Seit über 20 Jahren ist Eckart von Hirschhausen als Komiker, Autor und Moderator in den Medien und auf allen großen Bühnen des Landes unterwegs. Durch Bücher wie „Arzt-Deutsch“, „Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“, und „Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist“ wurde er einer der erfolgreichsten Autoren Deutschlands. Aktuell tourt er mit seinem Bühnenprogramm „Wunderheiler – wie sich das Unerklärliche erklärt“. Aber auch hinter den Kulissen tritt Eckart von Hirschhausen nicht zu kurz und engagiert sich unter anderem mit einer eigenen Stiftung für mehr gesundes Lachen im Krankenhaus. Wir haben den Mann gesprochen, der es schafft, ganz Deutschland nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken zu bringen!

Interview: Sandy Niedobecki

 

Medizinischer Kabarettist, Zauberkünstler, Autor, Moderator … Was sind Sie eigentlich?
Das klingt zuerst wie vier verschiedene Berufe, aber im Kern versuche ich verschiedene Formen für die Inhalte zu finden, die mich begeistern: Medizin, positive Psychologie, Humor und Heilung. Deshalb freue ich mich ja auch, in einer neuen Kunstform, dem medizinischen Kabarett, gesunde Ideen mit viel Spaß und Humor vielen Menschen weiterzugeben.

Sie widmen sich schon von Jugend an der Magie, studierten Medizin und später Wissen-schaftsjournalismus, arbeiteten als Arzt und heute als Entertainer. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie das Talent dazu haben, Menschen zu begeistern?
Das fing sehr früh mit meinem ersten Zauberkasten an, dann kamen Auftritte in der Hölle der Kinderzauberei, die deutsche Meisterschaft mit einer Gedankenlesenummer – mich interessierte schon immer: Wie erklärt sich das Unerklärliche. Ich habe lange vor meinem Medizinstudium auf der Bühne gestanden und früh gelernt, wie viel wichtiger die Worte sind als der „Trick“. Das ist in der Medizin dasselbe. Dummerweise lernen Mediziner alles über die Medikamente, aber nichts darüber, dass die richtige Präsentation über den Erfolg entscheidet.

Sie sind auch viel in Köln unterwegs. Haben Sie dort einen Lieblingsplatz?
Durch meinen Heimatsender WDR kenne ich Köln gut. Alle meine ARD-Sendungen werden ja dort produziert. Ich liebe Köln, von Bocklemünd bis zu den Rheinterrassen, wo man nach meiner Show noch schön ein Kölsch trinken kann. Ich bin auch gerne im Kölner Zoo, wo ich eine Patenschaft für einen Pinguin übernommen habe, ich kann ihnen stundenlang zuschauen: wie sie auf dem Boden watscheln und im Wasser fliegen.

Sie arbeiten derzeit an Ihrem neuen Buch „Wunder wirken Wunder – wie Medizin und Magie uns heilen“. Es ist „Das erste Buch mit zweiter Meinung“ … Was erwartet uns?
In „Wunder wirken Wunder“ erzähle ich anhand von praktischen Beispielen, wie viel Unsinn im Namen der Medizin kursiert und wie man „wirksam“ und „unwirksam“ besser unterscheiden kann. Es ist das erste Buch mit zweiter Meinung, was auch Vitamin A enthält! Und beim Abnehmen hilft, indem es Diäten verbietet. Der beste Wirkstoff ist der Perspektivwechsel, denn ich erzähle aus der Sicht eines Zauberkünstlers, der ich mal war, wie viel magisches Denken auch in uns aufgeklärten Menschen steckt, und wenn man damit bewusster umgeht, macht das Leben mehr Spaß! Und es ist mein persönlichstes Buch, denn ich erzähle von meiner eigenen Reise zwischen Krankenhaus und Kabarett, Fernheilungsseminar und Fernsehen und warum wir in der Familie nicht „Chemo“ sagen, sondern „Heilsoße“. Die Kraft der Gedanken kann uns aufbauen oder runterziehen. Ich schreibe auch, was ich mir für die Pflegekräfte wünsche, wie ich alt werden möchte und was ich tun würde, wenn ich Krebs hätte. Keine Angst, es gibt auch viel zu lachen, aber zwischendrin auch viel zum Nachdenken und Staunen. Wussten Sie, dass Placebos sogar wirken, wenn man weiß, dass man ein Scheinmedikament einnimmt? Die Wissenschaft hat die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus uns Menschen. Wir denken in weiten Teilen sehr magisch und nicht vernünftig. Und wir geben auch gerne Verantwortung für unsere Gesundheit und unser Wohlergehen ab, ob ans Universum oder an die Ärzte.

