotografieren. Dazu haben wir uns mehrere Geschichten ausgedacht, die ich durch Composing inszeniere. Max Mutzke ist Weltenbummler, mag gerne Kinder, spielt Schlagzeug, wirkt auch ein bisschen nostalgisch – diese Informationen werde ich in den Geschichten verarbeiten. Ob das dann funktioniert, weiß ich erst im Nachhinein. Wenn nicht, wird das Bild nicht veröffentlicht.

Bei den inszenierten Bildern bist du völlig frei, das ist bei den Aufträgen anders. Stört dich das nicht?
Nein, ich mag den Wechsel. Ich bin nicht auf eine Richtung spezialisiert. Ich mache gerne Reisereportagen, die wiederum sehr vielseitig sind. Ich porträtiere Menschen, manchmal fotografiere ich auch Food oder 
Hotels, Gärten usw. Ich mache außerdem sehr viel klassische Werbefotografie mit großen Kampagnen, aktuell gerade für Grundig. Das ist ein weites Spektrum und macht es spannend.

Wenn du die Wahl hättest, nur noch zu inszenierten, wie würdest du dich entscheiden?
Inszenierungen alleine wären mir zu langweilig. Ich mache das andere ebenfalls sehr gerne. Ich brauche den Mix. Ich finde, es ist total gut, von einer Reisereportage nach Köln zurückzukommen, an einer Inszenierung zu arbeiten und danach einen Werbejob zu haben.

Gibt es einen Auftrag, an den du mit Schrecken zurückdenkst?
Da ich Autodidakt bin, gab es tatsächlich einen solchen Job. Am Anfang habe ich Fehler gemacht, die vielleicht nicht passiert wären, wenn ich bei einem Fotograf gelernt hätte. Ich habe einmal bei einer ganzen Modestrecke nicht auf die Schärfe geachtet und alle Bilder waren unscharf. Das hat Ärger gegeben. Heute weiß ich, wie dumm es war, die Bilder nicht zwischendurch am Computer zu checken. Das war ein schreckliches Erlebnis.

Dein schönster Auftrag?
Die Südafrikareise, von der ich gerade zurückgekommen bin. Das war schon ein echt großer Job. Gemeinsam mit meinem Kollegen mussten wir für ein großes Pharmaunternehmen „nur“ zwei Fotos und nicht hunderte umsetzen. Trotzdem war es aufwendig: Wir haben uns zwei Locations ausgesucht, die Models vor Ort gebucht, Genehmigungen eingeholt, um im Nationalpark fotografieren zu dürfen, und schließlich Stylistin und Visagistin auch vor Ort besorgt. Alleine der Transport des Equipments musste gelöst werden. Dann haben wir alleine drei Tage das Licht getestet, um zu sehen, zu welcher Zeit wir am besten fotografieren. Dazu sind wir dann jedes Mal zu Fuß auf den Lion`s Head gegangen, da man dort nicht mit dem Auto hochfahren kann.

 

„Niemand will mehr vor weißem Hintergrund fotografiert werden. Die Fotos sind stylischer geworden.“

 

Fotograf_Daams_Kiste

„Die Kiste habe ich selbst gebaut und darin kleine in sich abgeschlossene Mikrowelten erzeugt. Sie haben alle etwas mit Sehnsucht zu tun und sind thematisch total aufeinander abgestimmt.“

 

Hat bzw. wie hat sich die Fotografie in den vergangenen Jahren verändert?
Fotostudio ist out. Niemand will mehr vor weißem Hintergrund fotografiert werden. Die Fotos sind stylischer geworden. Ich denke, es liegt unter anderem an den sozialen Medien, dass man in Richtung Life-
style geht und Blitzanlagen, die einen komplett ausleuchten, kaum noch eine Rolle spielen. Es muss heute eher so aussehen, als ob man das Foto mal eben geschossen hat. Und trotzdem muss es absolut professionell gemacht sein und ebenso wirken. Das ist viel schwieriger als Studiofotografie.

Was muss man als sehr guter und erfolgreicher Fotograf für Eigenschaften haben?
Dazu gehören vier Dinge: Technik, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit und ein Verständnis für das eigene Marketing. Übergeordnet steht: die Liebe und die Leidenschaft zum Beruf.

Gibt es ein Bild in deinem Kopf, das du irgendwann einmal auf jeden Fall umsetzen möchtest?
Ich möchte ein Bild mit ganz vielen Menschen inszenieren. Vielleicht auf dem Dach eines Hauses über einer großen Stadt. Ich möchte gerne ganz viele Menschen buchen und diese zusammen fotografieren. Was ich mir vornehme, das mache ich auch.

www.daams-fotografie.de

Titelbild: „Im Hotel Metropole Brüssel fanden wir das, was wir wollten: einen nostalgischen Raum, in dem wir den Wahnsinn inszenieren. Es ist eines meines Lieblingsbilder, weil es den Irrsinn und die Sinnlichkeit gleichzeitig zeigt.
Fotos: Manfred Daams (12)