Haben Sie mit Ihrem Bühnenprogramm schon einmal bei einem konkreten medizinischen Fall helfen können?
Ein kleines Wunder, was ich selber erlebt habe, passierte bei einer Zaubershow von mir vor vielen Jahren in einer Kinderklinik: Alle Kinder und Jugendlichen kamen in der Turnhalle zusammen, durften mitmachen, pusten und lachen und laut zählen. Nach der Show kam ein Arzt auf mich zu und sagte, er müsse mir erzählen, was er beobachtet hatte: „In der ersten Reihe saß ein Junge, ich weiß nicht, ob er Ihnen aufgefallen ist. Der ist hier seit Wochen stationär, weil er mit keinem Menschen spricht. Er ist verstummt.“ Diese Störung kannte ich, sie nennt sich Mutismus; obwohl neurologisch alles intakt ist, hören die betroffenen Kinder aus innerer Not auf zu kommunizieren. Der Arzt sagte mir: „Ich habe den Jungen beobachtet. Er hat in Ihrer Show seine Störung vergessen! Er hat einfach so mit allen anderen gelacht, Quatsch gemacht und erzählt.“ In diesem Moment war ich kurz sprachlos. Dann wurde mir klar: Nicht ich habe den Jungen geheilt, sondern die Gruppe. Ich habe vielleicht einen Rahmen geschaffen, aber das Miteinander war das eigentlich Wirksame. Die Ansteckungskraft von positiven Gefühlen, von Kunst, von Verzauberung, von Staunen und Lachen ist groß und mit „Wunder wirken Wunder“ möchte ich helfen, sie wiederzuentdecken und ernst zu nehmen.

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Dr. med. Eckart von Hirschhausen, Wunder wirken Wunder – Wie Medizin und Magie uns heilen, 496 Seiten, Gebunden mit SU, Originalausgabe € 19,95 (D) / € 20,60 (A), ISBN 978-3-498-09187-3, Warengruppe: 1185. Ab 14.10.2016 im Handel

Mit Ihrer Stiftung „Humor hilft heilen“ fördern Sie seit 2008 Clowns, Ärzte und Pflegekräfte, um die Stimmung in Krankenhäusern froher zu gestalten. Daneben unterstützen Sie viele weitere Projekte … Wie wichtig ist ehrenamtliches Engagement?
Das bürgerschaftliche Engagement von Millionen Menschen hält uns aufrecht – von der Pflege von Angehörigen, Besuchsdiensten, den Lesepaten bis hin zu den Hilfen für Geflüchtete. Auf diesem Weg ein großes Dankeschön an alle, die mehr tun, als sie müssten. Ich bin von der Heilkraft des Humors so sehr überzeugt, dass ich ja auch im Krankenhaus mit meiner Stiftung „Humor hilft heilen“ viele Projekte finanziere, die gute Stimmung ins Gesundheitswesen bringen: mit Clowns, mit Workshops für Pflegende und mit Forschung. Ich musste über mich selbst lachen, weil ich, als ich anfing zu schreiben, dachte, ich könnte mit diesem Buch den Streit zwischen Medizin und Alternativmedizin auflösen. Heute, ein paar hundert Stunden und Seiten weiter, weiß ich: Der Streit wird uns alle überleben, denn er ist uralt und Teil der menschlichen Natur. Aber wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte – und das sind SIE: die Leser! Zum einen Arzt geht man, wenn man was hat, zum anderen, wenn einem etwas fehlt. Wer reden will, sollte nicht zum Röntgenarzt. Der kommt mit zwei Sätzen über 40 Berufsjahre: Einatmen. Nicht atmen. Wer weiteratmen sagt, ist Internist. Oder Atemtherapeut. Es lohnt sich, sich im Gesundheitswesen auszukennen.

In der Geschichte vom „Pinguin im Wasser“ erzählen Sie, dass es nicht darum geht, alles zu können. Man müsse nur „sein persönliches Element“ finden, um sich entfalten zu können … Wie würden Sie Ihres beschreiben?
So gut unterhalten, dass man gar nicht merkt, was man dabei alles lernt und mitnimmt! Meine Kompetenz ist es, komplizierte Sachverhalte zu verstehen, runterzubrechen, ohne dass sie falsch werden, und dann eine bildhafte Sprache zu finden – vielleicht mit einer Analogie zu einem Bereich, an den man nicht sofort denken würde. Dann bleibt die Sache in den Köpfen der Menschen hängen.

Eigentlich weiß man, was gut für die Gesundheit ist, und was nicht. Wieso fällt es einem oft dennoch so schwer, sich danach zu richten?
In meinem Bühnenprogramm frage ich oft: Stellen Sie sich vor, Ihr Körper wäre ein Gebrauchtwagen – würden Sie ihn kaufen? Da lacht das Publikum, und dann gibt es ein kurzes Schweigen, wo vielen klar wird, dass man ja seinen Körper nicht verkaufen oder eintauschen kann, oft ja auch nicht reparieren. Es ist eines der großen Rätsel, warum wir uns für unseren Körper meistens erst dann ernsthaft interessieren, wenn es zu spät ist. In „Wunder wirken Wunder“ gibt es das Kapitel „Kleine Wunder dreimal täglich“, in dem es um Rituale und gesunde Angewohnheiten geht. Zum Beispiel sich morgens vor dem Aufstehen zu fragen: Wofür stehe ich heute auf? Und wenn einem nichts einfällt: Bitte liegen bleiben!

Haben Sie einen Lieblingswitz?
Dazu sind es zu viele! Ein Witz ist ja nur so gut, wie er auch zu der Situation passt, in der er erzählt wird. Wir lachen am Tag über andere Dinge als nachts. Wenn der Chef einen Witz erzählt, reagieren wir ganz anders als auf denselben Witz von einem Kumpel in der Kneipe. Ein ganz kurzer, den ich sehr mag: „Geht ein Indianer zum Friseur. Kommt wieder raus. Ist sein Pony weg.“

Was sind Ihre nächsten Projekte – abgesehen vom Buch?
Erst einmal weiteratmen! 

 

www.hirschhausen.com, www.humorhilftheilen.de
Fotos: Michael Zargarinejad